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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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künstlerischen Produktivphase. Sie wollte es sich überlegen.«
    »Künstlerische Produktivphase? Ich dachte, sie wäre Stewardess. Wegen der großen Freiheit, die man dadurch hat«, schob ich gehässig hinterher.
    Volker warf mir einen irritierten Blick zu.
    »So hat sie es damals selbst begründet.« Ich ärgerte mich, weil ich das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen. » Sie  wollte doch die Welt kennenlernen.«
    »Stewardess ist sie schon lange nicht mehr. Das hat sie hingeschmissen, als sie sich von ihrem Mann getrennt hat«, erklärte Ines.
    »Ach, stimmt ja, da war doch was. Mister USA …«, sagte ich spöttisch.
    »Toni!«
    »Toni!«, äffte ich Volker nach. Und naschte am blaugrauen Blick. Verlockend. Aber ohne mich! »Was guckst du?«, herrschte ich ihn also an. »Meinen Namen kenne ich.«
    Volker seufzte. »Sie hat sich scheiden lassen, ihren Beruf hingeschmissen, ist nach Deutschland zurückgekehrt und lebt jetzt in einer Künstlerkommune in Sprockhövel«, sagte er geduldig. In einem Tonfall, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen.
    »Kann ich doch nicht riechen«, motzte ich weiter. »Ich hab die ganze Saubande schließlich aus den Augen verloren.«
    In der Ruhe liegt die Kraft .  Großmütterliche Warnung. Jaja. Hast ja recht. Ich atmete tief durch.
    »Hallo. Komme ich zu spät?« Matthes war am Tisch aufgetaucht und lächelte in die Runde.
    »Hi, Matthes.« Ich sprang auf. »Mensch, dich hab ich ja seit Ewigkeiten nicht gesehen.« Ich wollte ihn spontan in die Arme nehmen und klopfte ihm dann doch nur auf die Schulter. »Blödsinn. Gerda ist auch noch nicht da. Schön, dass du es geschafft hast.«
    »Gerda sucht einen Parkplatz«, berichtete Matthes. »Ich hab sie gesehen, als sie gerade in die Flurstraße einbog.«
    »Ja, das leidige Parkplatzthema …« Ich griff nach der Speisekarte und warf einen Blick hinein. »Das gibt’s ja nicht«, rief ich. »Die stehen immer noch auf der Karte. Die habe ich verdammt lange nicht mehr gegessen!«
    »Was denn?«, fragte Ines neugierig.
    »Tintenfischringe.« Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Die hatte ich hier früher öfter mal bestellt. Schierer Luxus, damals.
    Die Bedienung traf zeitgleich mit Gerda am Tisch ein.
    Kurze Zeit später standen die Getränke auf dem Tisch. Und noch etwas später kam ein großer Teller mit den frittierten, in Teig gehüllten Ringen und einer Schüssel kräftig nach Knoblauch duftender Sauce.
    Begeistert träufelte ich Zitrone über die fettigen Gebilde. Salzte kräftig. Nahm einen Tintenfischring mit den Fingern, tunkte ihn in die Sauce und führte ihn zum Mund. »Mmmm!« Ich kaute genüsslich. »Wunderbar!« Ich schlang sofort einen zweiten Ring des frittierten Tintenfischarmes in mich hinein und spülte mit einem großen Schluck von dem Pinot Grigio hinterher.
    »Schmeckt’s?« Volker hob belustigt eine Augenbraue in die Höhe.
    »Ganz und gar wunderbar«, sagte ich wahrheitsgemäß, zog den nächsten frittierten Ring durch das Aioli und schlang ihn hinunter. »Absolut köstlich. Aber man muss schnell sein.«
    »Aha.«
    Hörte ich da etwa Spott in Volkers Stimme? Egal. Ich stand zu meinem Trip in die Vergangenheit.
    »Schnell, ja«, beharrte ich. »Denn eigentlich schmecken sie gar nicht. Wie Gummi. Fettig. Hinterlassen ein schweres Gefühl im Magen. Man darf sie nicht kalt werden lassen, das ist der Witz. Dann ist es absolut köstlich. Und jetzt lasst mich in Ruhe genießen!« Ich stopfte und schlang weiter in mich hinein, bis der Teller leer war. Meine Catos hätten die schiere Freude an mir, da war ich mir sicher. So ähnlich saugte Clyde alles in sich auf, was auch nur in irgendeiner Form essbar zu sein schien. Wie ein Staubsauger. Von nix kam schließlich nix. Und Clyde hatte sich mittlerweile ein ordentlich rundes Bäuchlein angefressen.
    Seltsamerweise störte mich keiner mehr beim Essen. Aber sie mussten mich alle genau beobachtet haben, denn ich sah ungläubige Blicke, als ich den Teller beiseiteschob, mir die Finger ableckte und einen leisen Rülpser von mir gab. Ich fühlte mich unglaublich zufrieden in diesem Moment.
    »Und jetzt bräuchte ich wohl einen Schnaps«, sagte ich träge. »Aber geht nicht, ich muss noch fahren. Also einen Espresso.«
    Barbara kam hereingeschneit. Bühnenreifer Auftritt. Eine Diva war nichts gegen sie. Sie blieb vor unserem Tisch stehen und schien auf etwas zu warten. Aufmerksamkeit? Euphorische Begrüßung? Beinahe hätte ich geklatscht.
    Sei wie ein Veilchen

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