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Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3

Titel: Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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nahm Wilda eine menschliche
Gestalt an und suchte das Fischerdorf auf, wo die Walfänger lebten.
Einige der Menschen lachten sie aus, denn sie war nackt und wußte nichts von ihren Sitten. Doch
ein junger Mann namens Hank nahm sie zu Hause auf, denn sie war auch sehr schön. Hank lebte bei
seiner verwitweten Mutter, und die beiden kleideten sie ein und lehrten sie die Sprache ihrer
Art, und sie lernte auch sehr schnell, denn sie war eine intelligente Walin und wollte diese
seltsamen Lebewesen möglichst schnell kennenlernen. Sie hatte erfahren, daß Hank ein Walfänger
war, der in periodischen Abständen ausfuhr, um Wale zu jagen, denn damit bestritt er seinen
Lebensunterhalt. Hier an Land konnte man sich die Nahrung nicht einfach nehmen; die Leute konnten
nicht einfach umherschwimmen, die Münder aufsperren und saftige Tintenfische verschlingen; und
wenn es kalt wurde, konnten sie auch nicht einfach fröhlich gen Süden ziehen, wärmeren Gewässern
entgegen, denn auf dem Land war das Reisen kompliziert. Ein Mensch mußte arbeiten und Gold
verdienen, und mit diesem Gold kaufte er alles, was er zum Leben auf dem Land benötigte.
Nun begriff Wilda: Es handelte sich hier nicht um irgendeine persönliche Feindschaft. Das
Menschenvolk führte ein schwierigeres Leben als das Walvolk, wodurch es zu Taten gezwungen war,
die es sonst möglicherweise nicht verübt hätte, und es hielt das Walvolk auch nicht für
vernunftbegabte Wesen. Vielleicht ließe sich etwas dadurch ändern, daß man das Menschenvolk mit
der Kultur und den Gefühlen der Wale vertraut machte, möglicherweise würde das entsetzliche Töten
dann aufhören. Sie versuchte, dies Hank zu erklären, doch der hielt es für einen Witz.
Schließlich war sein Vater von der Schwanzflosse eines Wals getötet worden, so daß seine
trauernde Mutter ihn allein hatte aufziehen müssen. Großer Gott! Wie sollte er da Mitgefühl für
die Wale hegen? Er bat Wilda, ihn zu heiraten, denn er brauchte eine Frau und glaubte, daß der
Himmel sie ihm gesandt hatte.
Dies machte die Dinge für Wilda sehr schwierig, denn inzwischen liebte sie ihn, auch wenn er
nicht von ihrer Art war. Also führte sie ihn an den Rand des Meeres, stapfte in das Wasser hinaus
und nahm ihre natürliche Gestalt an, denn sie glaubte, daß er sich angewidert von ihr abwenden
würde, nachdem er sie erst einmal als Walkuh gesehen hatte. Doch er rief ihr zu, sie solle
zurückkehren, und er entschuldigte sich dafür, daß er ihr zuvor nicht geglaubt hatte und
versprach, niemals wieder einen Wal zu töten. Endlich hatte sie ihn also doch eines Besseren
belehrt, und seine Liebe zu ihr war ihm wichtiger als ihre wahre Natur.
Doch nun war sie wieder zu einem Meereswesen geworden, und der Ruf der See war stark. Wie sollte
sie jemals auf alle Zeiten das Salzwasser verlassen und auf dem Trockenen leben. Und sie erspähte
einen weiteren Wal, einen kräftigen, prächtigen Bullen. Sie dachte, daß sie sich mit ihm paaren
könnte, doch er verriet ihr, daß er in Wirklichkeit ein Tintenfisch war, der die Gestalt ihrer
Art angenommen hatte, um zu erfahren, warum die Wale Tintenfische jagten, die ihnen doch nie
etwas Böses angetan hatten. Wilda war erstaunt und betroffen, denn sie hatte sich nie
vorgestellt, daß diese Wesen zu Gefühlen fähig oder gar vernunftbegabt sein könnten. Wie sollte
sie nun jemals wieder einen Tintenfisch verschlingen? Und doch wußte sie, daß der Tod eine Kette
des Fressens und Gefressenwerdens darstellte, die keinerlei Gerechtigkeit beinhaltete außer Not,
Macht und Glück, und daß sich ihre eigene Art von jener der Menschen oder der Tintenfische durch
nichts unterschied. Es war alles eine Frage der Perspektive. Also entschuldigte sie sich bei dem
Tintenfisch, kehrte an Land zurück, nahm wieder ihre Mädchengestalt an und heiratete Hank, so daß
das Problem gelöst war.
Und vielleicht«, schloß Zane, »vielleicht, wenn wir Menschen auf ähnliche Weise einen Einblick in
das übergeordnete Muster unserer Existenz gewännen, würden auch wir dann die Ordnung der Natur
akzeptieren, auch wenn sie uns gelegentlich Schmerzen bereitet, vor allem dann, wenn wir vor der
Zeit sterben müssen.«
Er hielt inne und wartete auf eine Reaktion der Grubenarbeiter. Doch inzwischen war schon zuviel
Sauerstoff verbraucht worden, und die beiden Männer hatten das Bewußtsein verloren. Zane entnahm
die Seele seines Klienten und kehrte zu Mortis zurück, unsicher, ob er

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