Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Absichten besser herauszufinden, bevor sie sie
durchkreuzte. Die drei früheren Aspekte hatten sie ausgewählt, in ihr Amt zurückzukehren, weil
sie gewußt hatten, daß Satan einen raffinierten Plan hegte. Sie hatten eine bessere Wahl
getroffen, als ihnen klargewesen war! Erst aber wollte sie sicher sein, laß sie den ganzen Plan
kannte.
»Es muß mehrere Frauen dieses Namens geben«, sagte Niobe, Verwunderung vortäuschend. »Von wem
stammt die denn ab?«
»Ach, nicht Bemerkenswertes. Einer meiner Diener hat sie vor einer Weile mal ausfindig gemacht.
Zwei Mädchen, die wie Zwillinge aussehen, aber eine Generation auseinander liegen. Ich will die
eine haben, die von der früheren Inkarnation abstammt. Die mit dem dunkleren Haar.«
Wieder spannte Niobe sich innerlich an. War Satan vielleicht ein Fehler unterlaufen? Ihre Enkelin
Luna war dazu bestimmt, die Menschheit zu retten. Niobes Tochter Orb war dagegen ausersehen, eine
Inkarnation zu werden, Insofern die Prophezeiung nicht irrte. Natürlich war Satan sehr
beschäftigt; wahrscheinlich hatte er Niobes irdischem Dasein nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet.
Es war offensichtlich, daß er sie auch jetzt nicht wiedererkannte. Zum ersten Mal war sie froh
über den Verlust ihrer jugendlichen Schönheit! Vielleicht hatte der Dämon, der sich in die Höhle
des Bergkönigs eingeschlichen und dort den Diebesalarm ausgelöst hatte, die beiden Mädchen
miteinander verwechselt - was wirklich leicht geschehen konnte - um seinem Meister zu melden, daß
Luna das Mädchen mit dem buchweizenhonigfarbenen Haar war, während Satan gar nicht daran gedacht
hatte, dies zu überprüfen. Tatsächlich war Luna jedoch das Mädchen mit dem kleehonigfarbenen
Haar, eine etwas hellere Tönung.
Als Satan ihr Schweigen bemerkte, fragte er: »Findest du das zuviel verlangt?«
Niobe seufzte. »Gäa hat mir gesagt, ich soll dir nicht trauen. Du hast irgend etwas vor.«
»Meine geschätzte Kollegin, du brauchst mir doch gar nicht zu trauen! Gib mir einfach dein Wort,
daß du den Faden des Mädchens so verändern wirst, daß sie nicht in die Politik geht, wenn bei den
Vereinten Nationen keine Bombe hochgeht.«
Niobe versuchte zu entscheiden, ob Satan Opfer einer Verwirrung geworden war oder ob er
vielleicht einen doppelt raffinierten Plan ausgearbeitet hatte. »Und dem Mädchen wird nichts
geschehen?«
»Ich verspreche dir, dem Mädchen, dessen Faden du verlegst, niemals Schaden zuzufügen«, erwiderte
Satan großspurig.
»Aber dein Versprechen ist doch wertlos!«
»Das stimmt. Ich bin ja schließlich der Vater der Lüge«, sagte er nicht ohne Stolz. »Aber mein
Wort ist heilig, wenn es auf richtige Weise gegeben wird.«
»Und wie wird es auf richtige Weise gegeben?«
»Mit Blut natürlich.«
»Du hast Blut?«
Er lachte. »Natürlich habe ich Blut! Ich bin schließlich eine Inkarnation wie du!«
Niobe erinnerte sich. In ihrer Zeit als Clotho hatte sie einiges über die anderen Inkarnationen
erfahren, unter anderem auch, daß das Wort einer Inkarnation gegenüber einer anderen heilig war.
In diesem besonderen Fall konnte sie sogar dem Vater der Lüge trauen.
»Dann werden wir beim Blut schwören«, entschied sie.
Bist du verrückt geworden? rief Atropos wie die Stimme des Gewissens. Was du mit diesem
Mädchen opferst, ist dein eigen Fleisch und Blut!
Und die Rettung der Menschheit, fügte Clotho hinzu.
Die beiden hatten die Information aus Niobes Gedanken abgefangen.
»Ausgezeichnet«, sagte Satan. Er hob die Hand, und Niobe zog eine Nadel aus einer Tasche ihres
Kleides und steckte sie in seinen Daumen, so daß ein Blutstropfen hervorquoll.
Dann tat sie dasselbe mit ihrer eigenen Hand. Das Blut der Inkarnationen konnte mit Ausnahme von
Thanatos' Amtswechsel von niemandem vergossen werden, von keinem Sterblichen und keinem
Unsterblichen, wenn sie darin nicht einwilligte. Satan hatte eingewilligt, sein Blut zu
vergießen, und sie hatte das gleiche getan, doch nur bei dieser Gelegenheit.
»Ein Eid zwischen Inkarnationen«, sagte Niobe. »Mit Blut besiegelt. Du wirst die Vereinten
Nationen schonen und das Leben dieser Frau, und ich werde den Faden der dunkelhaarigen Nachkommin
von Niobe Kaftan so umlegen, daß sie niemals in die Politik geht.«
»Es sei ein Eid, einverstanden«, sagte Satan. Dann gaben sie sich ihre blutverschmierten
Hände.
»Ich hoffe, daß er es wert ist«, brummte Niobe und machte sich bereits Sorgen darüber, was Satan
trotz seines Eids Orb anzutun
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