Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
große Freude.«
Sie gingen miteinander ins Bett, und einstweilen war wieder alles in Ordnung.
Bald wurde Mars wieder benötigt. Diesmal führte ihn seine Mission nach Zentralamerika. Eroberung,
Gemetzel, Hungersnot und Pest waren schon hocherfreut, endlich wieder etwas zu tun zu haben, dem
Prinzen aber fehlte es an jeder Begeisterung. Er fragte sich in diesen Tagen immer häufiger, ob
er der geeignete Mann für diesen Posten war. Blutvergießen, Not und sinnloses Morden brachten
keinerlei Befriedigung, er hätte am liebsten den Krieg ganz vom Angesicht der Erde verbannt. Doch
wenn ihm das gelänge, wurde er sein Amt verlieren, und was geschähe dann? Ob sein Leben damit
beendet wäre und er ins Nirwana gelangen würde?
Er hatte erfahren, daß neuen Inkarnationen eine Probezeit zustand, nach der sie selbst
entscheiden durften, ob sie weitermachen oder aus dem Amt scheiden wollten. Vielleicht sollte er
diese Möglichkeit nutzen. Er vermutete, daß ihm dann gestattet würde, sein normales Leben
fortzusetzen. Doch was dann? Könnte er einfach so den Thron von Gudscherat besteigen und seinen
Doppelgänger davonjagen? Um dann die Prinzessin von Radschastan heiraten zu müssen?
Vielleicht könnte er in den Körper eines anderen schlüpfen und an einem anderen Ort sein Leben
fortsetzen. Und dann? Womöglich landete er im Westen, was sicher neu und anfangs aufregend wäre,
aber dann? Er war ein Prinz und hatte leider sonst nicht viel gelernt. Und im Westen hatten die
Arbeitsämter sicher einige Mühe, einen stellungslosen Prinzen zu vermitteln. Gar nicht erst zu
reden von seinem Sprachfehler. Mit seinem Singsang kam er einigermaßen zurecht, allerdings nur,
weil er als Prinz und erst recht als Mars über beträchtliche Macht verfügte.
Nein, es half alles nichts, er würde sich mit dem Mars-Amt abfinden müssen. Und wenn es ihm
gelungen war, den Krieg abzuschaffen, mußte er sich in das zurückziehen, was das Nachleben ihm
bot. Er konnte sein Leben nach Musashi, dem Autor der Fünf Ringe, ausrichten und sich
darin üben, sein Leben in Demut und harter Arbeit zu vervollkommnen.
Das Werk zeigte den Weg zur Vervollkommnung in recht einfacher Weise, vor allem das erste Kapitel
über das Element Erde: ehrlich sein; viel lernen; sich über alle Künste und Berufe Wissen
aneignen; zwischen wahrem Gewinn und wahrem Verlust unterscheiden lernen; ein intuitives Urteil
erwerben; das wahrnehmen, was nicht auf Anhieb gesehen werden kann; auch Belanglosigkeiten
Aufmerksamkeit schenken; nichts Sinnloses tun, nicht seine Zeit verschenken. Im Grunde war dies
die Anweisung, ein aufrichtiges, aufmerksames und zielgerichtetes Leben zu führen. Doch das war
leichter gesagt als getan. Wie hätte sich Musashi Entzücken gegenüber verhalten?
Mym seufzte. So weit ihm bekannt war, hatte der große japanische Samurai nie geheiratet und auch
sonst wenig mit der Weiblichkeit zu schaffen gehabt. Vielleicht machten Frauen ein
zielgerichtetes Leben unmöglich.
Der Prinz erreichte mit seinen Gehilfen das Kampfgebiet. Sie befanden sich in einem dichten
Dschungel. »Was geht hier vor?« erkundigte sich Mym.
»Die Lage ist etwas verworren«, antwortete Eroberung. »Wir haben es hier mit einem Guerillakrieg
zu tun, der schon seit einigen Jahren schwelt. Ich war etwas überrascht, als der Konflikt vor
Eurer Amtserhebung erlosch, denn an den Ursachen hat sich bis zum heutigen Tag nichts
geändert.«
»Da hatte der Teufel seine Hand im Spiel«, sang der Prinz. »Er mochte meinen Vorgänger
nicht.«
»Ja, die Zahl derer, gegen die Satan etwas hat, ist Legion.«
»Wir wissen also nicht, wie hier die Front verläuft, denn ein Guerillakrieg wird im Verborgenen
geführt«, erklärte Mym. »Wir können nur davon ausgehen, daß das Blut Unschuldiger vergossen
wird.«
»Natürlich!« frohlockte Gemetzel.
»Es gibt Hinweise darauf, daß etwas von übergeordneter Bedeutung an diesem Ort stattfinden soll«,
sagte Eroberung. »Darum ist auch unsere persönliche Überwachung erforderlich.«
»Ich hätte mir denken können, daß hier nicht nur ein kleines Scharmützel stattfinden soll«, sang
Mym mißmutig. »Worum also geht es?«
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Pestilenz. »Aber ich glaube, es hat mit meinen Kräften zu
tun. Ich spüre eine merkwürdige Anspannung in mir.«
Der Prinz sah ihn an. Auf dem Gesicht des Gehilfen wimmelte es von Maden und Käfern. Wenn er sich
bewegt, stiegen Fliegen von ihm auf. Mym fragte sich, warum
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