Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
schließlich die Schulter des Mannes. Sie war kalt wie Stein. Dann mußte es
sich hier um mechanische Puppen handeln, die zur Unterhaltung der Spaziergänger ein Liebesspiel
darboten.
Der Prinz spazierte weiter. Eine Brise zerzauste sein Haar.
Der Geruch von Erde und Bäumen verstärkte sich, und das Mondlicht wurde heller.
Mym drehte sich um, aber er konnte seinen Palast nicht ausmachen. Er schritt auf eine weitere
Statue zu. Sie war größer als alle anderen und wirkte noch lebendiger. Und die beiden hier
dargestellten Körper befanden sich in einer noch intimeren Umarmung. Man konnte diese Nackten
kaum noch von wirklichen Menschen unterscheiden. Der Prinz sah interessiert zu, denn diese
Liebesstellung war ihm unbekannt.
Dann wandte der Mann den Kopf und sah Mym an.
»Aha, der Herr des Palastes gibt sich die Ehre«, sagte er.
Überrascht fuhr der Prinz einen Schritt zurück.
Die Frau löste sich aus der Umklammerung, schob die langen, bloßen Beine über den Rand des
Podests und ließ sich darauf nieder. Sie besaß außerordentlich volle Brüste und eine wunderbare
Figur. »Kommt und macht mit bei uns«, lud sie Mym ein und breitete die Arme aus.
Eine Konkubine? »Wer seid Ihr?« fragte der Prinz und hielt dann überrascht inne, denn er hatte
gesprochen, ohne zu stottern.
»Ich bin Satan, die Inkarnation des Bösen«, stellte sich der Mann vor. »Und dies hier ist eine
von meinen zahllosen Gespielinnen, von denen eine jede lustvoller und verführerischer ist als die
andere.«
»Ihr seid Satan?« Wieder verwunderte sich Mym über das Ausbleiben seines Sprachfehlers. »Was
treibt Ihr hier in meinem Palastgarten?«
»Nicht ganz, Mars«, antwortete der Teufel. »Ihr seid ein wenig zu weit spaziert, Mars, und dabei
von Eurem Garten in meinen gelangt, was auch nicht verwundern kann, weil hier die schönsten Dinge
zu sehen sind. Doch macht Euch keine Gedanken, Ihr seid hier herzlich willkommen. Ich wollte Euch
ohnehin meine Aufwartung machen.«
»Seid Ihr der abendländische Teufel?« erkundigte sich der Prinz. »Man hat mich schon gewarnt, ich
solle vor Euch auf der Hut sein.«
»Der bin ich in der Tat«, gestand der Teufel völlig offen ein. »Ich trage den Beinamen Nefarius , was soviel heißt wie der Gottlose - und diesen Beinamen trage ich zu
Recht.«
Doch Satan sah nicht so aus, wie der Prinz ihn sich vorgestellt hatte. Nach seinen Studien der
abendländischen Kultur hätte er ein gehörntes Wesen mit Hufen und Schwanz erwartet. Doch dieser
Teufel sah ziemlich menschlich aus, selbst an seinem Liebesakt war nichts Übernatürliches
gewesen. »Was wolltet Ihr denn von mir?« fragte Mym.
»Nun, ich wollte mich vorstellen, wie es unter Nachbarn Brauch ist«, erklärte der Teufel. »Es ist
doch beileibe nicht einfach, das Amt einer Inkarnation zu übernehmen und sich sogleich
zurechtzufinden. So ist es die angenehme Pflicht von uns anderen Unsterblichen, einem Neuling mit
Rat und Tat zur Seite zu stehen.«
Mym zuckte die Achseln. »Darüber freue ich mich natürlich. Doch hörte ich von anderen, daß Ihr
Eurer Umwelt nur Schaden zufügen wollt, was als Inkarnation des Bösen auch Eure Amtspflicht ist.
Also werdet Ihr mir nicht helfen, sondern die Dinge für mich schwieriger und undurchschaubarer
machen wollen.«
Satan setzte sein entwaffnendstes Lächeln auf, und auch die Gespielin an seiner Seite lächelte
honigsüß. »Jetzt seht Ihr, wie wichtig es ist, sich persönlich kennenzulernen. Wie Ihr leicht
feststellen könnt, bin ich nicht so widerlich, wie andere mich darzustellen belieben. Kommt
näher, damit wir uns in Ruhe unterhalten können.« Er hüpfte vom Podest, ohne sich im geringsten
seiner Nacktheit zu schämen, und die Frau folgte ihm.
Ihre Brüste wippten dabei so sehr, daß Mym kaum den Blick davon wenden konnte. Was für ein
glücklicher Mann, der diese Frau zur Konkubine hatte!
Die drei begannen einen Spaziergang, und dabei spielte ein eigenartiges Licht um sie. Nicht, daß
die Dämmerung anbrach, alles um sie herum verbreitete Licht. Die Bäume glühten, der Boden unter
ihren Füßen ebenso und sogar sie selbst, so als sei in ihnen eine Lampe angeschaltet
worden.
In diesem Schein offenbarte sich der Garten in seiner ganzen Pracht als wahres Paradies.
Die Frau nahm seinen Arm, und Mym sah sie überrascht an. Das sonderbare Licht kam ihrer
Ausstrahlung ebenfalls zugute, verwandelten sie von einem berückenden Weib in eine weibliche
Erscheinung, der kein Mann mehr
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