Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
Schädel. Der Dämon verdrehte die Augen und fiel in einer halben Drehung zu Boden. Mym
konzentrierte seine ganze Berserkerkraft auf die Faust und traf die Kreatur, die Ligeia an den
Haaren zog. Das Wesen wurde hochgerissen und prallte ein paar Meter weiter gegen die Wand.
Die drei übriggebliebenen Dämonen hatten inzwischen in ihrer Anstrengung nicht nachgelassen. Mym
hatte offensichtlich zu viel Schwung in den letzten Schlag gelegt, denn den drei Kreaturen gelang
es nun, die Prinzessin freizubekommen.
Der Prinz sprang einen der Dämonen an, die an den Beinen gezerrt hatten, bekam dessen Bein zu
fassen und riß so heftig daran, daß es zerbrach und abriß.
Der Prinz fuhr herum und mußte entdecken, daß die beiden letzten Kreaturen Ligeia aus dem
Restaurant zerrten. Nein, einer von ihnen hielt sie unter den Achselhöhlen und zog, während der
andere mit seinen Scheren ihre Schenkel bearbeitete. Im nächsten Moment würde er in seiner
Dämonenlust über sie herfallen und sie...
Plötzlich schrie die Prinzessin.
Mym hatte nie zuvor einen solchen Schrei vernommen. Wie ein Speer fuhr er durch die Hölle,
kreischte wie eine Säge durch Metall und brachte Glas zum Zerspringen. Die beiden Dämonen hielten
sich die Ohren zu und ließen von ihrem Opfer ab. Der mit den Scheren taumelte, brach zusammen und
schluchzte nur noch.
Mym machte dieses Geräusch nichts aus, denn er war Mars. Und ebenso zeigte sich Satan
unbehelligt. »Nun wißt Ihr, wer sie in Wahrheit ist«, erklärte der Teufel. »Ihr wollt Euch sicher
nicht mit einer solchen Ausgeburt einlassen, oder?«
»Was um alles in der Welt ist sie?« entfuhr es dem Prinzen.
»Eine Sirene, ein Wesen, das mit seiner Stimme zerstört. Daher wurde sie in ihrer Familie auch
als Schandfleck angesehen. Solche Mißbildungen werden in Dynastien nicht verbreitet, will sagen,
so etwas wird nicht zum Kinderkriegen weitergeleitet. Wegen ihres Schreis ist sie auch in der
Hölle gelandet.«
Mißbildung? Mym verstand als Stotterer sehr gut, was der Teufel ihm erklärte.
»Ich könnte sie eigentlich gleich an ihren Bestimmungsort bringen lassen«, sagte Satan. »Für mich
ist sie jetzt ohnehin nutzlos.«
Mym trat vor ihn. »Mir ist es gleich, ob sie Mißbildungen hat oder nicht. Für mich ist sie eine
Seele mit Würde.«
»Ein weiterer Grund, warum Ihr sie nicht haben dürft«, sagte der Höllenfürst. »Hätte sie sich zur
Mitarbeit bereit erklärt, hätte ich sie an Eurer Seite ziehen lassen. Doch nach dem, was eben
vorgefallen ist, werde ich sie nun in die Folterkammer expedieren.« Er warf einen Blick auf die
Dämonen, die am Boden lagen. »Vielleicht sollte ich sie vorher knebeln.« Er machte eine
Handbewegung, und eine Schlange erschien. Sie wand sich um Ligeias Kopf und verschloß den Mund
der Prinzessin.
Der Prinz erkannte, daß er sie nicht vor Satans direkter Folter beschützen konnte. Nicht hier im
Reich des Bösen. Aber vielleicht gelang es ihm ja, sie zu verstecken, zumindest für einige Zeit
dem direkten Zugriff des Bösen zu entziehen.
Er eilte zur Prinzessin, nahm sie auf und rannte aus dem Restaurant. Draußen erstreckte sich eine
endlose, flache Ebene. Wo konnte man sich hier verstecken?
Dann entsann er sich, immerhin Mars zu sein. Als Kriegsgott konnte er sein Äußeres und seine
Substanz ändern. Er brauchte dazu nur das rote Schwert zu berühren...
Doch das hatte er neben seinem Leib zurückgelassen.
Räumliche Trennungen unterbrachen allerdings nicht den Kontakt zwischen ihm und dem
Schwert.
Er mußte es nur wollen, und alles würde geschehen.
Er befahl sich, unsichtbar zu werden. Zwar konnte er danach immer noch sich und Ligeia sehen,
aber er hoffte...
Ein ganzer Schwarm von Höllenkreaturen stürmte aus dem Restaurant. »Zerreißt die Dirne in
Stücke!« rief Satan ihnen nach. »Sonst werdet Ihr an ihrer Stelle zerstückelt!«
Die Dämonen blieben nach wenigen Metern stehen und sahen sich um. Sie konnten ihre Beute nicht
ausmachen, obwohl Mym und die Prinzessin noch nicht sehr weit gekommen waren. Nur der Teufel
konnte sie sehen, denn als Inkarnation durchschaute er solche Magie sofort. Der Prinz wußte, daß
er mit Ligeia so rasch wie möglich von hier fortkommen mußte.
Er rannte los, mit Ligeia unter dem Arm. Sie weigerte sich, zu laufen, denn sie wollte für ihn
keine Behinderung darstellen und so dem Höllenfürsten das Spiel erleichtern. Die Prinzessin war
ein ehrenwertes Mädchen; es bereitete ihr großen Kummer, als
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