Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
er nicht eine andere Inkarnation
geworden war, in der man ihm freundlichere Gehilfen zur Seite gab.
Wieder dachte er an die Fünf Ringe. Pestilenz kam ihm vor wie ein fauliges Stück Erde.
Dieser Vergleich hinkte allerdings, denn Musashi sprach an keiner Stelle von Fäulnis oder
Verfall. Er stellte das Wissen und die Details in den Vordergrund.
Gründliche Recherchen waren für ihn die Grundvoraussetzung jedes Handels. Der Kriegsmann, der
sich bestens informiert hatte, verschwendete keine Mühen und Zeit auf sinnlose Dinge.
Also mußte Mym sich erst einmal die notwendigen Informationen beschaffen. »Ich werde einige
Nachforschungen anstellen«, erklärte er seinen Gehilfen. Er stieg ab und sah sich um.
»Ganz in der Nähe befindet sich ein Außenposten der Regierungstruppen«, erklärte Eroberung und
deutete nach vorn.
»Das wird genügen.« Der Prinz marschierte auf das Gebäude zu, als plötzlich Männer heraustraten.
Grobschlächtige Gestalten mit abgetragenen Uniformen, die Gewehre und Messer trugen. Mym schritt
auf sie zu und drang in den Anführer ein.
Wieder befiel ihn Orientierungslosigkeit, aber etwas rascher als bei früheren Gelegenheiten
stellte er sich auf den Geist des Mannes ein. Der Soldat litt keinen Hunger und war kerngesund,
wenn auch verdreckt und mit seinem Leben unzufrieden. Seine Schulbildung war kaum der Rede wert,
er war nur deswegen der Anführer dieser kleinen Truppe, weil er von den vieren der stärkste war.
Mym entwickelte sofort eine Abneigung gegen den Mann, doch er blieb in ihm, weil ihm im
Augenblick keine bessere Informationsquelle zur Verfügung stand.
Der Trupp hielt sich hier nicht zufällig auf. Der Anführer konnte kaum lesen und erst recht nicht
schreiben. Er mußte sich in dieser Angelegenheit eines seiner Kumpane bedienen, der eine Karte in
der Hand hielt. »Der Hof liegt auf der anderen Seite des Baches. Wir müssen allerdings aufpassen,
er hält dort Wachhunde.«
»Mit Wachhunden sind wir schon bei ganz anderen Gelegenheiten fertig geworden«, lachte der
Anführer, und die anderen stimmten ein.
Sie schlichen zu einer kleinen Holzbrücke, die über das Flüßchen führte. Zwei abgemagerte Kinder
saßen dort. Sie streckten den vier Männern ihre schmutzigen, kleinen Hände entgegen und bettelten
um Süßigkeiten. Der Prinz verstand die spanischen Worte, denn ihr Sinn war in den Gedanken seines
Wirtskörpers zu lesen.
»Haut ab, ungewaschene Bande!« knurrte der Anführer. Er setzte die Stiefelspitze an die Schulter
des kleinen Jungen und trat zu. Mit einem Schrei flog der Knabe ins Wasser.
»Ihr seid eine Todesschwadron!« entsetzte sich das kleine Mädchen und sprang auf. »Ihr seid böse
Männer!« Sie drehte sich um und wollte davonlaufen.
»Sie darf nicht entkommen!« rief der Anführer. »Sie darf nicht ihre Familie warnen, daß wir im
Anmarsch sind!«
Ein Soldat lief hinter dem Mädchen her und bekam sie rasch zu fassen. Er zog sie an einem Arm zu
seinen Kameraden zurück. »Was machen wir denn mit ihr?« fragte er.
»Töten«, brummte der Anführer.
»Aber sie ist doch noch ein kleines Kind«, protestierte einer der Männer.
»Sie hat uns gesehen«, stellte der Anführer klar.
»Aber könnten wir nicht einfach...«
»Hast wohl schon die Hosen voll, was?« fuhr ihn der Anführer an. »Wir sind nicht zum Vergnügen
hier, sondern haben eine Arbeit zu erledigen.« Er zog sein Messer. »Gekreische können wir nicht
gebrauchen. Paßt auf, ich zeige Euch jetzt, wie man so etwas geräuschlos macht.«
Er griff mit einer Hand ins Haar des Mädchens, riß ihren Kopf zurück und setzte die Klinge an den
Hals.
Mym wartete nicht länger. Sein Wille drang in den Mann ein und lähmte seine Muskeln. Das Mädchen
war plötzlich frei und sank ohnmächtig zu Boden.
»Habt Ihr es mitbekommen? Kein Geschrei und keine Geräusche«, sprach Mym durch den Anführer. Das
war nicht ganz einfach, weil er des Spanischen nicht mächtig war und so über das Gehirn des
Mannes die Worte herauszwingen mußte.
»Ja«, antwortete der besorgte Kamerad erleichtert. »Ich dachte doch tatsächlich, du wolltest sie
abstechen.«
Myms Wille zog sich aus dem Soldaten zurück und überließ ihn seiner mißlichen Lage. Er hatte
etwas getan, was nach seiner Meinung sinnlos war; er hatte das Mädchen tatsächlich umbringen
wollen.
Wie sollte er seinen Kameraden erklären, daß er sie nicht getötet hatte?
Er zog es vor, so zu tun, als sei alles nach Plan verlaufen. »Jetzt wißt
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