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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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auch sonst niemand, der mit Brewbakers Leiche in Kontakt gekommen ist.«
    Margaret rieb sich die Augen. Mein Gott, sie brauchte dringend ein Nickerchen. Nein, scheiß drauf, was sie wirklich brauchte, war eine Woche auf Bora-Bora mit einem geschmeidigen jungen Eingeborenen namens Marco, der sich um alle ihre Bedürfnisse kümmerte. Aber Bora-Bora hatte sie nicht, sie hatte nur Toledo, Ohio. Und sie hatte keinen jungen Eingeborenen namens Marco, sondern das von hauchdünnem Schimmel bedeckte, wie von Pockennarben übersäte schwarze Skelett, das früher einmal Martin Brewbaker gewesen war.

24
Der Badezimmerfußboden
    Der genetische Bauplan erkannte, wann die Hüllen die erforderliche Stärke erreichten. Danach wandte sich die Energie dem Wachstum des Körpers zu. Wieder und wieder und wieder teilten sich die Zellen – eine Maschine, die unablässig Neues schuf. Innere Organe begannen, Gestalt anzunehmen, doch sie würden sich erst später vollständig entwickeln. Weil der Wirtsorganismus noch immer alle Nahrung und alle Wärme lieferte, konnten die meisten inneren Organe warten. Im Augenblick waren die Ranken, der Schwanz und das Gehirn am wichtigsten.
    Das Gehirn entwickelte sich in rapidem Tempo, doch es blieb weit davon entfernt, irgendetwas auszubilden, was einem intelligenten Gedanken ähnelte. Im Vergleich dazu war der Aufbau der Ranken relativ simpel. Sie breiteten sich wie ein Buschfeuer aus, verzweigten sich in alle Richtungen und wuchsen in den Körper des Wirts. Die Ranken suchten die Nervenzellen des Wirts, wo sie sich wie Hände mit kleinen Fingern fest um die Dendriten schlossen.
    Langsam, fast zögerlich, setzten die Organismen komplexe chemische Wirkstoffe namens Neurotransmitter frei, die den synaptischen Spalt überwanden – jenen winzigen Bereich zwischen den Ranken und den Dendriten. Jeder Neurotransmitter war Teil eines Signals, einer Botschaft; er lagerte sich im Rezeptorareal der Axone an, als glitte ein Schlüssel ins Schloss, wodurch die Nervenzelle angeregt wurde, ihre eigenen Neurotransmitter zu produzieren, die ihrerseits ein eigenes Signal freisetzten. Wie in denjenigen
Fällen, in denen der Wirtsorganismus eine normale Sinneswahrnehmung verarbeitete, führte dieser Vorgang zu einer elektrochemischen Kettenreaktion: Die Botschaften wurden durch das Nervensystem weitergeleitet, bis sie das Gehirn des Wirts erreichten. Vom Feuern der ersten Nervenzelle bis zum Erreichen des Gehirns dauert der ganze Prozess weniger als eine tausendstel Sekunde.
    Obwohl die Organismen in Perrys Körper noch kein Bewusstsein entwickelt hatten, spürten sie auf einer primitiven Ebene, dass sie angegriffen worden waren. Instinktiv regten sie ein sofortiges Wachstum an. Der Schwanz begann eine eigene Phasenveränderung. Es bildeten sich spezialisierte Zellen, die dafür sorgten, dass die Organismen so lange in ihrer Umgebung verankert bleiben würden, bis sie voll entwickelt waren.
    Die sechs verbliebenen Organismen wuchsen schnell und ungehindert, während der Wirt bewusstlos auf dem Fußboden im Badezimmer lag.
     
    Das Linoleum fühlte sich angenehm und kühl an Perrys Gesicht an. Eigentlich wollte er nicht versuchen, sich aufzusetzen. Solange er nämlich ruhig dalag, war der Schmerz zwar unangenehm, aber erträglich.
    Wann war er zum letzten Mal ohnmächtig geworden? Vor acht Jahren? Nein, es war neun Jahre her, als sein Dad ihm eine volle Flasche Wild Turkey Whiskey auf den Hinterkopf geschlagen hatte. Seine Kopfhaut musste mit neun Stichen genäht werden.
    Hatte es sehr wehgetan, nachdem Dad ihn mit der Flasche geschlagen hatte? Es war so lange her, und es schien nichts im Vergleich zu den dumpfen Schmerzwellen, die jetzt durch
seinen Kopf strömten. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch dadurch wurde alles nur noch schlimmer. Es war, als hätte er einen Tequila-Kater, nur zehn Mal übler.
    Er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Jede kleine Bewegung in Richtung einer aufrechten Position jagte ihm neue Schmerzexplosionen durch den Schädel. Er spürte, wie er sich erbrechen musste und Krämpfe sich einen Weg herauf aus seinem lauwarmen, flauen Magen bahnten.
    Er hob die Hand und berührte seine verletzte Stirn. Wenigstens blutete er nicht. Er fühlte eine ausgeprägte Schwellung, als stecke ein halber Golfball in seinem Schädel.
    Schließlich wurde ihm klar, dass ihm seine Hose noch um die Knöchel hing, was ebenfalls zu seinen Schwierigkeiten, aufzustehen, beitrug. Welch wunderbare Geschichte für eine

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