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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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ich ins Dunkel abdriftete.
    Mit einem Ruck wurde ich wach, als Raphael mich hochhob. Bevor ich protestieren konnte, sagte er: »Du hast Fieber. Ich heile dich, bevor es schlimmer wird. Für Malachi habe ich jetzt getan, was ich kann. Und ich kenne ihn. Er wäre ziemlich ungehalten, wenn er aufwacht und merkt, dass du noch verletzt bist.«
    Unfähig zu widersprechen, kaum noch fähig, die Augen offen zu halten, lehnte ich mich an ihn. Er trug mich zur Couch im Wohnzimmer, kniete sich neben mich, schloss die Augen und begann wieder zu murmeln. Der Rhythmus seines Singsangs war schnell, die Melodie gespenstisch und fremd. Meine Hüfte wurde warm, als würde er sie in heißem Wasser baden. Das fühlte sich gut an. Ich entspannte mich, ließ mich treiben und meine Gedanken drifteten ab. Das Wasser wurde heißer, dann kochte es. Etwas kreischte, vielleicht ein Teekessel … Nein, das war ich.
    Immer noch schreiend hörte ich Raphael sagen: »Tut mir leid, ich hätte dich erst einschlafen lassen sollen.«
    Alles wurde wieder schwarz.
    Als ich erwachte, herrschte völlige Stille. Wie immer verriet das dämmrige Licht nichts über die verstrichene Zeit.
    Versuchsweise hob ich das Bein an und stellte verblüfft fest, dass es sich gut anfühlte. Ich stand auf und inspizierte meine Hüfte. Von meiner Wunde war nur eine schmale weiße Narbe geblieben. Ich verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und ging ins Schlafzimmer.
    Raphael saß auf dem Boden. Wie zuvor ruhte seine Hand auf Malachis Brust. Malachis blutiges Hemd und seine Hose lagen in einer Ecke und sein Körper war bis zur Hüfte mit der Decke verhüllt, die ich letzte Nacht gefunden hatte. Ich richtete den Blick auf den Boden. »Ich brauche Kleider. Wie lange hab ich geschlafen?«
    »Nicht lange.« Raphael wies mit einem Nicken auf eine Kommode. »Such dir etwas Passendes heraus.«
    Ich verdrehte die Augen und lachte. »Unbedingt. Mein letztes Outfit war XXL.«
    Schließlich fand ich eine graue Hose, die immerhin so gut saß, dass sie mich beim Laufen nicht behindern würde, und ein scheußliches grünes Baumwoll-T-Shirt, das ein bisschen klein, aber halbwegs bequem war. In der obersten Schublade entdeckte ich sogar ein ausgefranstes Band, mit dem ich meine Haare bändigte. Dann wandte ich mich wieder Raphael zu, der mich abgeklärt, aber nicht frei von Neugier beobachtete. Als würde er auf etwas warten.
    Mein Blick huschte zu der Liege. Malachi lag völlig reglos da. »Wie geht’s ihm?«
    »Besser. Er ist stabil.«
    Ich wagte mich ein paar Schritte näher heran. »Warum wacht er nicht auf?«
    Raphaels Augen ruhten jetzt auf Malachis Gesicht. »Das wird die Zeit erweisen. Nun«, sagte er munter und stand auf. »Ich muss los – Patientenbesuche.«
    »Was? Wie kannst du ihn allein lassen, wenn er nicht wach ist?«
    »Er ist nicht allein. Du bist bei ihm.«
    »Aber … aber …«
Ich muss gehen.
    »Ich komme später wieder. Wenn du wirklich glaubst, dass du fort musst, nur zu. Niemand wird dich aufhalten.« Er sah mir mit einem kristallklaren, vollkommen undurchdringlichen Blick in die Augen. Dann drehte er sich um und ging.
    Ich stotterte immer noch wie ein Idiot, als die Eingangstür ins Schloss fiel.
    Ich muss gehen. Jetzt.
    Womöglich würde mich Malachi nicht weglassen, wenn ich bliebe, bis er aufwachte. Womöglich sperrte er mich wieder in eine Zelle. Oder er zwang mich, zum Allerheiligsten zu gehen. Gut möglich, dass er meine ganze Mission umschmiss. Könnte sein, dass er Nadia zum ewigen Leid hier verdammte. Wer sagte, dass sich irgendwas geändert hatte?
    Aber … wie sollte ich es fertigbringen, ihn allein zu lassen? Wie konnte ich ihn allein lassen, der sein Leben für mich aufs Spiel gesetzt hatte, obwohl ich mit meiner Dummheit den Tod eines seiner Wächter verschuldet hatte? Wie sollte ich ihn allein und hilflos zurücklassen? Was, wenn er aufwachte, vielleicht geschwächt, vielleicht mit Schmerzen, und niemand da war, der sich um ihn kümmerte?
    »Du hast mich in eine echt schwierige Lage gebracht, du Riesentrottel. Sobald Raphael wiederkommt, bin ich weg.«
    So lange bleibe ich da. Ich lass dich nicht im Stich.
    Nach diesem Versprechen, wenigstens bis zum Eintreffen von Verstärkung auszuharren, drehte ich mich um und schaute ihn mir zum ersten Mal ungestört an. Seine hellbraune Haut hatte jetzt schon wieder eine gesündere Farbe. Sein Hals, letzte Nacht noch so übel zugerichtet, war glatt, aber mit rot-silbernen Wirbeln

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