Inkarnation ungesetzlich
nahe der Plutobahn, an den äußeren Grenzen unseres Systems. Die »1418« mit Hannibal an Bord mußte in der »Nähe« sein; aber wenn man die auf der Erde gültigen Maßstäbe im freien Raum anwenden wollte, tippte man von vornherein falsch.
Hier war alles unsagbar gewaltig. Sogar die SAGHON hatte etwas mehr als sieben Stunden benötigt, um die jetzige Position zu erreichen.
Pluto, der neunte und äußerste Planet unseres Systems, stand zur Zeit etwa sechs Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt.
Wir sahen ihn als flimmernden Leuchtpunkt auf den Bildschirmen der gewölbten Zentraledecke, aber das war keine wirkliche, optisch erfaßte Abbildung!
Es handelte sich um eine Darstellung des solaren Systems, wie es zur Zeit aussah und wie die einzelnen Planeten auf ihren Umlaufbahnen zueinander standen.
Die SAGHON war in das rechnerisch ermittelte Fiktivbild als weiteres Pünktchen eingebettet. Eine gestrichelte Linie zeichnete unseren Kurs vom irdischen Mond bis zur ebenfalls markierten Bahnlinie des Pluto. Der Planet selbst befand sich auf der »anderen« Seite der Sonne.
Wir gebrauchten derart allgemeinverständliche Begriffe, um uns überhaupt zurechtfinden zu können. »Hinter« uns lag die Er de, »vor« uns die Plutobahn. Damit konnte man etwas anfangen. Der Mensch braucht gewisse Vorstellungen. Kann man sie ihm geben, reagiert er besser und ausgeglichener; er fühlt sich als Herr der Lage.
Unsere Außenbordbildschirme zeichneten das Sterngewimmel der Milchstraße auf. Es wäre für uns unmöglich gewesen, unter den Milliarden Leuchtpunkten und fluoreszierenden Nebelgebilden Pluto oder Neptun herauszufinden.
Wir verließen uns voll und ganz auf die positronischen Angaben der Marsgeräte. Sie waren hundertprozentig zuverlässig! Wenn sie ein Schemabild des Systems zeichneten, dann war es auch richtig. Die Verhältnisse innerhalb unseres Heimatsystems waren für die Marsianer längst gelöst gewesen. Das war weitaus mehr als ein Planetarium! Es war die Vollendung aus Positronik und Astronomie.
Wir lagen in unseren Andrucksesseln. Sie stammten – wie in der »1418« – aus irdischer Fabrikation und waren eingebaut worden, weil sich die marsianischen Konstruktionen für menschliche Körper als zu klein erwiesen hatten.
Das war bedauerlich, denn marsianische Andrucklager waren bedeutend besser – wie alles, was die Intelligenzen des vierten Planeten in ihrer technischen Blütezeit gebaut hatten.
Dennoch reichten die elektronisch gesteuerten Lager aus, um die gelegentlich durchschlagenden Andruckfronten zu absorbieren. Wir hatten schmunzelnd festgestellt, daß sogar die neuesten Typschiffe der KASHAT-0-23-Klasse trotz aller Errungenschaften noch immer kleine Mängel aufwiesen.
Unverhoffte Manöver der Sektorgehirne »Maschine« kamen hier und da in der Form von qualvollen Andruckbelastungen durch. Allerdings flogen wir auch mit Höchstwerten!
Ich fragte mich, ob es die körperlich schwächlichen Marsianer jemals gewagt hatten, die volle Leistung aller Triebwerke einzusetzen, ohne in höchster Lebensgefahr gewesen zu sein. Sie mußten gewußt haben, wie schnell eine Beharrungsstoßfront die molekülentzerrenden Energiepolster der Andruckabsorber durchschlagen konnte.
Waren die Marsianer in der Lage gewesen, die barbarischen Kraftakte der Naturgesetze auszuhalten? Plötzliche Gravitationserhöhungen bis zu 17 g? Ich glaubte es nicht!
Mir war auch klar, daß die SAGHON niemals mit solchen Werten geflogen worden war. Als wir sie in unserem bodenlosen Leichtsinn und viel
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