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INRI

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Titel: INRI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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innerhalb weniger Jahre entwickelte, vom Tode Jesu bis zu der Zeit, in der die Evangelien geschrieben wurden. Aber das Christentum war nichts Neues. Nur der Name war neu. Das Christentum war nur eine Phase in der Begegnung, der gegenseitigen Befruchtung und der Metamorphose der westlichen Logik und des östlichen Mystizismus. Sieh Dir an, wie sich die Religion selbst im Laufe der Jahrhunderte änderte, wie sie immer wieder neu ausgelegt wurde, um sie den veränderten Zeiten anzupassen. Christentum ist nur ein neuer Name für ein Konglomerat aus alten Mythen und Philosophien. Die Evangelien berichten nichts anderes als den alten Sonnenmythos und werfen einige der Gedanken der Griechen und Römer durcheinander.
Schon im zweiten Jahrhundert wiesen jüdische Gelehrte nach, was für ein Mischmasch sie darstellten.
Sie wiesen auf die großen Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Sonnenmythen und dem christlichen Mythos hin. Die Wunder geschahen nicht - sie wurden später erfunden, von hier und dort entliehen.
Erinnerst Du Dich an die alten viktorianischen Professoren, die behaupteten, Plato sei in Wirklichkeit ein Christ gewesen, weil er christliche Gedanken vorwegnahm?
Christliche Gedanken!
Das Christentum war ein Boden für Gedanken, die schon Jahrhunderte vor Christus im Umlauf waren. War Mark Aurel ein Christ? Er schrieb in der direkten Tradition westlicher Philosophie. Deshalb faßte das Christentum in Europa Fuß und nicht im Osten!
Du hättest bei Deiner Voreingenommenheit Theologe sein sollen - und nicht versuchen sollen, Psychologe zu werden. Das gleiche gilt für Deinen Freund Jung.
Versuch Dir all diesen krankhaften Unsinn aus dem Kopf zu schlagen, und Du wirst mit Deinem Leben viel besser zurechtkommen.
Deine Monica!
    Er zerknüllte den Brief und warf ihn weg. Später am Abend kam ihm die Versuchung, ihn noch einmal zu lesen, aber er widerstand der Versuchung.
    Die Zeitmaschine kam ihm fremd vor. Vielleicht, weil er sich so an das primitive Leben der Essener gewöhnt hatte, erschien ihm die aufgeplatzte Kugel so sonderbar, wie sie ihnen erscheinen mußte.
    Er berührte den Stift, der normalerweise die Luftschleuse von außen betätigt hätte, aber es geschah nichts.
    Er kroch durch den Riß hinein. Die ganze Flüssigkeit war ausgelaufen, wie er schon wußte, und ohne die polsternde Wirkung der Flüssigkeit würde jede Reise durch die Zeit wahrscheinlich sowieso tödlich für ihn enden.
    Johannes der Täufer spähte hinein, als hätte er Angst, Glogauer würde versuchen, mit seinem Wagen zu fliehen.
    Glogauer lächelte ihn an. »Mach dir keine Sorgen, Johannes!«
    Alles war tot. Die Motoren liefen nicht an, und selbst wenn er ihr Gehäuse geöffnet hätte, er war nicht Techniker genug, um sie in Ordnung zu bringen. Keines der Instrumente arbeitete. Die Zeitmaschine war tot.
    Wenn Headington nicht eine neue Maschine baute und ihm nachschickte, mußte er für immer in dieser Zeit bleiben.
    Die Einsicht traf ihn wie ein Schock.
    Er würde wahrscheinlich das zwanzigste Jahrhundert nie wiedersehen und nicht berichten können, was er hier erlebte.
    Tränen traten in seine Augen. Er wankte von der Maschine weg und stieß Johannes beiseite.
    »Was ist, Immanuel?«
    »Was mache ich hier? Was mache ich hier?« rief er in Englisch. Er brachte die Worte kaum heraus. Auch sie kamen ihm fremd vor. Was ging mit ihm vor?
    Es kam ihm der Gedanke, die ganze Sache könne eine Illusion sein, ein langer Traum. Die Idee der Zeitmaschine kam ihm jetzt absolut lächerlich vor. Das Ding war eine Unmöglichkeit.
    »O Gott«, stöhnte er, »was geht vor?«
    Wieder überkam ihn ein Gefühl völliger Verlassenheit.
    8
    Wo bin ich?
    Wer bin ich?
    Was bin ich?
    Wo bin ich?
    »Zeit und Identität«, pflegte Headington voller Begeisterung zu sagen, »die zwei großen Mysterien. Winkel, Kurven, weiche und harte Perspektiven. Was sehen wir? Was sind wir, daß wir auf besondere Art sehen? Was können wir sein oder gewesen sein? All die Windungen und Kurven der Zeit. Ich hasse die Gedanken, die die Zeit als eine Dimension des Raumes dargestellt wissen wollen, sie mit räumlichen Metaphern beschreiben. Kein Wunder, daß sie nirgendwohin führen. Die Zeit hat nichts mit dem Raum zu tun - sie hat mit der Psyche zu tun. Ah! Niemand versteht das. Nicht einmal ihr!«
    Die anderen Mitglieder der Gruppe hatten ihn als ein wenig geistesverwirrt angesehen.
    »Ich bin der einzige«, hatte er ruhig und ernst gesagt, »der die Natur der Zeit wirklich

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