Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
sich in der letzten Zeit unsere
Aufgaben hin und wieder diametral gegenüberstanden«, begann er. »Ein unerquicklicher Zustand.
Sollten wir nicht überlegen, ob es zwischen unseren Ämtern keine Gemeinsamkeiten gibt?«
»Ich kann mir da keinerlei Berührungspunkt vorstellen«, entgegnete der Prinz. »Meine ganze
Sympathie gehört der Macht des Guten, während Ihr nichts als das Böse repräsentiert.«
»Laßt es mich einmal so ausdrücken: Wir beide stehen Ämtern vor, die einem wichtigen Zweck
dienen«, erklärte der Teufel. »So wie Ihr wißt, daß es immer Gewalt und Konflikte auf der Erde
geben muß, so weiß Ich, daß das Böse unter den Menschen nie ein Ende finden wird. Doch
gelegentlich ruft Gewalt Böses hervor. Manchmal entsteht aus Bösem Gewalt. Ich denke, das ist
doch ein Grund für uns beide, einen gemeinsamen Weg zu verfolgen.«
Mym hörte solche Worte nicht besonders gern, doch er mußte sich eingestehen, daß die Argumente
des Höllenfürsten von Logik gekennzeichnet waren. Vorsichtig fragte er: »Und was könnte das für
ein Weg sein?«
»Wohlan denn, es ist meine Pflicht, die Seelen der Menschen einzusammeln, die im Leben Böses
getan haben. Doch das ist nicht immer ganz einfach, denn viele Seelen sind nicht schwarz oder
weiß, sondern zeigen sich in den unterschiedlichsten Grautönen. Selbst der gute Thanatos hat
oftmals Mühe, sie einzuordnen. Die Situation hat mittlerweile ein Stadium erreicht, das nur noch
als kompliziert umschrieben werden kann. Ich möchte nun diesen Zustand beenden, indem die Dinge
etwas beschleunigt werden.«
»Es soll wohl zu mehr Gewalt kommen, oder?«
»Ganz recht. Wenn man sich ein Omelett machen will, muß man vorher Eier zerschlagen. Da nun der
Aspekt der Gewalt in Euer geschätztes Ressort fällt...«
»Möchtet Ihr, daß ich ein paar mehr Kriege ausbrechen lasse«, schloß der Prinz.
»Ich sehe, wir verstehen uns. Natürlich verlange ich nicht, daß gleich alle Staaten gegeneinander
in den Krieg ziehen. Aber ein paar Grenzzwistigkeiten mehr wären vielleicht ganz hilfreich.
Gerade genug, um den Strom der Seelen etwas zu beschleunigen... ihnen mehr Gelegenheit zu geben,
sich schon zu Lebzeiten für die eine oder andere Seite zu entscheiden.«
»Wenn ich Euch recht verstehe, so wollt Ihr, daß mehr Menschen den Tod finden.«
»Das wäre eine Möglichkeit, es auszudrücken. Davon abgesehen würde solches Tun dem Ansehen Eures
Amtes guttun.«
»Von dem Euren gar nicht erst zu reden, nicht wahr«, sagte Mym. »Dadurch würde es Euch auch
gelingen, eine größere Ernte einzufahren.«
»Nun ja, das Interesse am persönlichen Fortkommen ist doch legitim.«
»Vielen Dank, aber ich bin nicht interessiert«, rief der Prinz und erhob sich von der
Tafel.
Der Höllenfürst erhob sich ebenfalls, um seinen Gast zu beruhigen. »Man kann sich doch über
Geschäfte auf Gegenseitigkeit verständigen. Ich würde mich sicher bereit erklären können, diese
verdammte Seele, ich meine Ligeia, zu entlassen und Euch im Fegefeuer zur Verfügung zu
stellen.«
»Nein!« schrie die Prinzessin.
Der Teufel bedachte sie mit einem finsteren Blick, worauf sie sofort den Kopf senkte.
Mym wandte sich an sie: »Satan verlangt, daß Ihr hier bei uns bleibt. Dies verlange ich nicht.
Ich bin gekommen, Euch zu helfen, nicht aber, Euch zu unterdrücken. Und ganz sicher würde ich
Euch nicht in meinen Palast bringen, wenn Ihr dagegen Einwände hättet.«
»Nein, Mars, Ihr versteht nicht«, rief sie. »Ihr seid ein Prinz und wißt daher, daß es gewisse
Dinge gibt, die nur von Personen von Stand erkannt werden können. Ich bin mir sicher, daß das
Leben bei Euch angenehm wäre, und ich würde mit Freuden auf Euer Schloß ziehen, nur...«
»Doch nicht auf Geheiß des Teufels hin, nicht als Teil eines faulen Geschäfts«, beendete Mym
ihren Satz.
Sie nickte nur.
Der Prinz mußte sich eingestehen, daß Ligeia ihm immer besser gefiel. Sie hatte recht gehabt:
Unter Adligen herrschte eine besondere Form des Einverständnisses, die gewöhnliche Sterbliche nie
begreifen konnten. Somit durfte er davon ausgehen, verschiedene Punkte bei Ligeia als
selbstverständlich voraussetzen zu können; genau so, wie sie ihn nie auf verschiedene Dinge würde
aufmerksam machen müssen. So war es anfangs auch zwischen ihm und Entzücken gewesen, bis dann...
Außerdem wurde ihm erst recht bewußt, daß nur eine Frau aus königlichem Geblüt zu ihm paßte.
Deshalb hatte er Lila verschmäht, und
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