Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
widerstehen konnte.
»Gefällt Euch Lilith?« (Nach der jüdischen Mythologie die erste Frau von Adam, die jedoch wegen
Ungehorsams verstoßen und danach die Mutter der Dämonen und Ungeheuer wurde. - Anm. d. Übers.)
erkundigte sich der Teufel. »Sie hat für alle Statuen in diesem Garten Modell gestanden, und sie
stellt sich sicher auch Euch gern zur Verfügung, ganz gleich für welche Kunstform Ihr sie
gebrauchen wollt. Sie verfügt über weit mehr Erfahrungen als jede sterbliche Frau.«
Also gehörte sie zu dieser Welt des Fegefeuers.
Mym hätte es sich denken können. »Seid bedankt, doch ich habe bereits eine Frau.«
»Ein Mann von Eurem Stand braucht hier im Fegefeuer eine Konkubine, mit der er sich sehen lassen
kann«, sagte Satan. »Und ein Mann von Eurer Statur kommt ganz bestimmt mit einer Frau nicht
aus.«
»Da muß ich Euch zustimmen«, antwortete Mym, »doch ein Prinz nimmt keine zur Konkubine, die schon
von einem anderen Mann benutzt wurde.«
»Kein Problem«, sagte der Teufel freundlich und schnippte mit den Fingern. Lilith verschwand, und
eine neue Frau erschien. Sie wirkte ebenfalls außerordentlich verführerisch, doch schien sie
unschuldiger zu sein als Lilith. »Das ist Lila. Sie wurde noch nie von einem Mann berührt.«
Lila lächelte den Prinzen an. Sie war weitaus attraktiver als alle Konkubinen, die Mym je
begegnet waren. Dennoch hatte er einige Zweifel.
»Ich weiß nicht, was Entzücken davon halten würde, wenn ich mir eine Konkubine aus dem Fegefeuer
nehmen würde.«
»Nun, Ihr könnt sie ja fragen«, lächelte Satan. »Lila steht Euch zur Verfügung, wann immer Ihr
sie ruft.« Er winkte ein wenig mit der Hand, und Lila verschwand. »Wie hat Euch denn Euer erster
Arbeitstag gefallen?«
»Ich hatte einiges zu tun«, antwortete Mym vorsichtig.
»Wenn ich recht informiert bin, hattet Ihr heute das Privileg, eine Schlacht in Eurer Heimat zu
überwachen.«
»Ich habe mich bemüht, die Kampfhandlungen so rasch wie möglich zu beenden.«
»Zu beenden? Aber warum denn das?«
»Weil dieses Blutvergießen sinnlos gewesen wäre. Es gab keinen vernünftigen Grund dafür, denn die
beiden Könige hatten längst Frieden geschlossen.«
Der Teufel nickte, ohne seine freundliche Miene abzusetzen. »Aha, ich verstehe, Ihr meint, wenn
der Frieden schon beschlossen ist, sollte es auch keine Kampfhandlungen mehr geben. Gewiß, diese
Auffassung entbehrt nicht einer gewissen Logik. Doch ist und bleibt eine ordentliche Schlacht
eine ordentliche Schlacht. Warum habt Ihr den Ablauf der Schlacht nicht genossen und Euch an den
Finessen der Feldherren erfreut?«
»Ein solches Gemetzel genießen!« entfuhr es dem Prinzen. »Was für eine Geschmacklosigkeit!«
»Aber, aber, ich bitte Euch, Mars, der Krieg ist ein ehrenwertes Geschäft, in dem sich viel Ruhm
und Ehre gewinnen lassen.«
»Eine solche Ansicht hätte ich von Schiwa erwartet«, murmelte Mym. »Der Krieg ist die Wurzel von
endlosem Übel. Nicht umsonst heißen meine Gehilfen Gemetzel, Hungersnot und Pestilenz.«
»Schiwa, das ist in Eurer Religion der Gott der Zerstörung, nicht wahr«, sprach Satan vor sich
hin. »Diese Gottesvorstellung gefällt mir. Doch bedenkt, in welchem Zustand die Welt wäre, wenn
es keinen Krieg gäbe. Wir beide wissen doch zur Genüge, daß die Sterblichen schwach und voller
Fehler sind. Stets sind sie unzufrieden mit ihrem Los, ganz gleich, wie gut sie es angetroffen
haben mögen. So trachten sie danach, ihre Umstände zu verbessern, und zwar auf Kosten ihrer
Nachbarn. Die Menschen nutzen die Schwächen ihrer Umgebung aus, bestehlen einander, versklaven
einander und weigern sich, einem Bedürftigeren etwas von ihrem Besitz abzugeben. Ganze Völker
sind schon von anderen Völkern in die Sklaverei geführt worden, manche Völker wurden von ihren
Fürsten und Führern mit Tyrannei überzogen... ach, um menschliches Leiden zu sehen, braucht man
an keinem Punkt der Erde lange zu suchen. Ich kenne mich aus, denn zu mir kommen die Seelen der
Menschen, die aus eigenem Antrieb Böses taten oder durch Umstände, wie ich sie eben beschrieben
habe, dazu verleitet wurden. Menschen behandeln einander nicht fair. Ein jeder will mehr, als ihm
zusteht, und wenn er die Macht dazu hat, nimmt er es sich von seinem Nachbarn. Doch nun mag man
fragen, ob es keinen Mechanismus für das friedliche Zusammenleben von Menschen gibt. Die Vernunft
etwa? Doch der Mensch handelt nicht vernünftig, auch wenn er sich gern als
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