Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
Vom Netzwerk:
konnte mein Gehirn ziemlich gut von meinem Körper abkoppeln, wenn es sein musste. Ich würde es für Nadia überstehen. Weil ich nicht länger darüber nachdenken wollte, versuchte ich meine Lippen auf seine zu pressen, aber seine Finger an meinem Kinn stoppten mich. Einen Moment hielt er mich so fest. Mit geschlossenen Augen atmete er ein. Dann lösten sich seine Finger von meinem Kinn, um über meine Wange zu streichen, sanft wie eine Feder. Ich hielt die Luft an, wartete darauf, dass sein Mund den meinen berührte, fragte mich, wie es sich anfühlen würde, hatte aber Angst, es herauszufinden.
    »Ich weiß, was du da tust«, flüsterte er, sein Atem streifte meinen Mund. Ich erstarrte. Leichtfüßig rückte er von mir ab, ein amüsiertes Lächeln im Gesicht. »Den Versuch nehme ich dir nicht übel, aber es bringt nichts. Und ich fürchte, du hast dir gerade eine Übernachtung in der Zelle gesichert. Morgen früh komme ich und bringe dich ins Allerheiligste – dort tagt das Gericht.«
    Mit offenem Mund starrte ich ihn an, gedemütigt – und schändlich erleichtert. Er hämmerte zweimal mit der Faust an die Tür, die Augen auf mich gerichtet. Schlüssel klimperten, als jemand von außen die Tür aufschloss. Er hatte keinen Schlüssel. Er hatte sich mit mir einschließen lassen. Ich fühlte mich dämlich.
    Damit endete mein erstes Experiment als Sexhäschen …

9
    Ich tigerte in der Zelle auf und ab, meine Gedanken drehten sich um Malachi – insbesondere darum, mit welcher Methode ich ihn umbringen würde. Es war eine Weile her, seit mich jemand so aus der Fassung gebracht hatte. Ich hatte mich gerne unter Kontrolle. Das war der Grund, weshalb ich Tabletten verabscheute. Und Alkohol. Und die meisten Erwachsenen. Einen Schritt voraus zu sein war die einzige Möglichkeit, mich vor Verletzungen zu schützen.
    Aber Malachi schien jede meiner Bewegungen vorauszuahnen, bevor ich sie machte. Er wusste, welche Knöpfe er drücken musste, und tat es mit einem Lächeln. Unter seinem Blick wand ich mich. Ich dachte nur eine halbe Sekunde darüber nach, ob und wie ich fliehen könnte, da hatte er mich schon ertappt. Wahrscheinlich war er darauf gefasst, dass ich es wieder versuchen würde.
    Mein jetziger Babysitter, ein Wächter namens Lutfi war schon seit einer Weile auf dem Tisch zusammengesackt. Sein ächzendes Schnarchen kratzte in meinen Ohren. Es war so laut und mir ging so viel durch den Kopf, dass ich fast das aufdringliche Geräusch einer Stimme überhört hätte. Es war mein Nachbar – ein Mitgefangener.
    »He, Kleine. Kannst du mich hören?« Die Stimme kam aus dem hintern Teil der Zelle.
    Ich wirbelte herum. Neben der Bank an der Rückwand des schmalen Raums, genau in der Ecke, war ein loser Ziegel herausgenommen worden, sodass eine kleine Öffnung entstanden war. Ich spähte hindurch und sah in ein paar dunkelbraune Augen. »Exekutieren die dich?«
    Ich schauderte. »Das glaube ich nicht. Malachi sagte, er würde mich vors Gericht bringen.«
    »Malachi«, knurrte die Stimme, jede Silbe triefte vor Hass. »Malachi ist böse. Er wird dich töten, Kleine.«
    »Ich denke, wenn er das wollte, hätte er es schon getan.« Keine Ahnung, weshalb ich ihn verteidigte, außer dass er sich, trotz seiner entmutigenden Worte, eigentlich sehr höflich und nett benommen hatte. Er schien nur daran interessiert, mich zurück aufs Land zu bringen. Es war ja nicht seine Schuld, dass ich erst gehen würde, wenn ich Nadia gefunden hatte.
    »Malachi ist grausam. Er kann dir alles Mögliche einreden. Wenn er hat, was er will, wird er dich töten. Er und die Wächter haben so viele von meiner Familie getötet«, flüsterte die Stimme und hustete einen Schluchzer aus.
    »O mein Gott. Das tut mir leid.«
    »Sie werden mich auch umbringen, aber erst wird Malachi mich foltern. Das macht er immer so, Kleine.«
    »Nenn mich doch Lela.«
    »Lela, ich bin Sil.«
    »Warum halten sie dich gefangen?« Ich starrte in seine Augen und fragte mich, ob er genauso unschuldig war wie ich.
    »Ich bin ein Mazikin.«
    »Das dachten sie auch von mir, aber niemand hat mir erklärt, was Mazikin sind. Kannst du es mir sagen?«
    Sil lachte, ein krächzendes, schrilles Geräusch. »Sieh mal.« Seine Augen verschwanden und hinterließen ein Guckloch. Ich sah hindurch. Er stand in seiner Zelle, er sah genauso aus wie … ein japanischer Geschäftsmann. Komplett mit Anzug und Krawatte. Sowie Fäustlingen und Maulkorb. Ich musste an die ungleiche Gruppe

Weitere Kostenlose Bücher