Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
wirklich erreicht oder ob ich ihn beantworten kann. Und
sollte er mich erreichen, so weiß ich nicht wann.« Vielleicht zwei Jahre bevor sie ihn
geschrieben hatte?
Nun war es annähernd sechs Uhr am Morgen. Nun war es Zeit, zuzuschlagen. Kurz nach 5.00
Uhr...
Er war den suchenden Dämonen entwischt - doch wie sollte er im entscheidenden Augenblick an die
richtige Pille herankommen, ohne sie zu alarmieren? Sie würden sich eng herandrängen, und wenn er
auch als Inkarnation theoretisch vor Belästigungen durch die Diener der Hölle geschützt war, war
er sich keineswegs sicher, ob sie ihm nicht zumindest ein Bein stellen konnten. Schließlich war
er es, der versuchte, die Realität zu verändern oder eine Veränderung wieder rückgängig zu
machen. Vermutlich war der gegenwärtige Status quo im Vorteil.
»nefleh rid edrew hcI« erbot sich Agleh.
Sollte er es zulassen, daß sie es mit den Dienern Satans zu tun bekam? Norton gefiel der Gedanke
nicht.
NEIN, ZU GEFÄHRLICH, schrieb er.
UND WAS, WENN SATAN SIEGT? erwiderte sie schriftlich.
Da hatte sie ihn! »Die Hölle auf Erden«, brummte er.
»nedrE fua ellöH eiD« wiederholte sie. Und, auf Papier: SCHAFFST DU ES ALLEIN?
Norton überlegte. Wahrscheinlich würde er bis zum letzten Augenblick warten müssen, um dann in
der Hoffnung, daß niemand ihn aufhielt, zuzuschlagen. Er hatte nur eine einzige Chance. Und wie
standen die Chancen seines Erfolges? Fünfzig zu fünfzig? Da das Schicksal der gesamten Welt davon
abhing, gefiel ihm dies nicht sonderlich. Doch wie sollte er die Chancen verbessern?
DU SCHAFFST ES NICHT, schrieb sie.
Er seufzte. Wahrscheinlich hatte sie recht, aber er wußte nicht, auf welche Weise sie ihm helfen
konnte.
Auf jeden Fall wollte er nicht, daß sie mit den Dämonen zu tun bekam. Dazu war sie ein allzu
nettes Mädchen.
»Ich werde es einfach versuchen müssen«, sagte er mit Festigkeit in der Stimme.
Sie protestierte, doch er gab nicht nach. Die Erinnerung an Orlene und an ihr Schicksal machten
ihm zu schaffen, und er war entschlossen, keine Verantwortung mehr für weiteres Unheil tragen zu
müssen, das anderen Sterblichen drohen mochte.
Zögernd gab Agleh nach. Sie schrieb: KOMM ZURÜCK, WENN...
»Das werde ich«, versprach Norton, hoffte aber, daß er nicht würde zurückkommen müssen. Er
drückte ihre Hand und ging.
Langsam fiel es ihm leichter, rückwärts zu gehen. Viel ließ sich durch Ausnutzung des peripheren
Gesichtsfelds und durch sorgfältiges Beachten der Geräusche erreichen. Indem er vor einem,
anderen herging, konnte er einigermaßen sicher sein, daß er auf keine Hindernisse in der
unmittelbaren Umgebung stieß, denn in der Vorwärtszeit wäre er dieser Person gefolgt, und die
hätte natürlich Geländehindernisse vermieden. Außerdem war er nun mit diesem Gebiet inzwischen
vertraut, und das war auch eine Hilfe. Sein Plan bestand darin, sich dem fraglichen Zimmer soweit
zu nähern, wie dies gelingen mochte, ohne entdeckt zu werden, um sich bis zum richtigen
Augenblick versteckt zu halten. Er würde den Dämon packen, kurz nachdem er die Pille verändert
hatte - was in der Normalzeit kurz vorher sein würde -, und er würde ihn mit dem
Weihwasser besprenkeln, bevor sich das Wesen zur Verbindung mit seinem früheren Selbst
zurückzog.
Natürlich würde dies den Dämon nicht daran hindern, sich ihm wieder anzuschließen, doch darum
ging es nicht; es wurde ihm damit unmöglich, an der Pille herumzupfuschen. Wenn er seine Aktion
zeitlich korrekt abstimmte, würden die Wachdämonen dieser Gegenwartszeit ihn möglicherweise auch
nicht aufhalten können.
Er schritt rückwärts in den Schutz eines Baums und blieb stehen, als wollte er sich ausruhen. Die
anderen Fußgänger schritten weiter und zogen sich in Richtung ihres Zuhauses zurück, ohne ihn zu
beachten. Es war früher Morgen; die Sonne strahlte nicht mehr auf die Erde herab. Immer, wenn er
glaubte, daß niemand zusah, huschte Norton schräg rückwärts über den Rasen zu einem anderen Baum,
um von dort an ein Seitentor des Senatorenbesitzes zu gelangen. Nun befand er sich in einem
eingemauerten Garten, einem angenehmen Ort. Ein Kind war da, das einer Blume gerade wieder ihre
Blätter anheftete.
Was tat dieses Mädchen hier um diese Stunde? Die Blume hatte sich noch nicht einmal geöffnet, sie
wartete noch auf einen richtigen Sonnenstrahl.
»ollah, hO« sagte sie, als sie Norton bemerkte.
»ollaH« erwiderte er und versuchte es dann mit einer
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