Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
sind es Cousins zweiten Grades, doch auf diese Weise wurde
eine Familie wiedervereint, die schon auseinanderzufallen drohte.« Dann richtete er seine
Aufmerksamkeit wieder auf sie. »Die Ironie besteht darin, daß du ihr tatsächlich ähnelst,
aber du bist nicht älter als meine Tochter.«
»Körperlich bin ich nie gealtert«, erklärte Niobe. »Mein Körper ist noch immer genauso alt wie
damals, als du zwölf warst. Als ich dich küßte und fortging.«
»Ach, dieser Kuß...«, murmelte er, als er sich daran erinnerte. Doch noch immer war er unfähig,
die Sache zu glauben. Blenda, die viel jünger war, hatte sich sehr schnell an die Wahrheit
gewöhnt und den Mund gehalten, doch im Alter von fünfzig Jahren war Pacian schon zu erwachsen, um
das Unmögliche ohne weiteres zu akzeptieren.
»Vielleicht hat der Magier ja einen Zauber für ewige Jugend, aber er selbst hat ihn jedenfalls
nie angewandt, und mit Sicherheit hatte er ihn noch nicht so rechtzeitig, als daß seine Mutter
ihn hätte verwenden können.«
»Ich wurde zu einem Aspekt der Schicksalsgöttin«, sagte sie. »Zu einer Inkarnation. Die bleiben
in ihrer körperlichen Entwicklung stehen, es sind ja auch Inkarnationen der Unsterblichkeit für
eine Weile. Deshalb bin ich als Clotho niemals gealtert.«
Er musterte sie erneut. »Schön bist du durchaus«, sagte er, als mache er ein Zugeständnis.
»Wahrscheinlich so schön, wie sie es war. Ich war ziemlich in sie verliebt...«
»Ich weiß.«
Er seufzte. »Also gut. Dann werde ich mich also mit der Vorstellung anfreunden, daß du sie in
ungealtertem Zustand bist. Ich bin sicher, die Sache läßt sich recht leicht überprüfen.
Der Magier wird es wissen.«
»Er weiß es auch.«
»Aber ich brauche eigene Beweise. Wenn ich mich richtig erinnere, so besitzt die Schicksalsgöttin
drei Aspekte...«
»Ja. Ich habe den Aspekt der Atropos angenommen, um Junior weiterhin besuchen zu können und
dich.«
»Atropos?«
»Den ältesten Aspekt der Schicksalsgöttin. Sie...«
»Du kannst dich verwandeln einfach so?«
»Ja.«
»Dann tu es.« Sie überließ ihren Körper Atropos. Pacian schüttelte den Kopf. »Nein, du bist nicht
sie.«
»Natürlich bin ich das nicht«, sagte Atropos. »Die Atropos, die du kanntest, hat ihr Amt
niedergelegt, um bei dir und dem Jungen zu bleiben, bis sie schließlich gestorben ist. Ich bin
ihre Nachfolgerin.« Sie überließ den Körper wieder Niobe.
»Und du warst auch da, körperlich die ganze Zeit?«
»Ja«, erwiderte Niobe.
»Da ist damals etwas passiert...«
»Die Prophezeiung.«
»Die ich zunichte machte. Ich heiratete Blanche. Sie war die prächtigste Frau...«
»Aber nicht die schönste ihrer Generation«, beendete Niobe seinen Satz. »Das stimmt, das warst
nur du.« Sie lachte. »Ja, das hat man mir auch erzählt. Und Blenda ist die schönste aus ihrer Generation. Sie hat die Prophezeiung erfüllt, indem sie...«
Sie brach ab, als ihr plötzlich die Zusammenhänge aufgingen. Sie starrte Pacian an. Er erwiderte
ihren Blick mit ähnlichem Erstaunen.
Dann wandte er sich von ihr ab. Niobe erhob sich hastig und ging fort.
Wieder in ihrem Fegefeuer-Heim, versuchte Niobe, sich auf ihre Spinnerei zu konzentrieren, doch
die anderen ließen sie nicht.
»Ich war ja damals nicht dabei«, sagte Atropos. »Aber was ist denn an Pacian auszusetzen?«
»Er ist der Vetter meines Mannes!« erwiderte Niobe.
»Dein Mann ist doch schon vor fast vierzig Jahren gestorben, nicht wahr?« fragte Lachesis. »Und
Pacians Frau vor vier Jahren. Also seid ihr jetzt beide frei.«
»Aber wir haben einander nie unter diesen Gesichtspunkten gesehen!«
»Aber er war doch verliebt...«, konterte Lachesis.
»Und du bist tatsächlich die Schönste...«, warf Atropos ein.
»Zur Hölle mit der Prophezeiung!« rief Niobe.
»Das hätte Satan gerne«, höhnte Lachesis.
»Zur Hölle mit Satan!«
»Wie lautete diese Prophezeiung genau?«
»Jeder der beiden Jungen würde die schönste Frau ihrer Generation besitzen«, sagte Niobe und
konzentrierte sich, um alles genau zu erinnern. »Jeder würde eine höchst talentierte Tochter
bekommen. Das eine Mädchen würde eine Inkarnation lieben, und das andere würde zu einer werden.
Nein, wartet da waren sogar zwei Prophezeiungen. Die habe ich miteinander verwechselt.«
»Das ist schon in Ordnung«, meinte Lachesis. »Erinnere dich an alles, was du nur kannst.«
»Beide sollten dem verworrenen Schicksalsfaden im Wege stehen«, sagte Niobe.
»Das sind wir!« warf Atropos
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