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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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gezeichnet. Wahrscheinlich würde ihm die Narbe für immer bleiben. Oder so lange man hier eben existierte. Mein Blick wanderte weiter über seine Schultern, seine Brust, seinen Bauch … überall war er blutverschmiert. Eine lange, dicke Narbe zog sich über seine linke Schulter – ein Andenken aus seinem Kampf mit Ibram, dem Scheich –, aber sie fesselte meine Aufmerksamkeit nicht lange. Denn Malachi hatte locker den beeindruckendsten Körperbau, den ich je von Nahem gesehen hatte. Oder im Fernsehen. Ich konnte kaum den Blick abwenden. Vermutlich führte die Jagd auf giftige Tiermenschen in einer gigantischen Stadt zu einer ziemlich imposanten Erscheinung.
    »Boah. Schau weg, Lela. Konzentrier dich«, ermahnte ich mich. »Captain, machen wir dich mal sauber.«
    Ein paar Minuten später trug ich eine Schüssel mit Wasser und einen Waschlappen ins Schlafzimmer. Das Wasser der Stadt rochziemlich gewöhnungsbedürftig, säuerlich mit einem Hauch von Metall. Wie die Leute es schafften, sich damit – und mit dem grauenhaften Essen – am Leben zu erhalten, begriff ich nicht. Seit meiner Ankunft hatte ich nichts gegessen und … Moment mal, das war wirklich merkwürdig. Ich befand mich seit mindestens zwei Tagen in der Stadt und ich hatte überhaupt keinen Hunger.
    Ich tauchte den Waschlappen in die Schüssel, wrang ihn aus und legte los. Bei der Arbeit summte ich vor mich hin, reinigte Malachis Haut und sorgte dafür, dass kein Schmutzfleck übrig blieb. Das Wasser in der Schüssel wechselte ich dreimal, ehe ich fertig war, wünschte aber, es gäbe in dieser Wohnung anständige Seife. Das Stück im Badezimmer war so grau und grob, dass ich es nicht über mich brachte, einen wehrlosen, bewusstlosen Menschen damit zu bearbeiten.
    Auf Brust und Bauch verwendete ich besonders viel Zeit und Mühe, aber ich beherrschte mich. Die Decke an seiner Taille blieb meine Grenzlinie. Ich war nie imstande gewesen, einen Jungen da anzufassen, und das schien die ideale Gelegenheit zu sein – solange er hilflos war, unfähig aufzustehen und mir wehzutun.
    Dann wusch ich seine Arme und da sah ich es. Bei unseren bisherigen Begegnungen hatte er immer lange Ärmel getragen und meist auch Lederschienen an den Unterarmen. Sie war so klein, dass ich sie fast übersehen hätte. Eine Tätowierung an seinem linken Unterarm.
    Eine fünfstellige Zahl mit einem kleinen Dreieck darunter.
    Ich hatte im Unterricht aufgepasst. Meistens jedenfalls. Als ich die Tätowierung sah, erinnerte ich mich glasklar an einen Film, den wir dieses Jahr in Geschichte gesehen hatten. Spindeldürre Menschen hinter dem Zaun der Konzentrationslager, hohle Augen, die nicht mehr flehen konnten. Die Nazis hatten Nummern auf ihre Arme tätowiert. War er womöglich …?
    Ich fuhr die Tätowierung mit den Fingern nach. »Wo kommst du her, Malachi? Was ist deine Geschichte?«
    Als ich ihn abgewaschen hatte, trocknete ich ihn gründlich ab, und als er eine Gänsehaut bekam, zog ich ihm die Decke bis an dieSchultern. Dann setzte ich mich ans Kopfende der Liege. Wenn er schlief, hatten Malachis Züge nicht diese Grausamkeit wie sonst. Sie waren weicher. Und er sah jünger aus, als wäre er noch nie verletzt worden. Natürlich stimmte das nicht, aber wenn ich so in sein entspanntes, friedliches Gesicht schaute, konnte ich mir ein anderes Leben für ihn vorstellen.
    Ich fuhr mit der Hand über seinen Hals, wo sich die Narbe unter meinen Fingern warm und glatt anfühlte, dann über das Schlüsselbein bis zu seiner Brust. Da ließ ich meine Hand ruhen, auf seinem Herzen, spürte, wie es stetig schlug. Ich fühlte mich schuldig, wollte aber das Vergnügen, seine Haut zu spüren, nicht aufgeben. Wie er sich wohl fühlen würde, wenn er es wüsste? Würde er mich wegstoßen? Würde er es als Übergriff empfinden? Ich ganz bestimmt, wenn unsere Rollen vertauscht wären.
    Aber so wie er mich angesehen hatte, vermutete ich, dass er von mir berührt werden wollte. Damit war das, was ich tat, zwar nicht richtig, aber es war meine Chance, so erbärmlich es sein mochte. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlte, wenn ich mich frei entscheiden konnte. Wenn ich Herr der Lage war.
    Ich beugte mich über sein Gesicht, strich mit den Fingern über sein Kinn. Unter den Augen hatte er dunkle Ringe. Ich atmete den ledrigen Geruch seiner Haut ein. Von Nahem sah er so jung aus, so fein. Ich lehnte meine Stirn gegen seine und schaute auf seine Lippen.
    Ich war siebzehn Jahre alt und hatte

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