Inkasso Mosel
die Fliesen fiel. Walde schaute in eine Kiste nach der anderen, nirgends war das Glas mit den Kaffeebohnen zu finden.
»Es dauert noch eine Weile«, vertröstete er die beiden.
»Wie ist das passiert?«, Grabbe tippte an seine Augenbraue.
Walde erzählte, was sich in der Nacht zugetragen hatte.
»Und warum hat er dich zusammengeschlagen?«
»Ich vermute, es handelt sich um einen Schuldeneintreiber, der mich verwechselt hat.«
»Wie kann denn so was passieren?«, wunderte sich Grabbe.
»Es ist halt passiert«, Walde wollte den genauen Grund nicht preisgeben.
»Wie sah der Kerl denn aus?«, fragte Grabbe.
»Na, so groß«, Walde hielt eine Hand in Kinnhöhe.
»Das sind ein Meter fünfundsiebzig bis Einsachtzig«, sagte Meier.
»Dunkles Haar, braune Augen, glatt rasiert.«
»Damit fallen schon mal zwei Drittel der männlichen Bevölkerung aus dem Kreis der Verdächtigen.«
»Ah ja«, sagte Walde. »Mir fällt noch was ein.«
Die Kollegen hielten beide in ihren Arbeiten inne.
»Er hat die Angewohnheit, Pfefferminzbonbons zu lutschen.«
»Interessant«, kommentierte Meier spöttisch und nahm seine Arbeit wieder auf.
»Er hat den Namen des Betriebs genannt, für den er Geld eintreibt. Schwarz-Weiß-Druck oder so … Jetzt hab’ ichs, Rotdruck hieß die Firma.«
»Die sitzt in der Karl-Marx-Straße«, sagte Grabbe. »Es ist möglich, dass da jetzt noch gearbeitet wird.«
»Das krieg’ ich raus.« Walde öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Minka nutzte die Gelegenheit, wischte zwischen seinen Beinen hindurch und machte ohne Zögern einen Satz aufs Bett, wo sie sich zwischen Uli und Jo kuschelte, die immer noch schliefen.
*
Balzer parkte seine schwarzes Coupé in der Nähe der Sporthalle auf dem südlichen Uniparkplatz. Die wenigen Autos, die hier am Samstagnachmittag geparkt waren, machten den Eindruck, als hätten sie ihren Besitzern den Dienst verweigert und seien stehen gelassen worden.
Auf dem Weg zur Fußgängerbrücke über die Kohlenstraße nahm er die dunkle Wollmütze aus der Tasche seines Trenchcoats und zog sie sich über. Er schlug den Kragen hoch und versicherte sich, dass er die Schlüssel eingesteckt hatte.
Wie nicht anders am Samstagnachmittag zu erwarten, waren in der Straße Am Weidengraben alle Parkplätze belegt. Bis dicht an die Bushaltestelle gegenüber dem Haus, auf das er zustrebte, standen die Autos. Vor der Haustür zog er mit den Schlüsseln die Handschuhe aus der Tasche und schaute sich um.
Im Haus war es ruhig. Die meist älteren Bewohner hielten wahrscheinlich ihren Mittagsschlaf. Balzer wollte ursprünglich in der Nacht kommen, hatte sich dann aber für den Nachmittag entschieden. Sicherheitshalber mied er den Fahrstuhl und nutzte das Treppenhaus. Auf dem Flur vor Hannas Wohnung erzeugten seine Schuhsohlen Quietschgeräusche, die er nicht vermeiden konnte. Er spürte, wie sich unter der Mütze ein Schweißtropfen löste und über seine Schläfe lief. Er durchtrennte das Papiersiegel mit dem Schlüssel, bevor er Hannas Wohnungstür öffnete und schnell wieder hinter sich zuzog.
Balzer atmete den Geruch der Wohnung ein und hielt für einen Moment inne. Die Türen zu den Zimmern standen offen. Er lauschte. Nichts. Hier konnte niemand sein, sonst wäre das Siegel beschädigt gewesen. Die Wohnung wirkte wie an dem Abend, als er zum letzten Mal hier gewesen war.
Er ging ins Arbeitszimmer. Ihm war, als habe er etwas gehört. Die Handschuhe behinderten ihn, als er den Computer einschaltete. War da jemand an der Wohnungstür? Nur die Laute des anlaufenden Rechners waren zu hören. Er schlich zur Tür zurück. Als er den Kopf in die Diele streckte, schaute er in die Mündung einer Pistole.
»Hände hoch! Polizei!«
Um ein Haar hätte sich Balzer in die Hose gepinkelt. Er wurde rüde an eine Wand gestoßen, wo er sich mit den Händen abstützte. Jemand trat ihm von hinten zwischen die Füße. Seine Kleidung wurde abgetastet, dann wurden seine Hände auf den Rücken gerissen. Kalte Handschellen schlossen sich um seine Handgelenke.
*
»Philipp, hast du zufällig schon das Branchenbuch …«
»… liegt in der untersten Schublade des Telefonschränkchens.« Jos Sohn stapelte die auseinander gefalteten Umzugskisten.
»Mensch Philipp, 100 Punkte. Zur Belohnung darfst du auch das Schlafzimmer einräumen.«
»Hä, hä«, Philipp zog eine Grimasse.
Walde schlug das Branchenbuch auf und wunderte sich, wie wenige Druckereien es in der Stadt gab.
»Wir haben Vorjahren die
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