Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
wahrnehmen?
Ich kann dir ein besseres Geschäft bieten.«
»Dir darf man nicht trauen!« konterte Niobe.
»Verlaß dich nicht auf dein Vertrauen«, riet Satan. »Verlaß dich lieber auf die Vernunft. Wenn
ich in der UNO eine Bombe losgehen lasse, führt das zu einem hübschen Knäuel der Schicksalsfäden,
was in der Welt sehr viel Durcheinander stiften wird. Aber niemand weiß genau, wohin dieses
Durcheinander führt. Manchmal erweist sich etwas, das gut zu sein scheint, auf lange Sicht als
böse, etwa die Inquisition. Manchmal erweist sich etwas, das böse wirkt, als gut. Zum Beispiel
die Pest.«
»Die Pest!« rief Niobe. »Wieso soll die denn gut gewesen sein?«
»Sie hat die Bevölkerung Europas so dezimiert, daß Arbeitskräfte knapp wurden. Damit wurde der
Weg bereitet, das Feudalsystem abzuschaffen«, erklärte Satan. »Man kann Arbeiter nicht lange als
Leibeigene schuften lassen, wenn es nur so wenige davon gibt, daß ihr Dienst immer bedeutsamer
wird.«
Niobe vermutete, daß Gäas Vorgänger eigene Gründe gehabt haben dürfte, die Pest ausbrechen zu
lassen. Aber es war ein interessanter Gedanke. »Worauf willst du hinaus?«
»Ich will darauf hinaus, daß diese ganze UNO-Sache ein Glücksspiel ist«, sagte Satan. »Es könnte
sein, daß es mich teurer zu stehen kommt, als es wert ist. Nur Narren setzen alles aufs Spiel,
obwohl sie es nicht müssen.«
»In deiner Spieletage tun das aber sehr viele Leute!«
»Zugegeben, aber mich wirst du an den Spieltischen nicht vorfinden.«
»Also zur Sache, Satan!« knurrte sie.
»Du willst einen großen Bombenanschlag vermeiden. Ich möchte lediglich, daß einer der
Schicksalsfäden ein wenig umgelegt wird. Da scheint es mir, daß wir zu einem vernünftigen
Geschäft kommen könnten.«
»Ich schließe keine Geschäfte mit dem Bösen ab!« rief Niobe.
»Wie du willst«, erwiderte Satan. »Vergiß nicht, dir morgen die Nase zuzuhalten, wenn du am
UNO-Gebäude vorbeikommst - nicht, daß das viel nützen würde.«
Da hatte er sie. »Was schlägst du für ein Geschäft vor?«
»Ich blase die Stinkbombenaktion ab, wenn du dafür sorgst, daß eine bestimmte Person eine andere
Arbeitsstelle bekommt. Es wird ihr nichts Böses geschehen, es wird ihre Seele nicht mit Bösem
belasten, es ist nur eine kleine, unwichtige Änderung.«
»Wenn sie so unwichtig ist, warum willst du sie dann haben?« wollte Niobe wissen.
»Unwichtig für dich. Für mich ist sie sehr wohl wichtig. Diese Frau wird bald in die
Politik gehen. Ich würde es vorziehen, wenn einer von meinen Leuten das Amt bekommt, das sie
anstrebt. Die meisten Politiker sind sowieso korrupt, deshalb kann es dir kaum etwas ausmachen.
Ich habe meinem Diener versprochen... nun, ist auch egal. Worauf ich hinauswill, ist, daß ich
bereit bin, die Sache einzutauschen.
Bist du interessiert?«
»Ich traue der Geschichte nicht«, versetzte Niobe.
Laß uns trotzdem mal schauen, worum es geht, dachte Atropos. Diese UNO-Verwirrung
möchten wir, wenn möglich, vermeiden.
»Wer ist diese Person?«
»Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, eigentlich völlig unwichtig.«
»Das behauptest du. Nenn mir den Namen der Frau.«
»Oh, sie heißt Mond oder so ähnlich«, erwiderte Satan beiläufig. »Das spielt wohl kaum eine
Rolle.«
»Wie kannst du von mir erwarten, daß ich ihren Faden umlege, wenn du mir nicht genau sagst, wer
sie ist?« fragte Niobe und wurde sich bewußt, daß sie schon auf dem ersten Schritt zur
Einwilligung war.
Der führt irgend etwas im Schilde, dachte Atropos. Ich wünschte, Gäa wäre
hiergeblieben; die hat es faustdick hinter den Ohren!
Satan hielt inne und strich über seinen Bart, während er nachdachte. »Sie ist übrigens das Kind
einer früheren Inkarnation, deshalb hat sie vielleicht auch so großspurige Pläne. Der Name... wie
war der doch gleich... Kaftan.«
Niobes Muskeln versteiften sich. Er versuchte, Luna auszuschalten von der die Prophezeiung gesagt
hatte, daß sie einst die Retterin der Menschheit werden würde!
Nun wurde ihr auch klar, daß diese ganze UNO-Sache lediglich in Scheingefecht darstellte, um ihr
einen scheinbar sehr vorteilhaften Kompromiß einzureden. Nun leuchtete auch ein, warum er dafür
gesorgt hatte, daß die drei Aspekte der Schicksalsgöttin gleichzeitig ihr Amt wechselten. Alle
drei hätten von Luna gewußt, deshalb mußten sie ausgeschaltet werden. Satan verfolgte eine sehr
langfristige Taktik in seinem Spiel!
Doch sie würde mitspielen, nur um seine
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