Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
sicher recht, aber andererseits empfahlen die Fünf Ringe, zuerst die
stärksten Festungen des Gegners einzunehmen.
Doch hatte Musashi es je mit dem Teufel zu tun gehabt?
----
11. Kapitel
Chronos
Entzücken hatte sich wirklich Mühe gegeben, auf der Erde ein neues Betätigungsfeld zu
finden.
Endlich wurde ihre Sache von Erfolg gekrönt. Sie erhielt an der Universität von Kilvarough einen
Zeitvertrag als Dozentin für indische Kultur. Luna hatte sie nach Kräften unterstützt, und
Entzücken stürzte sich mit Feuereifer in die Arbeit. Sie sprach sowohl Englisch als auch die
meisten indischen Dialekte und kannte sich auch in der Kunst der einzelnen Regionen ihrer Heimat
aus. Sie erhielt ein ordentliches Gehalt und konnte Luna sogar Miete für ihre Unterkunft
bezahlen. Vor allem bekam sie ein Gefühl der Unabhängigkeit, so daß sie ihr Leben in einem
begeisternden neuen Licht sah.
Thanatos hielt sein Wort und brachte sie jeden Morgen auf die Erde und jeden Abend zum
Mars-Palast zurück. Zuerst hatte sich Entzücken ein wenig vor dem Knochenmann gefürchtet, doch
Luna hatte ihr alle Angst genommen. »Zane«, so nannte sie ihren Gönner, »ist keineswegs der
grimmige Bursche, für den er gemeinhin gehalten wird. Er sieht vielleicht etwas seltsam aus, aber
er ist ein ehrlicher und tüchtiger Mann, der seine Arbeit mit großer Gewissenhaftigkeit
erledigt.«
So lernte Entzücken, Thanatos und seine Areit zu respektieren. Doch einen letzten Rest Unbehagen
verlor sie nie, denn in ihren Augen war die Arbeit des Todes ebenso grausig wie die ihres
Verlobten.
Mym freute sich darüber, daß Entzücken Arbeit gefunden hatte; es bereitete ihm Vergnügen, wie
ernsthaft sie sich auf ihre Stunden vorbereitete.
Doch er erkannte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daß ihre neue Tätigkeit ihre Beziehung ziemlich
bald gefährden sollte. Entzücken beschwerte sich nie bei ihm und bedrängte ihn auch nicht, doch
er spürte immer häufiger eine gewisse Spannung zwischen ihnen, wenn das Thema auf ihre und seine
Arbeit kam. Bald hielt er es für ratsamer, ihr nicht mehr allzuviel von dem zu erzählen, was er
im Verlauf des Tages getan hatte; denn bei den blutigen Details zuckte sie zusammen und
entwickelte eine Abscheu, die dem nächtlichen Zusammensein den Garaus zu machen drohte. So konnte
es nicht lange dauern, bis auch die körperliche Seite ihrer Liebe zunehmend problembeladener und
unbefriedigender wurde.
Mym fragte sich immer häufiger, was er gegen diese unerfreuliche Entwicklung tun konnte.
Natürlich hegte auch er Zweifel an der Arbeit seines Amtes; doch die hatte er weitgehend
verdrängt, weil sich ihm keine Alternative bot. Es kam ihm wie eine grausame Ironie vor, daß
dasselbe Amt, das ihm dazu verholfen hatte, doch noch mit Entzücken zusammenzukommen, ihre Liebe
nun gefährdete.
Dann kam die Nacht, in der Entzücken nicht in den Palast zurückkehrte. Sie schob als
Entschuldigung eine Diskussionsveranstaltung vor, an der sie unbedingt teilnehmen mußte. Daher
wollte sie über Nacht bei Luna bleiben.
Mym brachte Verständnis für sie auf, und seine Vernunft sagte ihm, daß Entzückens Gründe
einleuchtend waren. Aber sein Gefühl schloß sich dieser Logik nicht an. Mym tat in dieser Nacht
kein Auge zu. Seine Unruhe wurde von Stunde zu Stunde größer. Endlich erhob er sich und wanderte
durch den Park.
Lila erwartete ihn an der Grenze zum Garten des Teufels. »Ich denke, Ihr könnt jetzt sehr gut
eine Konkubine gebrauchen«, begrüßte sie ihn. »Gestattet mir, Euren Park zu betreten, und ich
will Euch Vergnügungen bereiten, wie Ihr sie Euch nicht erträumt habt.«
Der Prinz sah sie an. Die Dämonin trug ein kurzes, beinahe durchsichtiges Gewand. Das Haar floß
wie ein mitternächtlicher Seidenstrom bis zu den Schultern herab. Ihre Figur war makellos.
Doch Mym, der schon andere wunderschöne Frauen besessen hatte, konnte sich nicht zu diesem
Schritt durchringen. Außerdem war und blieb sie eine Kreatur des Teufels. Und solcherlei Dämonen
wollte er nicht auf seinem Grund und Boden sehen. »Ihr!« erklärte er. »Gerade Ihr wart es doch,
die Entzücken diesen Floh von der weiblichen Unabhängigkeit ins Ohr gesetzt habt!«
Lilas Augen weiteten sich in aller Unschuld. »Aber ich bitte Euch, wir haben uns lediglich ein
wenig unterhalten, sie wollte lediglich wissen, wie denn die Frauen im Abendland leben. Ich habe
ihr nur von solchen Dingen erzählt, die auch der Wahrheit entsprechen.«
»Und
Weitere Kostenlose Bücher