Innerste Sphaere
sagte Malachi ruhig: »Nicht bewegen, Lela. Wehr dich nicht. Mazikin sind giftig.«
Das ließ mich erstarren. Es war nicht nur, was er sagte. Neben der Gelassenheit seiner Stimme hörte ich es: Angst. Um mich.
»Sehr klug, Malachi.« Sils Nase berührte die Stelle zwischen Schulter und Hals. Ich schauderte.
Malachi biss die Zähne zusammen. Der Muskel an seinem Kiefer begann zu zucken.
Sil gluckste. »Meine Zähne werden sich tief in ihren Hals bohren, wenn du die Hände nicht von diesen dreckigen Messern wegnimmst.« Er klang, als hätte er Spaß.
Ich starrte Malachi an, wünschte mir, ihm alles erklären zu können, und fragte mich, warum ich das wollte, obwohl es doch keine vernünftige Erklärung gab. Wieder einmal war ich ein Vollidiot gewesen. Verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit suchend, hatte ich jedes Warnsignal übersehen, jedes Wort aus Sils Mund geglaubt und alles ignoriert, was Malachi mir gesagt hatte. Ich hatte Sils Gefährlichkeit unterschätzt und Lutfi eine Falle gestellt, der die letzten Sekunden seines Lebens versucht hatte, mich zu retten, der mit seinen letzten Worten mein Leben schützen wollte.
»So ist es besser«, grinste Sil, als Malachi die Hände in die Luft hob. »Jetzt werden das Mädchen und ich gehen und du bleibst, wo du bist. Wenn ich auch nur vermute, dass du uns folgst, werde ich sie töten, und zwar so langsam wie möglich.« Er kicherte, als seine Fingernägel über mein Schlüsselbein fuhren. »Ich werde ihr nicht dieselbe Höflichkeit erweisen wie vor wenigen Augenblicken Lutfi.«
Malachis Augen verengten sich hasserfüllt, während sie von mir zu Sil wanderten, aber er wirkte nicht überrascht. Zweifellos hatte er bereits Lutfis Gürtel um Sils Hüfte bemerkt. »Ich werde euch nicht folgen«, sagte er eisig. »Sie will offensichtlich lieber mit dir gehen als mit mir zum Allerheiligsten, also gehört sie dir. Ich hätte sie ohnehin getötet, da sie dir zur Flucht verholfen hat.«
Bei seinen Worten blieb mir fast das Herz stehen. »Lügner. Du hast dich selbst verraten, Captain. Wenn das wahr wäre, dann wäre sie schon tot. Und ich auch. Mazikin sind nicht so dumm, wie du denkst.«
Ich stöhnte leise. Malachi
würde
mich wahrscheinlich töten wollen, sobald er seinen enthaupteten Freund sah, der mit einer verlegenen Röte im Gesicht gestorben war.
»Komm, Mädchen. Du wirst dich wie neugeboren fühlen, wenn du zu meiner Familie stößt. Lass uns abhauen.« Sil ging rückwärts und zog mich mit. Er schien genau zu wissen, wo es langging, und schleppte mich an mehreren Türen vorbei durch den endlosen Steinkorridor. Während ich hinter Sil herstolperte, erwartete ich halb, dass mir Malachis Messer in die Brust fuhr, aber er blieb wie angewurzelt stehen, seine Augen leuchteten voll Wut und Sorge.
Sil hielt vor einer Tür, die aussah wie jede andere Tür in diesem Gebäude. Er nahm den Schlüsselbund von Lutfis Gürtel und versuchte jeden einzelnen, während er immer Malachi im Auge behielt. Der siebte Schlüssel ließ sich leicht drehen. Mit einem Windstoß aus abgestandener Luft öffnete sich die Tür zu einer Gasse. Als Sil mich nach draußen zerrte, lehnte ich mich gegen seine Hand, die schmerzvoll meine Kehle umklammerte.
»Es tut mir leid«, versuchte ich zu rufen, aber es kam nur ein abgewürgtes Flüstern zustande. Malachi rührte sich nicht. Sein Blick machte, dass ich rennen wollte. Weg von ihm. Zu ihm. Ich hatte nicht die geringste Ahnung was.
Sil schubste mich in die Gasse und sprintete davon, mich schleppte er hinter sich her.
10
Ich versuchte Häuserblocks zu zählen, aber Sil war immer wieder abgebogen und hatte mich durch mehrere Häuser gezerrt, bis wir unseren derzeitigen Standort erreichten. Ich war mir nicht einmal sicher, wie lange wir überhaupt gelaufen waren. »Bitte«, keuchte ich, »können wir nicht eine Pause einlegen?«
»Du hast Glück«, gackerte er. »Da oben warten Leute aus meiner Familie. Wir holen uns was zu essen, bevor es weitergeht.«
Mit meiner freien Hand wischte ich mir eine Träne ab. Die andere hielt er mit seiner schwitzigen Klaue umklammert. Mein Handrücken blutete und pochte, wo sich seine Fingernägel hineinbohrten. Seit wir die Wächterstation verlassen hatten, hielt ich Ausschau nach einer Fluchtmöglichkeit. Eine Weile hatte ich gehofft, Malachi würde uns folgen, würde herbeistürzen und mich retten. Das traute ich ihm durchaus zu. Doch im Lauf der Zeit fing ich an zu glauben, dass Malachi mich einfach
Weitere Kostenlose Bücher