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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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aufkreuzen …« Er schaute bedrückt auf CyberNels dunkles Fenster, als sähe er die Abgesandten des Amtes schon hereinkommen.
    »Wussten Sie, dass Jennifer schwanger war?«, fragte CyberNel.
    Er schaute sie an. »Sag ruhig du zu mir, ich heiße Thom.«
    »Ich überleg’s mir«, antwortete Nel lakonisch. »Aber zuerst müssen wir wissen, was genau passiert ist.«
    Niessen blickte sie weiterhin an und zuckte mit den Schultern. »Die Rechtsanwaltskammer hat mich Jennifer Kramer als Rechtsbeistand zugewiesen. Sie behauptete, mittellos zu sein. Das war schwer zu überprüfen, na ja, ich habe ja schon erklärt, wie das mit der kostenlosen Verteidigung aussieht. Ihr wurde Autodiebstahl vorgeworfen. Ich hatte gerade erst bei Vredeling angefangen und seine Tochter bis dahin noch nicht einmal kennen gelernt. Ich habe Jennifer nicht angerührt, solange das Verfahren lief, aber von Anfang an fühlten wir uns zueinander hingezogen. Ein Jahr lang habe ich sie regelmäßig in ihrer kleinen Mietwohnung besucht. Wir hielten unser Verhältnis geheim, weil ich glaubte, es würde keinen besonders guten Eindruck machen.«
    »Es sei denn, Sie hätten sie geheiratet, aber inzwischen hatten Sie Louise Vredeling kennen gelernt, richtig?«, fragte Nel freundlich.
    Niessen ließ sich von ihrem ironischen Seitenhieb nicht beirren. »Jenny wollte außerdem unbedingt, dass ich sie weiterhin als Rechtsanwalt vertrat, aber das war wirklich zu heikel. Schließlich bot die Kripo ihr diesen Deal an, und danach sahen wir uns gleich viel seltener.« Er machte eine Handbewegung und machte ein Gesicht, als habe er gerade eine wichtige Lebensweisheit entdeckt. »Ich glaube, letztendlich waren wir doch zu verschieden. Wie das mit Beziehungen eben so ist. Aber dann wurde sie schwanger. Ich wusste nichts davon, bis sie mit einem Fünfmonatsbauch bei Vredeling auftauchte. Louise und ihr Vater waren Gott sei Dank nicht da. Es war natürlich viel zu spät, um die Schwangerschaft noch abbrechen zu können. Außerdem wollte sie das Kind behalten.«
    »Und dich heiraten?«, unterstellte ich.
    »Nein, das kam gar nicht in Frage«, sagte Niessen trotzig. »Sie wollte um jeden Preis dieses Kind behalten, es war nicht meine Entscheidung. Sie wollte untertauchen, und ich habe ihr zu einer neuen Identität verholfen.«
    Ich blickte überrascht auf. »Wow!«
    Er machte ein schuldbewusstes Gesicht und murmelte etwas von einem Mandanten, der solche Dinge regeln konnte. »Sie bekam zwar keinen Pass, aber der Rest war nicht so furchtbar schwierig. Nachdem die Papiere in Ordnung waren, zog sie aufs Land.«
    »Hast du deinen kleinen Sohn dort jemals besucht?«
    »Nein. Ich habe ihn nie gesehen. Jennifer kam ein paar Mal nach Amsterdam, als alles noch gut lief, doch nachdem ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich nicht der Gegen- Vormund des Jungen werden konnte, habe ich sie nur noch am Telefon gesprochen. Die Sache wurde ziemlich unangenehm; sie verlangte, dass ich eine Vaterschaftserklärung unterzeichnete, ansonsten würde sie mich dazu zwingen.«
    »Sie hat dich also erpresst?«
    »Sie wusste über meine Situation Bescheid und dass ich mich mit Louise Vredeling verloben wollte.«
    »Was hätte sie tun können?«
    »Jennifer war die Einzige, die zum Vorsteher der Anwaltskammer hätte gehen können, um eine Klage wegen mangelnder Unterstützung meinerseits einzureichen. Obwohl ich nicht weiß, ob ihr das viel genützt hätte. Sie hätte auch zu einem normalen Gericht gehen und Alimente für das Kind einklagen können. Aber vor allem hätte sie sich an einen Journalisten wenden und Gerüchte über mich in Umlauf bringen können. Davon hätte man in der Kanzlei garantiert Wind bekommen, und das hätte für mich das Ende bedeutet. Deshalb habe ich ihr hin und wieder Geld zukommen lassen.«
    »Ist das Jugendamt schon bei Ihnen gewesen?« CyberNel war noch nicht soweit, ihn zu duzen. Ich hatte gesehen, wie ihr Gesichtsausdruck frostig wurde, als Niessen über »das Kind« sprach, als sei Tommy eine Lesebrille, die er bei einer Sammelaktion für Afrika abgegeben hatte.
    Niessen war erneut verwirrt, sonst hätte er bedacht, dass das Jugendamt noch gar nichts von ihm wissen konnte.
    »Ist denn schon ein Verfahren im Gange?«, fragte er. »Und dieses Ehepaar – was sind das für Leute?«
    Ich zögerte, ohne einen triftigen Grund. »Tommy wird es an nichts fehlen.«
    »Ach Gott, der Kleine.« Niessen machte ein trauriges Gesicht. Mir war schleierhaft, wo dieser plötzliche Anfall von

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