Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Leute, die einfach nur auf ihre
Freunde warten oder für die Kinder von anderen, die auf Reisen sind. Für alle, die eigentlich
nicht sehr viele Sünden haben.«
»Und was ist mit jenen, die viele Sünden auf dem Gewissen haben?« wollte Gäa wissen.
»Ich zeige es Ihnen«, sagte Mira eifrig und führte sie zu einer Treppe, die unten im Boden
verschwand. Sie kamen in eine große Halle, gut beleuchtet und voller Tische. Um die Tische
scharten sich Leute, die angespannt das Geschehen verfolgten.
Sie schritten auf den nächstgelegenen Tisch zu. Darauf befand sich ein riesiges Rouletterad.
»Oh... Glücksspiel«, meinte Niobe tadelnd.
»Sie haben es noch nicht verstanden«, warf Mira ein. »Schauen Sie mal einen Augenblick zu.«
Das taten sie. Das Rad drehte sich, die Kugel rollte herum und landete auf einer Zahl. Ein Mann
rief beglückt: »Ich habe gewonnen! Ich habe gewonnen!«
Die anderen Spieler zollten ihm etwas Applaus. Der Mann steckte seinen Gewinn ein und setzte ihn
beim nächsten Spiel. Wieder gewann er.
»Was?« fragte Niobe. »Zweimal hintereinander? Die Chancen dagegen...«
»Die Leute können hier sehr viel Glück haben«, meinte Mira. »Meistens gewinnen sie
tatsächlich.«
Gäa stieß Niobe sanft an, worauf diese das Lorgnon hob und diese Szene musterte.
Der Roulettetisch war echt, aber das war auch schon fast alles. Die meisten der Spieler waren
gelangweilte Parkangestellte in schäbigen Uniformen, und nicht die gutgekleideten Besucher, die
sie zu sein schienen. Vor dem Tischcroupier befand sich eine Konsole. Wenn das Spiel gemacht
wurde, berührte der Croupier einige Tasten. Diesmal setzte der Spieler auf die Nummer 19, und
diese Nummer drückte der Croupier auch. Wie zu erwarten, rollte die Kugel in die richtige
Markierung. Das Spiel war manipuliert.
Nun betrachtete Niobe die Jetons, die der Spieler vor sich aufgehäuft hatte. Sie waren echt. Wo
war dann der Haken? Die Satanisten würden doch wohl kaum zulassen, daß jemand sich hier wirklich
bereicherte!
Nun, danach konnte sie fragen, ohne sich zu verraten. »Wie können Sie hier im Geschäft bleiben,
wenn Sie es zulassen, daß die Leute zuviel Geld gewinnen?«
»Die Jetons sind kein Geld wert«, erläuterte Mira, während sie zu einem anderen Tisch schritten.
»Die bedeuten Punkte. Hat ein Spieler eintausend Punkte, darf er in die nächste Etage, wo
wirklich etwas los ist.«
»Aber es scheint mir ja geradezu garantiert, daß jeder das schafft.«
»Nein, garantiert ist das nicht. Wir lassen nur Leute rein, die wir für geeignet halten, «
»Dann geben Sie also zu, daß die Sache manipuliert ist!«
Mira blickte sie erstaunt an. »Aber meine Liebe, was erwarten Sie denn in der Hölle? Natürlich
ist es manipuliert!«
»Tja, wenn man dumme Fragen stellt...«, murmelte Gäa.
»Aber uns führen Sie doch auch auf eine Besichtigungstour, und dabei spielen wir gar nicht«,
hakte Niobe nach.
»Ganz genau. Wenn Sie nicht spielen, können Sie auch nicht gewinnen. Das ist das Grundprinzip des
Ganzen. Sie schauen sich hier alles nur an, aber ich bin sicher, daß Sie bald, nachdem Sie alles
gesehen haben, was wir zu bieten haben, gerne mitmachen wollen.«
»Kostet das denn gar keinen Eintritt?«
»Ich bin froh, daß Sie diese Frage gestellt haben«, erwiderte Mira. »Also, in diesem Punkt sind
wir sehr ehrlich. Alles ist ganz klar. Wenn Sie bei unseren Vergnügungen mitmachen wollen, müssen
Sie einen Vertrag unterzeichnen.«
»Mit Blut?«
»Es ist nur ein Nadelstich. Den spüren Sie kaum.«
»Was besagt dieser Vertrag?«
»Nun, jeder weiß doch, was die Hölle verlangt. Es ist ja nicht so, als würden wir irgend etwas
verheimlichen.«
»Sie sind hinter meiner Seele her!«
»Nur hinter einem Teil davon, denn hier befinden wir uns erst im Modell der Hölle. Wir brauchen
lediglich eine nominelle Zustimmung zum Bösen. Nur ein Prozent, um genau zu sein. Angenommen, Sie
sind zu siebzig Prozent gut, dann würde unser Vertrag dazuführen, daß Sie nur noch zu
neunundsechzig Prozent gut sind. Das wird Sie im Jenseits kaum etwas kosten und wird auch nicht
darüber entscheiden, wohin Sie nach dem Tod kommen. Verglichen mit dem, was wir anzubieten haben,
ist das ein gutes Geschäft.«
Nun standen sie am nächsten Tisch. Hier wurde Black-Jack gespielt. Wieder gewann der Besucher,
und wieder zeigten die verzauberten Brillengläser, daß das Spiel manipuliert wurde. Die Hölle
wollte einfach, daß die Besucher gewannen.
So ging es an allen
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