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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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saumäßig. Aber geh einfach weiter und
halt nicht an
, okay? Egal, was du fühlst oder woran du dich erinnerst, bleib nicht stehen. Es ist nicht weit. Konzentrier dich auf deine Füße.«
    Mein Blick sprang zwischen Ana und Malachi hin und her. Ich hätte die Veränderung bemerken müssen, die die beiden während der letzten Stunde durchgemacht hatten. Ana sah wütend aus, geradezu wild entschlossen. Und Malachi wirkte krank. Er schwitzte.
    Am liebsten hätte ich seine Hand genommen und ihn beruhigt. Doch der Gedanke erschien mir dumm, als ich sah, wie er die Schultern straffte und das Kinn reckte und den Blick auf den niedrigen, quadratischen Eingang richtete, den einzigen Weg, der auf die andere Seite führte. Ja, ich wollte ihn beruhigen, aber ich wollte auch, dass er mich auf seine Arme nahm und durch dieses schreckliche Gebäude trug.
    Er wandte sich zu mir. »Wir könnten umkehren und um die ganze Innenstadt herumlaufen, aber dann bräuchten wir zwei Tage länger nach Harag. Deshalb sind wir hier lang gegangen. Aber wir können zurückgehen, wenn du willst. Wir müssen nicht da durch. Ich hätte es dir sagen sollen. Ich wollte nur –«
    »Ich wollte dich nur nicht verängstigen«, spottete Ana, seinen Akzent mit vernichtender Genauigkeit nachäffend. Malachi hielt den Mund und warf ihr einen vernichtenden Blick zu, aber sie machte keinen Rückzieher. »Malachi, pass mal genau auf, was los ist. Sie ist kein kleines Mädchen. Sie …«
    »Steht direkt neben euch«, unterbrach ich sie wütend, »und wir sehen uns dann auf der anderen Seite.« Ich marschierte in den dunklen Turm, um es hinter mich zu bringen, bevor die Angst hochkochte und mich erstickte.
    Das Letzte, was ich hörte, bevor die Tür hinter mir zuknallte, war Malachi, der meinen Namen rief.

18
    Ich hatte gedacht, in der Stadt sei es still, aber ich hatte Stille bis zu diesem Augenblick nicht verstanden. Nach den ersten Schritten in die hohe Eingangshalle konnte ich mir vorstellen, wie es sich anfühlte, taub zu sein. Der Untergrund unter meinen Stiefeln gab nach, ich schwankte, sank geräuschlos auf die Knie.
    Und musste sofort den Brechreiz unterdrücken.
    Als meine Finger den Boden berührten, bemerkte ich, warum es so schwer war, das Gleichgewicht zu halten: Er war weich und glitschig, ein lebendiges Wesen. Schnell stand ich auf. Gegen meinen Würgreflex ankämpfend, wischte ich die Hände an meiner Hose ab. Anas Ratschlag befolgend ging ich vorsichtig tiefer in das gähnende Maul des Gebäudes. Ich überlegte, ob ich mich umdrehen und auf Malachi und Ana warten sollte, aber als ich zurückblickte, war da nur noch eine weiche Wand.
    Sie pulsierte und pochte ein wenig.
    Nur noch tausend bizarre Meilen. Bleib in Bewegung. Halt nicht an und flipp nicht aus.
    Die Luft war stickig, feucht und warm. Sie setzte sich auf meiner Haut und meiner Zunge ab, sauer und ranzig.
    Dann bemerkte ich den Geruch.
    Ich senkte den Kopf und verschränkte abwehrend die Arme, als mein Herzschlag sich schmerzhaft beschleunigte. Die Luft war voll mit Rick. Seinem Atem: Bier und Zigaretten. Seinem Geruch: alter Schweiß und Benzin.
    Geh weiter, Lela, das ist nicht real.
Meine Fingernägel gruben sich tief in meine Handflächen, als ich vorwärts stolperte, das hilflose Würgen, das alle paar Schritte schlimmer wurde, unterdrückte ich nicht länger.
    Als ich seine Hand auf mir spürte, wirbelte ich herum, verlor das Gleichgewicht und blieb auf dem Rücken liegen. Ich sah an mir hinab, meine Rüstung und meine Stiefel waren verschwunden. Ich trug das zu enge, zu kurze Nachthemd, das Rick mich immer anziehen ließ, wenn ich ins Bett ging. Er war da. Er würde mir wieder wehtun. Ich schrie in blankem Entsetzen.
    Nein, nein, nein
, stritt ich im Stillen mit mir.
Das ist nicht real.
    Ich nahm mir kurz Zeit, um mich zu beruhigen, schielte hoch auf die seltsamen Schnitzereien an der Decke der matt beleuchteten Halle. Sie wanden sich – wogende Schatten. Was, wenn sie kämen, um mich zu holen?
    Meine Füße rutschten weg, als ich versuchte, auf dem schleimigen Untergrund Halt zu finden.
    Atme und steh auf. Steh auf.
    Ich hörte auf zu strampeln und zwang mich zu bewussteren Bewegungen. Langsam rollte ich mich auf den Bauch und stemmte mich auf Hände und Knie. Ich war mit Blut und Schleim bedeckt. Ich setze mich zurück, wie wahnsinnig wischte ich mir die Hände ab, um das Zeug loszuwerden. Aber die Erinnerungen hingen an mir wie schleimige Seile. Sie umspannten meine

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