Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
Weltraum, ganz allein. Er hatte sich bewegt, das Schiff aber
nicht. Ihm fiel ein, daß sich der Zauber, da das Schiff kein Planet war, mit diesem nicht
automatisch anglich. In die andere Richtung! dachte er und hoffte, daß der Befehl genügen
würde.
Einen subjektiven Augenblick später war er wieder im Schiff und näherte sich seiner vorherigen
Situation.
Stop. Er stoppte. Er trieb in der Kontrollkabine hinter den beiden Pilotensitzen. Dursten
und Norton selbst diskutierten gerade die Bedienungselemente des Schiffs. Keiner von ihnen
bemerkte den neuen Norton.
Weder Roboter noch Femme waren zu sehen; dies mußte die Zeit unmittelbar vor ihrem Auftreten
sein.
Einen Augenblick lang überwältigte ihn die Vorstellung des Paradox. Konnte er in die Geschehnisse
seines vergangenen Selbst eingreifen und Ereignisse verändern, die er bereits erlebt hatte? Man
hatte ihm gesagt, daß er ein Wesen für sich sei, eines, das die Zeit beherrschte - doch er hatte
das Paradox nie bewußt auf die Probe gestellt. Gut, er konnte das Leben anderer Menschen
vielleicht verändern - aber sein eigenes? Doch wenn er es nicht tat, würde er von dem Gäm
verschlungen werden. Diese Aussicht erschien ihm auch nicht verlockender.
Nun sah er die Femme nahen. Hastig gab er dem Sand einen Befehl und glitt einige Minuten vor,
wobei es ihm gelang, im Schiff an Ort und Stelle zu bleiben. Er trieb hinter das Gäm, als es sein
früheres Selbst umschlang.
Dies war es, was er hatte rückgängig machen wollen.
Er drehte die Sanduhr um, und bewegte sich rückwärts, im Einklang mit der Szene. Gäm kehrte mit
seiner Last in die hintere Kabine zurück, während er...
Wieder drehte er die Sanduhr um, und das Gäm kehrte zurück.
So kam er nicht weiter, denn er veränderte die Realität dadurch nicht, sondern nur seine
gegenwärtige Wahrnehmung derselben. Die Realität war wie ein Holo, das er vor - oder rückwärts
ablaufen lassen, aber nicht verändern konnte. Veränderung aber war es; was er haben mußte.
Doch wenn er die Realität auf die eine Weise beeinflussen konnte, so konnte er sie auch auf die
andere Weise ändern. Er konzentrierte sich auf die Sanduhr, und der Sand wurde schwarz.
Die Szene erstarrte. Er war die einzige Ausnahme. Das Gäm hielt den vorangegangenen Norton
umschlungen; beide sahen aus wie Statuen.
Norton trat vor, mit wirbelnden Gliedmaßen, da seine Füße keinen Halt hatten, packte ein Tentakel
und riß es vom Arm seines anderen Selbst. Das Tentakel war kalt, schleimig und widerlich. Dann
packte er die anderen.
Schon bald hatte er sein früheres Selbst befreit. Schön.
Er hatte sich vor dem Gäm gerettet. Doch wie konnte er jetzt alles wieder zusammenfügen?
Es gab nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden. Er konzentrierte sich auf die Sanduhr und ließ
den Sand erneut weiß werden.
Die Normalzeit nahm ihren Lauf.
Das Gäm wedelte mit den Tentakeln. »He, wo bist du denn hin?« rief es wütend.
»Weiß ich auch nicht so genau«, sagte der damalige Norton.
»Da mach dir mal keine Sorgen«, sagte der jetzige Norton. »Wir müssen dieses Monster loswerden,
bevor es uns beide verschlingt!«
»Ganz meine Idee«, stimmte der andere Norton zu.
»Hat keinen Zweck, ihr Gas zu verabreichen.« Er trieb zu der schwebenden Stange, grabschte sie
und versuchte das Gäm zu jagen, jedoch ohne Erfolg.
Dann half ihm das Gäm. Es ließ ein Tentakel hervorschießen und grabschte Norton mit dem anderen
an der Hüfte. Auf diese Weise verankert, hob der damalige Norton mit beiden Händen die Stange und
ließ sie auf das herabsausen, was man als Kopf des Gäm durchgehen lassen konnte.
Er zerschmetterte ein Auge.
»Oooh, das tut weh!« rief das Gäm und wich zum Kontrollpaneel zurück.
Plötzlich fand sich Norton mit einem Satz im Körper des anderen wieder, das Tentakel um seine
Hüfte gelegt, die Stange in den Händen.
Er hatte sich wieder vereint! Die Zeit war über den Punkt hinausgelangt, da er seine Zeitreise
begonnen hatte, deshalb gab es ihn nun nur noch in einfacher Ausführung. Er konnte sich auch
daran erinnern, wie er auf mysteriöse Weise aus dem Griff des Gäm befreit wurde, als er
eingefroren war. Er hatte aus zwei Hälften bestanden und war nun wieder ganz. Die eine Hälfte war
länger als die andere Hälfte, da sie in der Zeit nicht eingefroren worden war, doch beide waren
er selbst.
Dieser geringfügige Unterschied in der Erfahrung der beiden Persönlichkeiten verlieh ihm eine
besondere Perspektive, eine
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