Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
Krankheit ist, aber er tut sein
Bestes.«
»Soll ich deinen Freund zum Wal bringen?« fragte Orb.
»Nein, er hat gesagt, er will bei mir bleiben. Ich kümmere mich um ihn.«
»Ich könnte versuchen, ihn mit einem Lied gesund zu machen«, schlug Orb vor.
»Sind denn deine Fähigkeiten zurückgekehrt?« freute sich Lou-Mae.
»Ich weiß es nicht.« Orb kniete sich neben den Drummer, nahm seine heiße Hand und sang ihm das
Lied des Morgens. Das Wechselspiel von Hell und Dunkel kam, gefolgt von der Dämmerung, aber
ansonsten tat sich nichts. Orb wußte schon nach wenigen Strophen, daß sie ihn nicht heilen
konnte. Das Chaos war noch lange nicht besiegt.
»Er wird es schon durchhalten«, meinte Lou-Mae schließlich.
»Ich melde mich später noch einmal«, erklärte Orb.
Dann fiel ihr etwas ein. Sie löste die Kette von ihrem Hals. Daran hing das Amulett aus
Mondstein, das der Zauberer ihr in ihrer Kindheit geschenkt hatte. Als Inkarnation war sie auf
solchen Schutz nicht mehr angewiesen. Sie reichte Lou-Mae die Kette. »Bitte trag den Stein«,
sagte sie. »Es handelt sich dabei um ein magisches Stück, das dich vor allen Unbilden bewahren
wird.«
»Aber...«
»Ich möchte, daß du es trägst. Und nimm es nie ab.«
Damit kehrte sie zum Wal zurück. Sie beriet sich kurz mit Jezebel und dem Gitarristen und
beschloß dann, nach ihren anderen Freunden zu sehen. Mit ihrer besonderen Methode des Reisens war
ihr diese Rundschau innerhalb kürzester Zeit möglich.
Tinkas Wagen stand fest und geschützt in einer Grotte auf dem Berg.
Die Nixe hatte sich in eine unter Wasser liegende Höhle an der neuen indischen Küste
zurückgezogen.
Auf Betsys Farm floß das Wasser langsam ab.
Das Unwetter hatte überall viel Schaden angerichtet, und viele Menschen hatten ihr Leben lassen
müssen. Aber das Chaos schien besiegt zu sein.
Doch war es das wirklich? Orb wollte lieber nicht davon ausgehen. Sie wendete in Gedanken die
Seite und versetzte sich nach Fegefeuer. Ruhelos begab sie sich von dort zum Palast der
Kriegsinkarnation.
Am Tor wurde sie von einer finsteren Gestalt empfangen, die sich die Kapuze tief ins Gesicht
gezogen hatte.
»Mym?« fragte sie vorsichtig.
Die Gestalt zog die Kapuze zurück. Das Gesicht des Wesens war eine einzige wimmelnde und klebrige
Masse von Maden und Eiter.
Orb kreischte.
»Danke«, strahlte das Wesen. »Was ist Euer Begehren?«
Orb schluckte und sagte dann: »Ich... ich möchte Mars sprechen.«
»Und wer seid Ihr, daß Ihr ihn sprechen wollt?«
Orb erkannte erst jetzt, daß sein Mund von den Maden geformt wurde.
»Teilt ihm mit, eine... eine Freundin wolle ihn sehen.« Sie fühlte sich in der Gegenwart dieses
Wesens so unbehaglich, daß sie ihm nicht verraten wollte, wer sie war.
Der Kapuzenmann drehte sich um und marschierte in den Palast. Orb war froh, daß er sie nicht
aufgefordert hatte, ihn zu begleiten. Großer Gott, mit was für Freunden umgab sich Mym?
Nach einer Weile kam eine wunderschöne Frau heraus. Sie erschien im wahrsten Sinn des Wortes,
denn von einem Moment auf den anderen stand sie vor Orb.
»Lilith!« rief Orb, als sie sie gleich wiedererkannte.
Die Dämonin lächelte freundlich, war aber überrascht. »Haben wir uns irgendwo schon einmal
kennengelernt?«
»Nicht im eigentlichen Sinn. Aber Ihr seid doch Myms Konkubine, nicht wahr?«
»Das stimmt. Und wer seid Ihr?«
»Eine alte Liebe von ihm.«
»Doch nicht etwa Entzücken von Malachit?«
»Nein, unsere Liebesaffäre liegt noch länger zurück.«
Lilith dachte kurz nach, dann ging ein Strahlen über ihr Gesicht. »Ihr seid die, die ein Kind von
ihm empfangen hat! Verzeiht, ich hätte Euch gleich wiedererkennen sollen. Mym hat nie aufgehört,
Euch zu lieben... Kommt ins Haus. Ich bin sicher, daß er Euch empfangen wird.«
Aber Orb mußte einfach noch eine Frage loswerden. »Da war eben so ein widerlicher Kerl mit einem
Gesicht voller Eiter und Maden hier...«
»Ach, Pestilenz, einer von Myms Gehilfen, eine niedere Inkarnation. Er ist gerade im Dienst,
deswegen stand er auch am Tor. Nun ja, es dauert gewöhnlich eine Weile, bis man die guten Seiten
an ihm erkennt.«
»Er ist im Dienst...« Orb hatte einen schrecklichen Verdacht.
»Ja, er überwacht die Ausbreitung von Ungeziefer, Seuchen und Schimmel. Er ist überglücklich. Nie
zuvor hat er so ideale Bedingungen vorgefunden wie in diesen Zeiten.«
»Die Algen!« entfuhr es Orb.
»Ja, die auch«, bemerkte Lilith beiläufig. »Aber die sind harmlos. Die Pilze und der
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