Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
Schicksalsfaden, und die eine mag den Tod heiraten
und die andere das Böse.« Sie ließ ihre Hände fahren und wirkte erschüttert. »Mehr wage ich nicht
zu sagen.«
Pacian setzte Junior wieder ab, und sie entfernten sich von dem Stand. »War das eine wirkliche
Prophezeiung?« fragte er ehrfürchtig.
»Sieht so aus«, meinte Atropos. »Natürlich kann die Deutung die Dinge verändern, so daß alles
nicht unbedingt das heißen muß, was man zu hören glaubt.«
»Das ist aber eine mächtige Prophezeiung!« rief er. »Die schönste Tochter?«
Der verworrene Schicksalsfaden? fragte Niobe. Das i s t doch unsere
Sache!
»Und die eine mag den Tod heiraten, die andere das Böse«, sagte Atropos nachdenklich. »Ich glaube
nicht, daß mir das sonderlich gefällt.«
Niobe hegte ähnliche Zweifel. Der Tod ist Thanatos und das Böse ist Satan. Werden ihre Töchter
etwa Inkarnationen heiraten?
»Was ist ein verworrener Schicksalsfaden?« fragte Junior.
»Der bedeutet nur Ärger!« meinte Atropos.
Sie setzten sich unter einen Baum und sprachen über die Sache. »Das ist keine schlechte
Prophezeiung«, sagte Atropos zu den Jungen. »Es ist keine Katastrophe für einen Mann, die
schönste aller Frauen zu besitzen das heißt sie zu heiraten und talentierten Nachwuchs zu
bekommen. Wenn sie quer zum Schicksalsfaden stehen, dann bedeutet das wahrscheinlich, daß es sehr
wichtige Gestalten sind. Und was die Heirat mit dem Tod und dem Bösen angeht, nun vergeßt nicht,
daß die Prophezeiung nur von mag heiraten spricht. Jeder kann in Schwierigkeiten geraten,
wenn er achtlos ist! Ihr seid gewarnt worden; ihr müßt eure Kinder so erziehen, daß sie sich vor
Dingen wie dem Tod und dem Bösen hüten, dann dürfte es eigentlich keine Probleme geben.«
»He, das stimmt ja!« meinte Pacian, und seine Miene hellte sich auf. »Man hat uns jetzt gewarnt.
Jetzt können wir doch noch dafür sorgen, daß alles zum Guten ausgeht.«
Doch seltsamerweise war der kleine Junior etwas nachdenklicher. »Sind Prophezeiungen nicht un...
un...«
»Unvermeidlich«, beendete Atropos für ihn den Satz. »Ja, eine wahre Prophezeiung wird sich auch
erfüllen, und diese hier scheint eine wahre zu sein. Doch läßt sie uns noch Spielraum.«
»Ich will eine andere Weissagung hören«, beschloß Junior.
Pacian stimmte zu. Atropos zuckte die Schultern. »Schaden kann es wahrscheinlich nicht.«
Also suchten sie eine weitere Seherin auf. Wieder bot ihr Atropos das Geld an, und wieder
schreckte die Seherin zusammen. »Was tut ihr hier, ihr finsteres Dreiergespann?« wollte sie
wissen.
»Es ist für die Jungen«, erwiderte Atropos, obwohl sie wußte, daß die Seherin mit dem
Dreiergespann jemand anderen gemeint hatte. Auch diese Frau verstand ihr Handwerk. »Sag ihnen
gemeinsam die Zukunft voraus. Was wird aus ihnen und ihren Kindern?«
Die Seherin nahm die Hände der Jungen, wie die erste es getan hatte und auch ihre Augen weiteten
sich. »Einer wird Retter der Rehe werden, sein Kind ein Retter des Menschen; der andere wird eine
Inkarnation lieben, sein Kind wird eine werden. Doch der Schicksalsfaden ist verworren... Oh!«
Die Seherin ließ die Hände wieder fahren. »Mehr kann ich nicht sagen, es ist zuviel für mich.«
Tatsächlich zitterte sie am ganzen Leib.
Wieder zogen sie sich zurück und sprachen über diese Prophezeiung. »Rehe?« wollte Junior
wissen.
S ein Vater hat danach gestrebt, die Rehe zu befähigen, die Schüsse der Jäger mit eigenem Feuer
zu erwidern, erklärte Niobe. Also erklärte Atropos ihm das, und der Junge war
zufrieden.
»Ich werde es tun!« rief er. »Hama wird mir zeigen, wie das geht! Ich sorge dafür, daß die Rehe
zurückschießen können!«
Doch Pacian musterte Atropos mit verengten Augen. »Woher weißt du davon? Mein Vetter Cedric war
doch schon tot, bevor du zu uns gekommen bist.«
»Ich kenne seine Frau, Juniors Mutter«, erklärte Atropos. »Ich sagte dir doch, daß ich eine
Freundin der Familie bin.«
»Ach ja? Wo ist sie denn jetzt? Sie hat uns schon lange nicht mehr besucht.«
»Sie arbeitet an einem ganz besonderen Projekt«, führte Atropos aus. »Es ist sehr geheim. Deshalb
kann sie Junior auch nicht bei sich haben.«
»Sie ist die schönste Frau, die ich jemals gesehen habe«, meinte Pacian verträumt.
»Was ist denn eine Inkarnation?« fragte Junior.
»Die Inkarnationen sind menschliche Personifizierungen der wichtigen Aspekte der Existenz«,
erklärte Atropos vorsichtig. »Liebe, Krieg,
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