Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
einen Kompromiß eingehen: Die
Rotwildmagie sollte nur noch in Gebieten eingesetzt werden, die offiziell zu Parks erklärt worden
waren. Doch das nächstgelegene Gebiet wurde sofort in diese Kategorie aufgenommen, so daß Junior
den Traum seines Vaters erfüllt hatte. Die Hamadryade war so entzückt davon, daß sie ihm einen
Kuß gab und sich dann errötend drei Tage im tiefsten Wald versteckte.
Aus Junior wurde der Magier Kaftan, ein professioneller Steinzauberer. Sein Unternehmen wuchs,
und schon bald bekam er Aufträge aus aller Welt. Berühmt wurde er nicht, denn er vermied
Publicity; die Klage gegen sein College hatte ihn Vorsicht gelehrt. Die Steine dienten lediglich
dazu, seine Magieforschung finanziell zu unterstützen. Er war auf dem besten Wege dazu, der
größte Magier der Welt zu werden. Magie war alles, was für ihn von Bedeutung war, vor allem,
nachdem Großmutter Atropos starb. Manchmal verschwand er im Labor und ließ sich tagelang nicht
wieder blicken.
Beunruhigt suchte Niobe ihn auf. Sie trug ihre Perücke und ihr Makeup, doch er erkannte sie
sofort. »Hallo, Mutter! Meint es das Schicksal gut mit dir?«
Sie seufzte. Ihr Sohn, der Magier, war nun vierunddreißig Jahre alt, elf Jahre älter als sie,
zumindest körperlich, und er war ein Genie auf seinem Gebiet. Vielleicht hätte sie das nicht
überraschen sollen, schon sein Vater war äußerst brillant gewesen, und Junior hatte zudem den
Vorteil gehabt, von Anfang an eine ausgezeichnete Ausbildung zu genießen, beginnend mit der
Hamadryade. Natürlich hatte er seine eigene Erblinie verfolgt und genau entdeckt, was seiner
Mutter geschehen war.
»Mir geht es gut«, sagte sie. »Aber du, Junior ich wünschte, du würdest dich nicht so sehr von
der Welt abschotten. Das ist nicht gesund.«
Er lächelte, bereit, ihr in kleinen Dingen nachzugeben. »Was soll ich denn deiner Meinung nach
tun, Mutter?«
»Geh ein wenig unter Leute, tu dich zumindest mit deinen Freunden und Verwandten gelegentlich
zusammen! Wie lange ist es her, seit du zum letzten Mal an der Wassereiche warst?«
»Fünf Jahre«, gestand er.
»Und wann hast du Pacian zum letzten Mal gesehen?«
Er mußte es an den Fingern abzählen. »Zehn Jahre. Nach seiner Heirat war es nicht mehr
dasselbe.«
»Nun, dann besuche sie doch einmal«, drängte sie. »Du verdankst der Hamadryade sehr viel, und
Pacian ist ein guter Mann mit einer netten Familie.« Mit mütterlicher Fürsorge musterte sie ihn.
»Und da wir schon gerade dabei sind... wann wirst du denn heiraten?«
»Wenn mir die wunderschönste Frau ihrer Generation begegnet«, erwiderte er lächelnd. »Ganz der
Prophezeiung entsprechend.« Es war offensichtlich, daß er die Prophezeiungen nicht mehr ernst
nahm. Vielleicht hatte er sie mit Hilfe seiner überragenden Magie auch überprüft, doch das
bezweifelte sie. Denn das war einfach nicht seine Art von Magie, und ohnehin war es für jedermann
schwer, sein eigenes Schicksal zu erforschen.
»Nun, alles zu seiner Zeit. Aber ich möchte, daß du wenigstens deinen Vetter besuchst«, sagte sie
entschieden. »Er war sehr gut zu dir.«
Er nickte. »Das war er wirklich. Also gut, Mutter, ich werde die Wassereiche und Pacian
besuchen.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
»Und zwar bald«, sagte sie und verwandelte sich in ihre Spinnenform, um an ihrem Faden zum
Fegefeuer emporzusteigen. Es hatte keinen Sinn, ihre Magie immer noch vor ihm verheimlichen zu
wollen. Der Magier hielt Wort. Am nächsten Tag rief er Pacian an, und eine Woche später trafen
sie sich. Inzwischen besuchte er auch die Wassereiche. Die Hamadryade war erfreut, ihn
wiederzusehen, wenngleich die vielen Jahre sie zurückhaltend gemacht hatten.
»Mutter sagt, ich solle heiraten«, sagte er. Und sie nickte zustimmend. »Aber wo soll ich jemals
auf Erden eine sterbliche Frau finden, die so schön ist wie du?« Sie zuckte die Schultern,
errötete und verzieh ihm seine fünf Jahre der Nichtbeachtung. Selbst Unsterbliche waren für
Schmeicheleien empfänglich.
Bei dem Wiedersehen mit Pacian traf er auch Blenda. Er hatte sie einst als Baby und später als
Kind gelegentlich gesehen, doch nun war sie dreiundzwanzig, genauso alt wie Niobes Körper, und
sie war so schön, daß der Raum sich zu erhellen schien, wenn sie eintrat. Es hätte eines Experten
bedurft, um sich zwischen ihr und der Hamadryade zu entscheiden, doch war sie eine Sterbliche.
Sie lächelte den Magier schüchtern an und verzauberte ihn durch
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