Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
weckte in ihr den
Verdacht, daß sich etwas Gleichartiges wiederholen könnte, doch nicht so bald und vielleicht auch
nicht mit dieser bestimmten Clotho. Der jüngste Aspekt der Schicksalsgöttin schien ein Magnet
männlicher Aufmerksamkeit zu sein, wo und wann immer sie auftrat. Die wichtigsten Angelegenheiten
jedoch kamen zwischen Chronos und Lachesis zur Sprache. Nur er konnte die spezifische Chronologie
des hochkomplizierten Zusammenspiels der Fäden genau lokalisieren. Sein Mitarbeiterstab und die
Mitarbeiter der Schicksalsgöttin koordinierten zwar durchaus kompetent die überwiegende Mehrheit
aller Ereignisse, doch entwickelten sich ständig Situationen, die der Aufmerksamkeit der
Inkarnationen persönlich bedurften.
Während einer solchen Arbeitssitzung machte Chronos erneut eine Bemerkung, die sie aufhorchen
ließ. »Satan hat in periodischen Abständen Gelegenheit, ein paar Dämonen aus der Hölle zu
lassen«, erklärte er. »Ich weiß nicht, welches Gesetz dahintersteht, und es geschieht auch nicht
sehr häufig, doch wenn ein Dämon freigesetzt wird, führt das immer zu Unheil im Reich der
Sterblichen.«
»Selbst der Geist eines Dämons ist schon böse und schlimm«, bestätigte Niobe.
»Aha, dann kennst du dieses Problem also! Ich erinnere mich noch, wie ich einmal die Welt
rückwärts laufen lassen mußte, um zu verhindern... Aber das ist für dich natürlich noch gar nicht
passiert. Es sieht jedoch so aus, als würde es erneut zu einer solchen Gelegenheit kommen, das
heißt, in deinem Zeitrahmen, als sei es bereits dazu gekommen. Ich hege den Verdacht, daß wir
diesmal sehr genau ermitteln müssen, welches Unheil hier geplant wird.«
»Kannst du es nicht anhand deines Wissens um deine Vergangenheit feststellen?«
»Das ist ja das Merkwürdige daran. Es scheint keine Auswirkungen zu haben. Und doch läßt sich
Satan solche Gelegenheiten niemals entgehen.«
»Kein Unheil?« fragte sie. »Das ist tatsächlich verdächtig! Was könnte Satan für ein Unheil
anrichten, ohne daß du es merkst?«
»Etwas innerhalb eines sehr begrenzten Rahmens«, erwiderte er. »Oder etwas ungeheuer
Subtiles.«
»Wenn es zu begrenzt oder subtil ist, um das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse in der Welt zu
beeinflussen, dann ist es für ihn zu unbedeutend, als daß sich eine Beschäftigung damit lohnte«,
überlegte Niobe.
»Ich bin sicher, daß er keinen kostbaren Dämon auf etwas verschwenden würde, das tatsächlich
belanglos ist.« Sie erinnerte sich an die verschiedenen Angriffe der Dämonen auf ihre eigene
Familie. »Es muß irgend etwas geben.«
»Vielleicht ist es etwas, das erst ans Licht gekommen ist, nachdem meine Amtszeit begann«, meinte
Chronos. »Dann würde ich nichts davon wissen. Satan kann sehr langfristig arbeiten.«
»Und ob! Luna soll irgendwann in der Zukunft einmal die Retterin der Menschheit werden,
vielleicht in zwanzig Jahren. Satan verfügt über eine enorme Tücke und Geduld; er kann es sich
leisten, zu warten, deine Wahrnehmung zu neutralisieren. Es muß irgend etwas sein, was der Dämon
gerade tut und was erst später zutage tritt.«
»So etwas hat er schon getan«, bestätigte Chronos. »Es war zwar meiner Erfahrung nach bisher noch
nie so langfristig angelegt, aber die kurzfristigeren Bemühungen habe ich ja auch zu Fall
gebracht. Mit einigen Schwierigkeiten, wie ich gestehe. Es war recht ermüdend; wenn du und
Clotho, ich meine die Nachfolgerin der gegenwärtigen Clotho, mich nicht so unterstützt hättet,
hätte ich vielleicht aufgegeben.«
Niobe zog es vor, die Bemerkung über Clothos Nachfolgerin zu ignorieren, und sie hoffte, daß
Clotho es nicht mitbekommen hatte. Keine von ihnen wollte den Zeitpunkt ihrer Amtsaufgabe wissen,
so freiwillig diese auch geschehen mochte. »Das muß es sein. Was könnte ein Dämon heute tun, das
sich erst in zwanzig Jahren auswirkt? Vielleicht eine Zeitbombe?«
»Solche Geräte sind notorisch unzuverlässig. Da ist es wahrscheinlicher, daß es sich um
irgendeinen Personalwechsel handelt, damit eine bestimmte Person zu einem gewissen Zeitpunkt
nicht mehr zur Verfügung steht, um Satan Widerstand zu entbieten.«
»Nun, Luna haben wir einigermaßen gut geschützt«, sagte Niobe. »Deshalb glaube ich auch nicht,
daß die Dämonen ihr etwas anhaben können. Sie ist die einzige wirklich wichtige Person, von der
ich weiß.«
»Satan hat einmal einen Dämon ausgeschickt, um den Giftunfall zu verhindern, durch welchen der
Senator
Weitere Kostenlose Bücher