Innerste Sphaere
Hände, klebten zwischen meinen Fingern. Der Geruch ließ sich nicht abschütteln.
Dann spürte ich sein Gewicht auf dem Rücken, er drückte mich in pinkfarbene Laken, meine Arme waren verdreht, mein Gesicht in mein Kissen gepresst.
Das ist nicht real
, sagte ich vor mich hin, als ich wacklig auf die Beine kam, meine Knie zitterten, meine Zähne klapperten trotz der warmen, feuchten Luft.
Weitergehen.
Aber kaum hatte ich das Bein gehoben, da rutschte ich schon auf dem schwammigen, organartigen Boden aus, gallertartiger Schlamm quoll zwischen meinen Zehen hindurch.
Das besiegt mich nicht. Erinnerungen können nicht töten. Ich bin stärker als das.
Ich biss die Zähne zusammen.
Ich bin stärker, deshalb bin ich hier.
Mit steifem Rücken wappnete ich mich gegen den Angriff seiner Hände, seines Körpers. O heilige Mutter Gottes, ich wollte um mich schlagen, wie in der Nacht, in der ich mich endlich gewehrt hatte.Ich wollte sein Gesicht zertrümmern, treten, zerreißen, ihn zerstören. Meine Muskeln verkrampften sich unter dem Verlangen anzugreifen. Aber er war nicht wirklich da und wenn ich diesem Instinkt folgte, würde ich wieder die Balance verlieren und auf dem Rücken im Schleim liegen.
Geh weiter. Du hast diesen Geist schon besiegt.
Der Klang von Ricks Stimme zwang mich auf die Knie. »Es ist deine Schuld, wenn du mich reizt. Sei ruhig, du kleine Schlampe.«
Ricks Stimme dröhnte weiter, erklärte mir alle Gründe, weshalb ich es verdiente. Alle Gründe, warum ich es niemandem sagen würde. Alle Gründe, weshalb es meine Schuld war. Alle Gründe, warum ich es herausgefordert hatte. Und keinen würde es kümmern, weil ich nur Abfall war.
Meine Finger krampften sich in den geäderten Boden. Er blutete.
Ricks Stimme wurde lauter. Sie kam aus meinem Kopf. Er war da drin bei mir.
Ich griff an meinen Kopf, die Haare fielen mir unter den Fingern aus.
Ich musste ihn loswerden.
Sieh dich um, finde den Weg nach draußen
, sagte eine andere Stimme.
Malachis Stimme.
Ich erstarrte, suchte im Halbdunkel. War er mir gefolgt? Würde er kommen und mich holen?
Nein, ich war allein, aber ich klammerte mich verzweifelt an seine Stimme. Etwas darin linderte den Schmerz in meinem Kopf, das reichte, um auf die Beine zu kommen und mit ausgestreckten Armen das Gleichgewicht zu halten.
Such den Weg nach draußen. Geh weiter. Das ist nicht real.
Es wurde schlimmer, jede Berührung drang tief in mein Bewusstsein, jeder Schubs und Kniff und Stoß und Griff, und nach ein paar Schritten fiel ich wieder auf die Knie, überrascht, dass mein Kopf nicht zersprungen war.
Ich kann nicht
, dachte ich.
Ich schaffe das nicht.
Doch, du schaffst das
, flüsterte Malachi, seine Stimme drang durch das widerliche Pulsieren in meinem Kopf.
Das ist nicht real. Du bist stark genug. Steh auf. Du bist fast da.
Ich schrie wieder, diesmal vor Wut – ein Kampfruf. Ich stampfte gegen die glitschige Haut des Gebäudes, hieb meine Fersen in sein Fleisch.
Jedes Mal, wenn ich den Fuß hob, skandierte ich:
Ich bin stark genug.
Bei jedem Atemzug wiederholte ich:
Das ist nicht real.
Hoch. Runter. Ein. Aus.
Wenn meine Stimme versagte, sprang Malachi ein, vollendete Sätze, ergänzte fehlende Worte.
Aber mit jedem Schritt klebte mehr Gewebe an meinen Füßen. Es wurde schwerer, sie zu heben. Der Boden saugte mich an, atmete mich ein, schluckte und verdaute mich. Ich wollte aufgeben. Auf einmal wusste ich: Wenn ich aufhörte zu kämpfen, würde alles andere auch aufhören. Wenn ich mich nicht mehr wehren würde, könnte ich für immer hier liegen, in der Stille begraben.
Dieses böse Gebäude ließ mir die Wahl: All der Wahnsinn würde enden, wenn ich mich nur still hinlegen würde, sodass es mich fressen könnte. Das war verlockend. Ich war so müde. Und der Angriff, mittlerweile mehr als nur eine Erinnerung, schien niemals zu enden. Wie viel ich noch auszuhalten vermochte, bevor ich zerbrach, wusste ich nicht. Eine Pause wäre so schön. Schlafen.
Mit allem fertig sein.
Mit diesem Wunsch wurden mir plötzlich die Augen geöffnet. Ich blickte die Wände, die Decke, den Boden an … und ich sah. Tausende Menschen, verwoben, mit geschlossenen Augen, ruhend. Rücken und Bäuche und Arme und Beine und Hände und Haare. Sie waren die schwammige Oberfläche unter meinen Füßen, alle verschmolzen unter der glatten Oberfläche einer klebrigen Membran. Sie waren die wogenden Schatten an Wänden und Decke. Sie waren der Grund, weshalb das Gebäude so
Weitere Kostenlose Bücher