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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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schien sich wie unter Betäubung von Giacomo zurückzuziehen, von seinem Heim, das einst so hell und freundlich gewesen war, das sie, Giuditta, mit so viel Liebe und Gefühl, geflüsterten Liebesworten und Zärtlichkeiten, mit Menschen erfüllt hatte, mit Teppichen und Bildern ausgestattet und so Raum für Raum seiner Einsamkeit mit Leben erfüllt hatte. Es war wie bei einem Möbelstück, das mit der Zeit allmählich seinen Glanz verlor. Dabei handelte es sich eher um eine optische Wahrnehmung als um ein inneres Gefühl. Wie eine Flut, die sich langsam, aber unaufhaltsam zurückzieht. Manchmal ertappte ihn Giuditta dabei, dass er sich mit starrem Blick im Spiegel betrachtete, obwohl er sich dort nicht einmal sehen konnte.
    Sie hatten aufgehört, miteinander zu schlafen. Ganz plötzlich. Ohne Vorankündigung. Giuditta fühlte sich zurückgewiesen, schmutzig, unwiderruflich von diesem Ungeheuer besudelt. Giacomo hatte sie nicht mehr angefasst. Nachts hatte er sich ihr nicht mehr genähert, er mied das gemeinsame Bett, war weit weg von ihr.
    Bis er eines Nachts zusammengebrochen war.
    Giuditta hatte ihn auf dem kalten Fußboden der Küche gefunden.
    Sie hatte einen Krankenwagen gerufen und Giacomo nannte den Sanitätern, als er wieder zu sich gekommen war, die Adresse der Villa Scarlatti. »Das Gift muss raus«, hatte er gesagt. Er meinte damit die Schmerzmittel.
    Dann hatte er begriffen, dass es nicht allein darum ging. Damit würde er es sich zu einfach machen, es ging vielmehr um all die drängenden Fragen, die auf seiner Seele lasteten.
    Warum hatte er sich entwaffnen lassen? Wollte er etwa sterben?
    » Hörst du das? Der Wind legt sich … die Erde bebt nicht mehr … das Meer beruhigt seinen Zorn … die Flammen, die alles verzehrten, lodern nicht mehr … Hörst du das? Hör hin. Jetzt ist sie da … Die Stille«, hatte der Präparator zu ihm gesagt, und Giacomo erinnerte sich an jedes einzelne Wort. Aber noch mehr an die Stille. Diese innere Stille, die den Dämon in ihm berührt hatte. Das Gefühl, jenen quälenden, finsteren Abgrund, jene Emotionen zu kennen. All das hatte er ebenfalls gespürt. Er hatte dieses Ungeheuer verstanden. Denn in dieser absoluten Stille lag der versprochene Frieden. Und er hatte ihm in die Augen gesehen. Das hätte er nicht tun sollen. Das war wie ein Zeichen des Einverständnisses gewesen. Als würden sie einander erkennen. In jenem Moment voll unnatürlichem Frieden, so kurz vor dem Tod, hatte die gequälte Seele von Professor Avildsen, dem Präparator, seinen Körper verlassen und war wie ein Dämon in Giacomo hineingefahren, und zwar durch die Wunde, die dieses Ungeheuer in seiner Wade geschlagen hatte, die nie mehr aufhören sollte zu bluten und sich niemals geschlossen hatte. Eine seelische Wunde.
    Und je mehr Giacomo diese Fragen zuließ, desto stärker kehrte er ins Leben zurück.
    Er hatte Giuditta gesagt, sie sei nicht schmutzig und es sei nicht so, dass er sie zurückwiese. Er habe nur Angst, sie zu berühren, weil er sich selbst unrein fühlte, seit er um die finsteren Abgründe seiner Seele wusste. Sie jedoch sei nicht schmutzig. Aber die brennende Leidenschaft für Giuditta und die schreckliche Tragödie des Präparators hatten die Charaktere der beiden Männer verschmolzen und daraus eine neue, komplizierte Kreatur geschaffen, die dann seinen Kopf ausgefüllt und ihm die Hände gebunden hatte. Eine Seuche, die sich heimtückisch, schleichend und gleichzeitig heftig wie eine Überschwemmung beherrschend in sein reales Leben gedrängt und es schließich beherrscht hatte. Eine Krankheit, die ihn geblendet und Giudittas Bild aus dieser Zeit der Qual seiner Netzhaut eingebrannt hatte, sodass er sie nur noch so sah und sie nicht mehr in sein gegenwärtiges Leben einbinden konnte. Diese innere Angst hatte monatelang jede Hoffnung in ihm erstickt, er könne wieder auf die andere, glückliche Seite des Lebens gezogen werden. Nein, sie war nicht schmutzig.
    Und erst dann war auf seinem Gesicht, das, durch die Erfahrungen gezeichnet, weit älter als das eines Vierzigjährigen wirkte, etwas wie ein Hoffnungsschimmer, ein Lächeln erschienen. Beinahe zaghaft, wie eine sich vorzeitig öffnende Blüte.
    Als Amaldi aus dem Sanatorium entlassen wurde, ertrug er seine Wohnung nicht mehr. Sie hatten sie verkauft und waren danach in diese ländliche Kleinstadt ans Meer gezogen.
    Giuditta hatte zunächst nur zum Zeitvertreib einige Kinder betreut. Am Ende waren es zwölf. Giacomo war

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