Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
dabei nicht den Hinweis vergessen, daß Luna und Orb miteinander verwandt sind.«
»Beide sind gute und geachtete Frauen.«
»Was man von Euch nicht unbedingt behaupten kann.«
»Was man von mir tatsächlich nicht behaupten kann.«
»Außerdem habt Ihr Entzücken weisgemacht, Ihr wärt nur durch einen Irrtum in die Hölle
geraten.«
»Da muß sie mich mißverstanden haben. Nein, ich bin eine Dämonin und habe nie eine sterbliche
Existenz besessen. Doch hat das den Vorteil, daß ich Euch bei den merkwürdigsten und seltsamsten
Liebespraktiken willig zur Verfügung stehen kann.«
Wütend packte er sie am Arm, wußte aber nicht, was er mit ihr anstellen sollte. Dabei kam er ihr
so nahe, daß ihr betörendes Parfüm in seine Nase drang und ihr warmes Fleisch sein Blut in
Wallung brachte. »Ihr dürft mich gerne schlagen«, murmelte sie, »oder alles andere mit mir
anstellen, was Euch Lust bereitet.«
Unvermittelt ließ er sie los. »Nichts, was Ihr zu bieten habt, könnte mehr als Abscheu in mir
hervorrufen!« gab er barsch zurück, machte auf dem Absatz kehrt und eilte in seinen Palast
zurück.
»Jede Lüge aus Eurem Mund«, rief sie ihm lachend hinterher, »bringt Euch Satan näher, denn er ist
der Vater der Lüge.«
Er schritt weiter und reagierte nicht auf ihre Worte. Doch als er wieder allein in seinem Gemach
war und die Einsamkeit stärker als zuvor verspürte, hallten ihm Lilas Worte ununterbrochen im
Kopf wider. Die Fünf Ringe rieten dringend, niemals unehrenhaft oder unehrlich zu denken,
und eben hatte er gelogen. Denn Lilas Schönheit ließ ihn durchaus nicht kalt. Auch ihre
Bereitschaft, sich ihm hinzugeben, brachte ihn in arge Versuchung. Schließlich wollte er sie ja
nicht heiraten! Er suchte nur nach einem kleinen Nachtvergnügen. Warum hatte er sie also nicht in
seinen Garten gelassen?
Lag es an dem, was Lachesis über die Wege des Satans gesagt hatte? Wenn Satan es tatsächlich
bewirkt hatte, Mym erst von Orb und dann von Entzücken zu trennen, dann wollte der Prinz nichts
mit den Machenschaften der Inkarnation des Bösen zu tun haben. Und wenn er es recht bedachte, so
hatte der Teufel seine Lila nicht nur auf ihn, sondern auch auf Entzücken angesetzt.
Sie war es doch gewesen, die seiner Verlobten den Kopf verwirrt und ihr Suffragetten-Gedanken
eingegeben hatte. Mym beglückwünschte sich jetzt dafür, Entzücken aus dem Einflußbereich der
Dämonin gerissen zu haben. Sollte er da nun selbst auf Lila hereinfallen? Niemals!
Endlich schlief er ein und träumte, daß Lila neben sein Lager trat und verführerischer wirkte als
je zuvor. Wütend wachte er auf und stellte fest, daß er allein war. Doch gelang es ihm nicht
mehr, Ruhe zu finden.
Sein nächster Auftrag führte ihn nach Afrika ins Land Kusch. Einige Stämme im Norden dieses
Königreichs rebellierten gegen die Regierung, es war schon zu schweren Kämpfen gekommen.
Natürlich erwartete ihn auch hier eine komplizierte Situation, denn zu gewöhnlichen
Auseinandersetzungen wurde Mars nicht gerufen.
»Was geht denn hier vor?« fragte er daher Eroberung, während sie zum Schlachtort ritten.
»Es scheint etwas mit der Zeit zu tun zu haben«, antwortete der weißgekleidete Gehilfe. »Doch
leider wissen wir noch nichts Näheres.«
Die ihm unterstellten Inkarnationen schienen nur selten über ausreichende Informationen zu
verfügen. Der Prinz sagte sich, daß das wohl ursächlich mit ihrer untergeordneten Stellung zu tun
hatte. Daher blieb es ihm überlassen, sich über die Lage ins Bild zu setzen und danach zu
entscheiden, was er unternehmen sollte. Doch wenn der Auseinandersetzung ein zeitliches Problem
zugrunde lag, würde er sich mit Chronos beraten müssen.
Sie ritten über heißen, verdorrten Boden. Seit Jahren herrschte hier schon Dürre; eine Mißernte
war der nächsten gefolgt.
Sie erreichten den Schlachtort. Die Regierungstruppen waren vor einem Rebellenstützpunkt in
Stellung gegangen. Rund um das Dorf der Aufständischen lagen Schützengräben. Auf den ersten Blick
entdeckte der Prinz nichts Ungewöhnliches.
»Ich werde jetzt einige Nachforschungen anstellen«, erklärte Mym, stieg ab und näherte sich dem
Dorf.
Er kletterte in den ersten Schützengraben, entdeckte dort einen Rebellen und drang in ihn ein.
Die erste Verwirrung währte nicht lange, und nach wenigen Minuten war er in der Lage, mit den
Sinnen des Mannes wahrzunehmen und dessen Gedanken zu lesen.
Bei dem Rebellen handelte es sich um einen
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