Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Hölle
selbst ihm den Weg versperrt hätte. Statt dessen hatte er sich dazu entschlossen, sie zu retten.
Doch wie sollte sie vorgehen? Sie war nur eine sterbliche Frau, die sich um ihr Kind sorgte,
während Satan die Bastion des Bösen schlechthin darstellte. Sie hatte keinerlei Möglichkeit, an
ihn heranzukommen und auch keinerlei Möglichkeit, sich gegen ihn durchzusetzen, wenn sie tatsächlich an ihn herangekommen wäre. Es war lächerlich zu glauben, daß sie Satan würde
bestrafen können, und doch war dies der Inhalt ihres Schwurs. Mars hätte sie gut
verstanden!
Sie setzte ihre Überlegungen fort, denn ihr Verlangen nach Rache verlieh ihrer Existenz
wenigstens etwas Sinn.
Offensichtlich war Satan weder allwissend noch allmächtig, sonst wäre sein Attentat auf sie nicht
gescheitert. Außerdem mußte sie irgendeine Kraft besitzen, die er fürchtete, sonst hätte er gar
nicht erst versucht, sie auszuschalten.
Was konnte Satan an ihr gefürchtet haben?
Sicherlich tötete er doch niemanden ohne Grund.
Er mußte eine sehr beschäftigte Wesenheit sein, da er sich um all das Böse in der Welt zu kümmern
hatte, zudem führte er ständig Krieg gegen Gott und die anderen Inkarnationen. Sie hatte nie
zuvor daran gedacht, Satans Pläne zu vereiteln, und war auch kaum eine Bedrohung für ihn. Sie war
nicht so klug wie Cedric oder so magiekundig wie der Professor; sie besaß keine gewaltigen
Muskeln, nur ihre Schönheit und ihre Geschicklichkeit beim Weben von Teppichen. Und doch hatte er
nach ihrem Leben getrachtet und die anderen Inkarnationen schienen sich darin einig zu sein, daß
Satan dafür einen guten Grund hatte.
Also besaß sie doch irgendeine Macht - wenn sie doch nur feststellen konnte, welche! Macht genug,
daß Satan auf sie aufmerksam wurde! Was konnte es sein? Und warum sollten sich die anderen
Inkarnationen weigern, ihr davon zu berichten? Sie wußte doch, daß sie nicht mit dem Fürsten des
Bösen unter einer Decke steckten. Die Sache schien keinen Sinn zu ergeben.
Und Cedric - warum hatte er sie nicht einfach vor dem Tod bewahrt? Es wäre doch sicherlich nicht
notwendig gewesen, an ihrer Stelle zu sterben! Er hätte ihr von dem Komplott gegen sie erzählen
können, und sie hätten weit fortgehen können, bis die Gefahr vorüber gewesen wäre. Cedric hatte
einen freien Willen gehabt, und er hatte das Leben geliebt. Es ergab einfach keinen Sinn, daß er
nach dem Tod gestrebt haben sollte.
Aber es mußte ein Sinn dahinter stecken. Cedric war ein außerordentlich intelligenter
junger Mann gewesen, der klare Vorstellungen von seinem Schicksal gehabt hatte. Er hatte mit dem
Professor gesprochen und hatte diesen zur Geheimhaltung verpflichtet, anstatt ihr etwas davon zu
sagen.
Der Professor! Er mußte wissen, warum! Doch sie wußte, daß er es ihr nicht sagen würde; warum
nicht?
Tagelang grübelte sie und sprach mit sich selbst. Sie wußte, daß sie nicht annähernd so klug war,
wie Cedric es gewesen war, doch sie war davon überzeugt, daß sie dieses Rätsel würde lösen
können, wenn sie es nur weiterhin versuchte. Es war wie eine Geheimschrift, doch nach und nach
würde sie diese kodierte Schrift entziffern können, bis sie ihren Sinn herausbrachte. Sie hatte
eine Reihe von Hinweisen, sie mußte sie nur entsprechend auswerten.
Stück um Stück setzte sie das Mosaik zusammen. Satan fürchtete sie, also mußte sie mehr als nur
sterblich sein.
Die Inkarnationen wußten von ihr, und Chronos kannte sie persönlich; er hatte sie Clotho genannt.
Er schien auch persönlich an ihrem Wohlergehen interessiert gewesen zu sein. Lachesis hatte es
bemerkt, und tatsächlich hatte er sich große Mühe gegeben, um ihr zu helfen. Er hatte sie um eine
halbe Stunde in die Zukunft versetzt, damit er Mars die Sache erklären konnte, der danach mit ihm
einer Meinung gewesen war. Ja, Chronos hatte sie gekannt, die anderen jedoch nicht. Wie konnte
das sein? Arbeiteten die Inkarnationen denn nicht zusammen? Nun, wahrscheinlich konzentrierte
sich jede in erster Linie auf ihr eigenes Spezialgebiet. Sicherlich kannte Chronos Leute, die den
anderen nicht bekannt waren. Und doch hatte Lachesis sich so verhalten, als würde noch mehr
dahinterstecken. Sie war aufgeleuchtet und hatte sich in eine junge, wunderschöne Gestalt
verwandelt, um dann wieder die alte anzunehmen, und Chronos hatte genickt. Er hatte also irgend
etwas bestätigt doch was? Außerdem hatte Lachesis Chronos »meinen
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