Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
nicht, denn sie hatte ihm nichts gegeben. Warum hätte sie dies
auch tun sollen?
Sie hatte sich sehr schön an das Rückwärtsleben angepaßt und spielte rückwärts ihre
Morgenmahlzeit wieder ab; von ihm erwartete sie, daß er dasselbe tat.
Norton seufzte. Er hatte nicht vorgehabt, sie hinsichtlich dieser Sache oder seines eigenen
Wesens zu täuschen. Es war unwahrscheinlich, daß Worte sie überzeugen würden, also mußte man es
den Taten überlassen.
Er nahm das jungfräuliche Ei und die Milch, bevor sie sie zubereiten und wieder in den
Kühlschrank legen konnte, dann verzehrte er beide. Sie schmeckten ihm sehr gut, denn er war
wirklich äußerst hungrig.
Agleh starrte ihn an. Dann lachte sie. »!rov sträwkcür aj neheg eiS« rief sie.
»Ich gehe rückwärts vor«, stimmte er zu.
»?... eiW«
Er schrieb es auf ihren Notizblock. ICH BIN CHRONOS, DIE INKARNATION DER ZEIT. MEIN LEBEN
VERLÄUFT RÜCKWÄRTS.
Sie musterte wieder die leeren Teller und dann ihn.
Achselzuckend rief sie: »... reih sad reba,neheseg nebeL mi eigaM egneM enie nohcs ettäh hci
,tbualgeg remmi ebah hcI« Und dann: »!seredna znag sawte dnis eiS«
»Aj«, bestätigte er und achtete darauf, sorgfältig und richtig auszusprechen. Er holte die
Sanduhr hervor, deren weißer Sand emporströmte, und zeigte ihr, wie das Instrument ihm durch die
Luft folgte, wenn er es dort abstellte.
»?neuahcsna lam sad rim hci nnaK« fragte sie.
Er reichte ihr die Sanduhr - doch als sie nach ihr griff, glitt ihre Hand hindurch. Für sie war
es ein Gespenstergegenstand.
Das überraschte ihn ebensosehr wie sie. Er erinnerte sich noch daran, wie das Gäm die Uhr im
Kugelcluster gepackt hatte. War sie damals in einem anderen Zustand gewesen?
Agleh blickte die leeren Teller an. Er wußte, was sie dachte. Woher war die Nahrung gekommen? Sie
hatte sie entessen, und er hatte sie gegessen; wenn die Zeit wieder vorwärts lief, würde es
andersherum sein. Wann und wo wurde diese Mahlzeit jemals zubereitet?
Wieder musterte sie die glitzernde Sanduhr. »... xodaraP«
ICH BIN IMMUN GEGEN PARADOXIEN, versicherte er ihr schriftlich. Dann erklärte er ihr im Laufe der
nächsten halben Stunde, wer er war, und auch, daß er vorhatte, Satans Plan zunichte zu machen,
daß aber seine Willenskraft nachließ, so daß es ihm schwerfiel, die Umkehrung aufrechtzuhalten.
Dank ihrer Unterstützung gelang es ihm nun besser; die Zeit schwankte nicht mehr.
ICH BIN IN IHRER REALITÄT, schrieb sie, sie hatte es verstanden. Doch obwohl die Situation
für Norton neu war und deshalb seine Aufmerksamkeit fesselte, hatte auch dies seine Grenzen. Die
Macht der Sanduhr wurde immer schwächer, die geistige Anstrengung schier unerträglich. Um 6.15
Uhr begann die Zeit wieder zu schwanken.
Glücklicherweise wußte Agleh nun, was los war.
»!nefpmäk nataS negeg nessüm eiS« sagte sie.
».nefleh nenhI edrew hcI«
Doch er wußte nicht, wie Agleh ihm helfen konnte, so großzügig ihr Angebot auch sein mochte. Er
versuchte, ihr das Problem zu erklären: Seine Willenskraft mußte die Kraft der Sanduhr ersetzen,
und diese Willenskraft ließ nach.
Konzentriert furchte sie die Stirn, während er die Sanduhr zusammenklappte und wegsteckte. SIE
SIND WIRKLICH DIE ZEIT, schrieb sie.
CHRONOS, schrieb er wieder. DAS IST EIN AMT.
Sie warf ihm einen Seitenblick zu. DANN SIND SIE ALSO EIN NORMALER MENSCH?
»Aj«, erwiderte er schiefmäulig.
DER ABER RÜCKWÄRTS LEBT.
»Aj.«
Dann schrieb sie wieder: ABER WIR HABEN DEN GLEICHEN WILLEN.
Er zuckte die Schultern, da er keinen Zusammenhang sah.
LASSEN SIE MICH IHREN WILLEN DURCH MEINEN UNTERSTÜTZEN, schrieb sie.
Nortons Unterkiefer klappte herunter. Ob das möglich war?
Sie versuchten es. Norton entspannte seinen Willen, und wenn die Zeit ins Schwanken geriet,
konzentrierte sich Agleh auf das Ziel. Es funktionierte - doch ihr Wille war nur einen Bruchteil
so wirkungsvoll. Sie konnte ihn zwar unterstützen, doch die Last konnte sie nicht allein tragen.
Dennoch war es eine große Hilfe; auf diese Weise verlängerte sich seine Gnadenfrist.
Sie berührte ihn, legte die Hand auf seinen Arm, doch die Nähe schien für die Sanduhr keinen
Unterschied zu machen. Sie tat schon alles, was sie konnte, indem sie einfach ihren Willen mit
ihm teilte.
Doch nun standen sie eng beieinander. Agleh fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »?eräw lhow
se eiW?«
Norton furchte die Stirn. »Wie was wäre? Satans Sieg?«
Sie errötete leicht. »... nohcs nessiw eiS...
Weitere Kostenlose Bücher