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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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knirschten.
    »Fair hin, fair her, darum geht es hier nicht. Du wirst mir jetzt erzählen, was ihr die ganze Zeit getrieben habt, du und dein Volker. Ihr seid jemandem gewaltig auf die Füße getreten. Fragt sich nur, wem.«
    Ich sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Wenn mein Auto mit einer Bombe in die Luft gejagt wurde, ist er vermutlich auch in Gefahr.«
    »Oh, mach dir da mal keine Sorgen. Der ist bereits unterwegs hierher. Mit Blaulicht und allem Pipapo. Das volle Programm.« Bea grinste mich an. Wölfisch irgendwie. Gefährlich. »Und die Kollegen in Duisburg nehmen gerade seinen Wagen auseinander. Sicher ist sicher.«
    »Was soll das? Ich meine, warum wird er hierher gebracht?«
    »Schutzgewahrsam?«, schlug Bea vor. »Das gilt auch für dich.«
    Ungläubig sah ich sie an. Die Wut wich so plötzlich aus meinem Körper wie die Luft aus einem angestochenen, prall aufgeblasenen Ballon. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?« Schwäche nahm von mir Besitz, machte meine Knie weich und stopfte mein Hirn mit Watte aus.
    »Doch«, sagte sie trocken. Der Blick, mit dem sie mich betrachtete, war freundlich, aber unnachgiebig. »Ich will dich nicht auch noch in kleinen Stückchen aus den Trümmern deiner Wohnung kratzen müssen.«
    Aber … ich … das … da … die Katzen, kämpften sich die Gedanken durch die Watte in meinem Kopf.
    »Du siehst so aus, als bräuchtest du dringend einen Kaffee.« Damit verließ Bea den Raum.
    Ich blieb zurück. Fühlte mich seltsam leer. Die Catos. Ich musste sie doch füttern! Mein Blick wanderte im Raum umher, ohne dass ich ernsthaft etwas wahrnehmen konnte. Bilder, einzelne Sequenzen. Sie überlagerten den Raum. Max bleiches, eingefallenes Gesicht. Der Schlauch, der in die Kanüle auf seinem Handrücken mündete. Mein brennendes Auto. Die Explosion. Dazwischen schob sich ein Gedanke und versuchte, Fuß zu fassen, verschwand jedoch wieder in der Watte. Ich konnte ihn nicht festhalten. Nicht hier, nicht jetzt. Ich wusste nur, er war wichtig, der Gedanke. Konzentrier dich, blauer Vogel. Max’ Stimme, zärtlich. Irgendwas schlug rhythmisch aufeinander. Meine Zähne? Konzentrier dich, mein blauer Vogel. Max’ Stimme. Geliebte Stimme. Da, der Schreibtisch. Beas Schreibtisch. Fenster. Äste, kahl und blattlos. Grauer Himmel. Hundegebell. Ich musste die Katzen füttern. Etwas trommelte gegen die Scheibe. Regen. Harte, große Tropfen. Sie perlten an der Scheibe ab, hinterließen Rinnsale. Ging das Fenster zum Haumannpark hinaus? Die Spuren der Regentropfen an der Scheibe erinnerten mich an etwas. Konzentrier dich endlich. Vogel, blauer. Worauf nur? Es ist doch wichtig. Ich weiß, dass es wichtig ist!
    »Kann mir einer mal erklären, was hier los ist?« Volkers Stimme, gereizt, energisch. »Toni?«
    Schon wieder dieses »Toni«. Das Einwort. Eine Aufforderung. Ich drehte den Kopf in seine Richtung.
    »Bitte setzen Sie sich.« Beas Stimme. »Hier ist frischer Kaffee. Möchten Sie eine Tasse?«
    »Was ist mit ihr los? Hat sie Drogen genommen?« Volker, nicht mehr gereizt, sondern verwundert. Besorgt?
    »Also, Herr Schlosser. Es geht um …«
    Die Worte verschwammen. Aber es war Beas Stimme.
    Sie hatte etwas von Schutzgewahrsam gesagt. Ich sprang auf und hastete zur Tür. »Ich muss die Katzen füttern«, stammelte ich.
    Bea war plötzlich neben mir. Die Hände schwer auf meinen Schultern. Sie zwangen mich auf den Stuhl zurück. »Ich kümmere mich darum. Versprochen. Ich kümmere mich um deine Katzen.«
    »Was zum Teufel ist hier los?« Wieder er, herrisch nun im Ton. Eine Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
    »Max ist heute früh mit Tonis Auto gefahren«, hörte ich Bea sagen. Kühl und sachlich. »Am Parkplatz an der Mintarder Brücke hat er angehalten. Er musste vermutlich austreten.«
    Austreten? Komisches Wort. Austreten. Pieseln hieß das doch. Pinkeln. Schiffen. Strullen. Aber doch nicht austreten!
    »Er war knapp drei Meter vom Auto weg, als es explodierte.«
    »Bitte?« Nicht mehr ganz so herrisch, der Ton.
    »Eine Autobombe. Deshalb nehmen sich die Techniker jetzt auch Ihren Wagen vor.«
    »Ach du Scheiße!« Volker war plötzlich bei mir, die Arme fest um mich geschlungen. Er streichelte mein Haar. »Toni, das tut mir so leid.«
    Ich schüttelte ihn ab. »Er ist doch nicht tot«, sagte ich unwillig. »Er hat Glück gehabt. Sagen die Ärzte. Aber er liegt im K-k-k-k …« Das Wort wollte mir nicht über die Lippen. Wollte einfach nicht raus.
    »Schädelbruch.

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