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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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in der Nacht Ruhe gaben. Zwei Beamte in Uniform waren im ersten Stock am Fenster neben der straffen Plane zu sehen. Viele Fenster in den umliegenden Häusern standen offen. Die Anwohner, die sich weit aus den Fensterrahmen herausgelehnt hatten, wirkten schläfrig, neugierig und erschrocken zugleich.
    »Und, war das unser Mann?«, fragte Amaldi Frese, sobald er ihn in der kleinen Gruppe Polizisten ausgemacht hatte.
    »Da gibt es überhaupt keinen Zweifel«, antwortete Frese.
    »Der gleiche Ablauf?«
    »Ich würde eher sagen, das gleiche Ergebnis … der Kerl hat Fantasie.«
    Amaldi ging auf den Aufbau zu, der auf dem Bürgersteig errichtet war und von dieser Plane verhüllt wurde. Ganz oben waren zwei gleich hohe, etwa einen halben Meter voneinander entfernte Spitzen zu erkennen, zwischen denen die Plane wie drapiert herabhing. Einen Meter weiter unten zeichnete sich unter der Plane nur noch eine undefinierbare Masse ab. Obwohl die von der Polizei gestellte Stoffplane imprägniert war, sah man darauf mittlerweile doch verschwommen einen größeren roten Fleck, der etwa zwei Meter über dem Boden begann. Auf dem Bürgersteig breitete sich auch jetzt noch, wenn auch sehr langsam, eine Blutlache aus.
    Es war 1.25 Uhr.
    Während die Beamten zur Seite traten, kniete Amaldi sich hin, um alles genauer in Augenschein zu nehmen. Der Bürgersteig war an zwei Stellen aufgebrochen, dort wo anscheinend zwei dunkle Eisenstangen fest in den Boden getrieben worden waren. Amaldi stand auf und winkte Frese zum Zeichen, dass er jetzt fertig sei.
    Sein Vize zeigte auf das Wohnhaus. Die Leute standen noch immer an den Fenstern. Amaldi drehte sich um. Beim Haus gegenüber war es dasselbe.
    »Die Feuerwehr muss gleich hier sein«, sagte Frese.
    Amaldi nickte nur, bevor er wieder in die Knie ging. Rund um die beiden Eisenstangen hatte sich der Asphalt unter der Wucht des Aufpralls hochgewölbt, es sah jetzt aus wie ein aufgeplatzter Pickel. Anscheinend war der größte Teil des Blutes hier von weiter oben heruntergelaufen. Hinter sich hatte Amaldi eine kleinere Lache bemerkt, die von einem dünneren spritzenden Blutstrahl stammen mochte. An einer der beiden Eisenstangen fand sich aber ebenfalls reichlich Blut. Amaldi hob die Stoffplane ein wenig an. Er sah die Spitze eines gepflegten, nackten, schwarz angelaufenen Fußes, der seltsam verdreht war. Er ließ sich eine Taschenlampe geben, hob nur an dieser Stelle die Plane ein wenig weiter an und achtete darauf, mit seinem Körper den Neugierigen die Sicht darauf zu verwehren. Er schlüpfte beinahe mit dem Kopf unter die Plane und folgte der Blutspur mit den Augen nach oben. Knapp oberhalb des Knöchels war das Bein mit Eisendraht, der sich tief ins Fleisch gegraben hatte, an die Stange gefesselt. Darüber waren die Knochen brutal zertrümmert. Amaldi sah das an der unnatürlich und gewaltsam verdrehten Form des Beines. Der obere Teil stand fast quer und zeigte zur Mitte des Metallaufbaus. Die Haut war aufgeplatzt, das Fleisch von Splittern des zerschmetterten Schien- und Wadenbeins durchbohrt. Dort in der Mitte des eisernen Gestells hatte jemand etwa vierzig Zentimeter über dem Boden einen sehr großen, viereckigen Stein angebracht. Sie würden feststellen lassen, wie schwer er war. Der untere Teil des Beins, der unter dem Druck der Knochensplitter unregelmäßig aufgeplatzt war, verlief dann wieder bis zu einem festen Punkt, wo es mit Eisendraht festgezurrt war, längs der eisernen Streben. Amaldi richtete den Strahl der Taschenlampe auf das andere Bein. Dort hatte sich der Eisendraht genauso tief ins Fleisch gebohrt, aber es schien gerade zu sein. Er ließ das Licht der Taschenlampe weiter nach oben wandern, bis er eine schwarz angelaufene Schwellung entdeckte. Auch an diesem Bein waren Schien- und Wadenbein zertrümmert, aber die Bruchstücke standen nicht kreuz und quer heraus, sondern schienen eher stark zusammengepresst. Amaldi drängte sich der Vergleich mit einer zerquetschten Bierdose auf. Die Knochen hatten die Haut nicht durchbohrt.
    Hinter ihm ertönte eine Sirene. Er stand auf und trat zur Seite, während die Feuerwehrleute von ihrem roten Lastwagen stiegen und mit professioneller Geschwindigkeit in absoluter Symmetrie rund um den blutbeschmierten Aufbau Aluminiumpfosten errichteten, die sie untereinander mit Stangen verbanden, die ebenfalls aus Leichtmetall waren. Dann verankerten sie das soeben aufgebaute, käfigartige Gerüst an der Mauer des Wohnhauses und bedeckten es mit

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