Inkasso Mosel
noch geschäftlich?«
»Hast du noch Unterlagen von der Geiselnahme?«, wandte sich Walde an Meier. »Ich würde gerne einen Blick hineinwerfen.«
»Warum interessierst du dich auf einmal dafür?«
»Ich hab’ da so ein Gefühl. Der Tod von Harras’ Tochter und die Freilassung der Geiselnehmer könnten zusammenhängen.«
»Das meiste hat die Staatsanwaltschaft, ich kann mal nachsehen, was bei uns noch so rumliegt«, Meier ging zur Tür.
»Ich helfe dir«, schaltete sich Grabbe ein. Er humpelte aus dem Zimmer. Walde fiel auf, dass sein rechtes Hosenbein um das Knie spannte, obwohl die Hose weit geschnitten war.
»Warst du gestern Abend noch zu Hanna Harras’ Wohnung?«, rief Walde ihm nach.
»War nix, keine Spur von Balzer, das Siegel an der Tür war unberührt. Vielleicht war er zufällig dort unterwegs.«
»Zufällig?«
Als die beiden das Büro verlassen hatten, wandte sich Gabi an Walde: »Wenn ich mir’s recht überlege, war es der absolute Wahnsinn, den ich dir da gestern Abend angeboten habe. Du hättest wer weiß was von mir verlangen können.« Sie atmete tief durch. »Zum Beispiel, dass ich nicht mehr rauchen darf oder schlimmer noch«, ihre Augen waren vor Schreck geweitet, »nur noch Schuhe mit flachen Absätzen tragen dürfte …«
Grabbe hockte zwischen zwei offenen Schranktüren in Meiers Büro auf dem Boden und schichtete Akten von einem Stapel auf den anderen.
»Störe ich?«, fragte Walde beim Eintreten.
»Sekunde, wir sind gleich durch«, sagte Meier, der neben Grabbe stand und beobachtete, wie sein Kollege einen Stapel in den Schrank zurückwuchtete und wieder umständlich auf die Füße kam.
»Mehr ist nicht von der Geiselgeschichte da. Den Rest hat die Staatsanwaltschaft.« Meier reichte Walde einen verschlissenen grünen Aktendeckel. »Aber hast du das schon gesehen?« Er zog eine zusammengefaltete Bildzeitung aus der Innentasche seiner Jacke. Neben der Schlagzeile »SCHLAFKAMMER LÄSST GEISEL-GANGSTER FREI« war ein Foto abgebildet, das einen roten BMW Z3 mit dem Kennzeichen TR zeigte, der Rest war geschwärzt. Aus dem Fenster der Fahrerseite war eine Hand mit erhobenem Mittelfinger gestreckt.
Meiers Kehle entfuhr ein Glucksen.
»Was gibt es zu lachen?«, fragte Grabbe.
»Ich habe nicht gelacht«, sagte Walde.
Bei Meier verstand es sich von selbst, dass er Gefühlsäußerungen dieser Art normalerweise nicht von sich gab. Dennoch erinnerte sich Walde noch zu gut daran, wie Meier im Frühjahr regelrecht ausflippte, als Grabbe im Moselschlamm gelandet war.
Grabbe zog sich stöhnend am Schrank hoch. Aus der Nähe erkannte Walde Hautabschürfungen auf Grabbes Stirn und Wange.
»Du siehst ziemlich lädiert aus«, sagte er zu seinem Kollegen und deutete auf die Schürfwunden auf der rechten Gesichtshälfte, die durch eine Jodtinktur noch mehr auffielen.
»Das ist noch gar nichts.« Grabbe ließ sich mit ausgestrecktem Bein auf einen Stuhl sinken und verzog dabei sein Gesicht. »Du müsstest mal mein Knie sehen!«
»Hast du auch einen Russen getroffen?«
»Nein, einen Engländer!«
»Wie bitte?« Bei Walde blitzte das Bild von englischen Hooligans auf.
»Scheiß Radfahrer.«
»Warst du bei einem Radrennen?«
»Zum Glück hatte ich einen Helm auf.« Grabbe wickelte ein Hosenbein hoch und zog Kühlakkus aus einem Verband, den er um das Knie trug. »Am unteren Mattheiser Weiher kam mir in der Kurve ein Radfahrer auf der falschen Seite entgegen. Das hat vielleicht gekracht. Ich bin im hohen Bogen auf dem Asphalt gelandet.«
»Und der andere?«
»Der Frau ist nichts weiter passiert, die war zum Glück ziemlich langsam und …«, Grabbe flüsterte, »… du wirst es nicht glauben. Es war eine Engländerin, die mir auf meiner Spur entgegenkam.«
»Bei allem Mitgefühl«, Walde konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. »Das ist ja nicht zu fassen.«
»Und obendrein hat sie noch Radfahrerflucht begangen.«
»Woher weißt du denn, dass es eine Engländerin war?«
»Das hab’ ich am Akzent gehört, als sie mir hochgeholfen und gefragt hat, ob ich mir etwas getan hätte.«
»Dann war es keine Fahrerflucht!«
»Sie hätte sehen müssen, was sie angerichtet hat«, sagte Grabbe. »Ich habe unter Schock gestanden und bin gleich wieder aufs Rad und weitergefahren. Erst unten in St. Mattheis fingen die Schmerzen an und mir ist aufgefallen, dass das Vorderrad einen gewaltigen Achter hatte.«
Auf dem Weg zu seinem Büro begegnete Walde dem Polizeipräsidenten.
»Hab’
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