Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Verdammnis oder Erlösung. Clotho und Atropos hatten die Gewalt über
den Körper, und sie lösten sich ab, hin und her, wie es ihrer jeweiligen Laune entsprach.
»Und nun vollbringe dein Wunder des Scheiterns, o heulende Töle«, sagte Satan sardonisch. »Deine
Freunde werden deine Demütigung mitansehen!«
Noch immer widerstand sie den Sticheleien.
Wenn sie es zuließ, daß man sie verwirrte oder zornig machte, würde sie mit Sicherheit verlieren.
Sie konzentrierte sich lieber auf das vor ihr liegende Problem. Zwölf Menschen, drei
Gewichtungen... Wie war das zu schaffen?
Sie überlegte, ob sie sechs gegen sechs abwiegen sollte. Eine Gruppe würde sicherlich in ihrer
Waagschale emporsteigen doch würde das nun bedeuten, daß sich unter ihr eine leichtere Fälschung
befand, oder befand sich vielleicht eine schwerere Fälschung in der anderen Gruppe? Wenn sie das
Gewicht doch nur im voraus gewußt hätte, dann hätte sie zuerst die leichteren sechs nehmen
können, wenn dies die richtigen gewesen sein sollten, hätte sie in zwei Gruppen zu drei Stücken
teilen und zwei der drei Münzen aus der leichteren Gruppe abwiegen können. Wenn eine leichter
war, war sie am Ziel; waren sie ausgewogen, dann war es die übriggebliebene Münze. Wenn die
Fälschung schwerer war, würde es ebensogut funktionieren. Im Prinzip war es so einfach!
Doch ohne das Wissen um das relative Gewicht wurde daraus ein hochkomplizierter Prozeß, bei dem
ein einziges Abwiegen überhaupt nichts aussagte. Sie würde einen zweiten Faden brauchen, um die
Hälften einer der ursprünglichen Gruppen zu wiegen; wenn diese ausgewogen waren, befand sich die
Fälschung in der anderen Gruppe, und dann würde sie auch ihr Gewicht kennen. Von da an würde sie
noch zwei weitere Wiegungen durchführen müssen insgesamt vier. Nein, das ging nicht.
Doch während sie sich damit abmühte, kehrte die Erinnerung langsam zu ihr zurück. Man konnte
dieses System mit dem »übriggebliebenen Mann« durchgängig anwenden! Vier gegen vier abwiegen,
wobei vier draußen blieben. Waren die acht ausgewogen, befand sich die Fälschung unter den vier
verbliebenen. Dann zwei zu zwei... Nein, das war es auch nicht. Alle vier gegen eine der anderen
Gruppen abwiegen, von der sie nun wußte, daß sie aus echten Münzen (Dämonen) bestand; damit würde
sie erfahren, ob die Fälschung schwerer oder leichter war. Und dann... Nein, mit einem weiteren
Wiegeprozeß würde sie nicht ans Ziel kommen. Dennoch war sie sich sicher, auf dem richtigen Weg
zu sein. Drei Münzen der fraglichen Gruppe gegen drei richtige abwiegen; wenn die sich
ausglichen, war es die übriggebliebene, und das Abwiegen würde ihr relatives Gewicht bestimmen.
Befanden sich die beiden Münzsätze nicht im Gleichgewicht, dann wußte sie, daß die Fälschung
beispielsweise zu leicht war. Dann konnte sie sie mit einem einfachen Wiegen ausmachen.
Doch angenommen, daß sie beim ersten Abwiegen von zwei Vierergruppen nicht zum Gleichgewicht
kamen? Dann mußte die Fälschung irgendwo unter acht Münzen sein... das waren zu viele für
zweimaliges Wiegen. Sie ging die Sache immer wieder durch, während das Publikum schweigend
wartete. Sie konnte durch Zufall gewinnen, wenn die gefälschte Münze oder der falsche Dämon in
die richtige Gruppe kam. Doch war sie sich sicher, daß der Zufall ihr nicht gewogen sein würde,
nicht hier in der Hölle. Sie mußte den Zufall ausschließen und dafür garantieren, es so oder so
mit dreimaligem Wiegen zu schaffen.
Langsam bekam sie Kopfschmerzen von der Konzentration. Egal, welche Taktik sie versuchte, sie
konnte die richtige Antwort nicht mit dreimaligem Wiegen bekommen. Was sollte sie nur tun?
Dann stiegen Tränen in ihr auf. Es war auch nicht gerade eine Hilfe, daß Satan ihr Weinen
bemerkte und grinste. Er wußte, daß er vor dem Sieg stand und das Publikum wußte es auch. Sie
erwartete ihre letzte Demütigung.
Ach, Pacian, dachte sie. Wie hast du das Rätsel damals nur gelöst?
Und dann, wie als Antwort auf ihr Gebet, kam ihr die Lösung. Pacian oder irgend etwas hatte
reagiert. Ihr Gedächtnis klärte sich, und sie erkannte die Lösung.
»Austausch«, rief sie. Niobe trat vor die Waagschalen. »Ihr vier auf diese Seite«, befahl sie den
nächststehenden Dämonen. Sie gehorchten und stapften auf die große Waagschale. »Und ihr vier auf
die andere Seite.« Die anderen gehorchten ebenfalls.
Als die acht sich auf den beiden Waagschalen aufgestellt
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