Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
Überwachungsnetz anzunutzen. Er hatte sich auf seiner Strecke nur um drei
Dämonen sorgen müssen, und zwei davon hatte er nun umgangen. Der dritte war ein Geist in der
Diele hinter dem Seiteneingang. Den konnte er vermutlich nicht vermeiden - aber da bis zum
Zeitpunkt Null nur noch zwei Minuten blieben, würde dieser wahrscheinlich nicht ausreichend Alarm
schlagen können, um seinen Plan zu verhindern! Dies war der riskante Teil!
Er öffnete die Tür hinter sich und schritt rückwärts hinein. Es war der Dienstboteneingang, und
zu dieser frühen Stunde waren noch nicht viele Dienstboten da.
Norton drehte sich um und ging nun vorwärts weiter; das war bequemer, und außerdem wußte er, daß
er die Geister sowieso nicht täuschen konnte. Er schritt durch das Labyrinth des
Dienstbotentrakts und versuchte den Teil des Gebäudes, in dem sich jetzt der Geist aufhalten
mochte, zu meiden.
Er hatte sich getäuscht. Der Dämon erschien plötzlich, zuckte zusammen und floh durch die Wand.
Das war nicht sonderlich beruhigend. Es waren noch neunzig Sekunden Zeit - war das zuviel? Würde
der Geist in dieser Zeit eine überwältigende Gegenmacht mobilisieren können? Hatte er Satan jetzt
zuviel Spielraum verschafft?
Er betrat die Speisekammer, wo die Medikamentenflasche aufbewahrt wurde. Kein Geist bewachte sie
mehr - den hatte er vertrieben. Er betrachtete die Flasche.
Dort waren sechs gehörnte, katzenähnliche Wesen, deren Schwänze Widerhaken aufwiesen. Sechs
Höllenkatzen - das war der letzte, fehlende Teil der 666!
Die Höllenkatzen erspähten ihn und fauchten. Vor dem Regal bildeten sie mit zuckenden Schwänzen
einen Halbkreis. Jede von ihnen besaß säbelzahnartige Hauer und große blutrote Krallen.
Doch hier war die Erde und nicht die Hölle, erinnerte Norton sich. Hier existierten keine
wirklichen Höllenkatzen. Es mußten also Geisterkatzen sein, die im Grunde gegen jeden Menschen
machtlos waren, und gegen Chronos sogar in jeglicher Hinsicht. Sie waren ein Bluff des Vaters der
Lüge, um Chronos zu verwirren. Sie konnten nur versuchen, ihn abzulenken und das würde
scheitern.
Noch eine Minute. Er war also doch zu früh eingetroffen, aber er würde warten.
Dann hörte er die nahenden Geräusche. Ob das der Pillendämon war? Norton holte seine Flasche mit
Weihwasser hervor und stand bereit. Man mußte dem Dämon die Chance geben, die Pille zu
entzaubern; dann würde Norton ihn auslöschen.
Gestalten erschienen. Benommen starrte Norton sie an.
Ein Besessener - und Agleh. Sie hatten sie als Geisel genommen!
Der Besessene hatte der Frau brutal den Arm auf den Rücken gedreht, während er in der linken Hand
einen Dolch hielt, mit dem er ihr Gesicht bedrohte. »!tbrits eiS« grunzte er tatendurstig.
Norton hielt das Weihwasser in der Hand. Er konnte es gegen beide schleudern; Agleh würde es
nichts tun, dafür würde es aber den bösen Geist aus dem Besessenen vertreiben. Ein kleines Zucken
des Handgelenks...
»!thcin s'uT« rief Agleh, die seine Absicht durchschaute.
Wütend führte der Besessene das Messer an ihre Kehle.
Sie griff mit der linken Hand nach seiner, besaß jedoch nicht genügend Kraft, um ihn abzuwehren.
»!tbrits eiS« wiederholte er.
Norton starrte die beiden Hände an - die große haarige Pratze, die das heimtückisch glitzernde
Messer umfaßte; die zarte, hellhäutige Hand mit Sning am Mittelfinger. Nun begriff er den Plan:
Wenn er das Weihwasser benutzte, um Agleh zu retten, würde er keines mehr zur Verfügung haben, um
den Pillendämon abzuwehren, dann würde Satan siegen. Wenn er Agleh jedoch nicht rettete...
Er hörte ein Geräusch. Die sechs machtlosen Höllenkatzen waren verschwunden, und an ihrer Stelle
verdichtete sich nun eine Rauchwolke. Sekunden später enthüllte sie einen winzigen,
feststofflichen Dämon mit einem einzigen großen Horn. Das war der Pillendämon.
Der Besessene stieß ein unverständliches Grunzen aus und fuhr mit dem Messer näher an Aglehs
Kehle.
Norton durfte sie nicht sterben lassen!
Da hatte er einen Einfall. »Sning!« rief er.
Sofort löste sich die kleine Schlange vom Finger und vergrub ihre winzigen Giftzähne in der
haarigen Haut des Besessenen. Der Mann grunzte, als er den Biß spürte.
Norton drehte sich um, um den Pillendämon zu beobachten. Das Ding stand unterhalb der
Pillenflasche.
Plötzlich schwebte es empor und landete auf dem Regal. Es berührte die Flasche, worauf ein
Lichtblitz aufflackerte. Dann kletterte der Dämon am
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