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INRI

INRI

Titel: INRI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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von der Realität…«
    »Es wäre alles ganz in Ordnung mit dir, wenn du dich den Dingen stellen würdest - ein Schuß zuviel Narzißmus, das ist alles.«
    »Jemand sagte mir, ich haßte mich selbst zu sehr…«
    »Einfach zuviel Ich.«
    Er hielt seinen beschnittenen Penis in der Hand und sah ihn liebevoll an.
    »Du bist der einzige Freund, den ich habe. Der einzige Freund, den ich habe.«
    Oft nahm er in seinen Gedanken einen selbständigen Charakter an. Ein lieber Freund, ein Freudenspender. Doch auch ein bißchen ein loser Bursche, der ihn immer wieder in Schwierigkeiten brachte.
    Weiche Silberkreuze, die sich auf der blanken Meeresoberfläche ausbreiteten.
    Platsch!
    Hölzerne Kreuze fielen vom Himmel.
    Platsch!
    Sie zerrissen die Oberfläche und schlugen die Silberkreuze entzwei.
    »Warum zerstöre ich alles, was ich liebe?«
    »Oh, Gott! Laß das weinerliche Pubertätsgestammel, Karl, ich bitte dich!«
    Platsch.
     

Durch die ganze Arabische Wüste zog ich meinen Weg, ein Sklave der Sonne, auf der Suche nach meinem Gott.
    »Zeit und Identität - die beiden großen Mysterien…«
    Wo bin ich?
    Wer bin ich?
    Was bin ich?
    Wo bin ich?
     
    9
    Fünf Jahre in der Vergangenheit.
    Fast zweitausend Jahre in der Zukunft.
    Im heißen, verschwitzten Bett mit Monica.
    Wieder einmal hatte ein Ansatz zu einem normalen Liebesakt nach und nach zur Ausübung leicht abartiger Handlungen geführt, die sie mehr zu befriedigen schienen als alles andere.
    Ihr richtiges Werben und die Erfüllung sollten noch kommen. Wie gewöhnlich würden sie verbaler Natur sein. Wie gewöhnlich würden sie Ihre Klimax in einem zornigen Streitgespräch finden. »Ich nehme an, du willst mir sagen, daß du wieder nicht befriedigt bist.« Sie nahm die brennende Zigarette, die er ihr in der Dunkelheit reichte.
    »Mir fehlt nichts«, sagte er.
    Es herrschte eine Weile Stille, während sie rauchten.
    Schließlich begann er doch zu reden, obwohl er wußte, wohin es führen würde.
    »Es ist doch Ironie, nicht?« begann er.
    Er wartete auf ihre Antwort. Sie hielt sie noch eine Weile zurück.
    »Was?« fragte sie endlich.
    »All dies. Du bringst den ganzen Tag damit zu, Neurotikern mit ihren sexuellen Problemen zu helfen. Und in der Nacht tust du dasselbe wie sie.«
    »Nicht im gleichen Ausmaß. Du weißt, daß es bei allem nur auf den Grad ankommt.«
    »So sagst du.«
    Er drehte den Kopf herum und betrachtete in dem Sternenlicht, das durchs Fenster kam, ihr Gesicht.
    Sie war ein hagerer Rotkopf mit der ruhigen, professionellen Verführerstimme der psychiatrischen Helferin. Es war eine so weiche, unaufrichtige Stimme. Nur gelegentlich, wenn sie besonders erregt wurde, ließ ihre Stimme ihren wahren Charakter durchblicken.
    Ihre Gesichtszüge, dachte er, erscheinen nie entspannt, nicht einmal, wenn sie schlief. Ihre Blicke waren ewig wachsam, ihre Bewegungen selten spontan. Jeder Zoll ihres Wesens war abgeschirmt, und das war wahrscheinlich der Grund, weshalb sie so wenig Spaß am normalen Liebesakt fand.
    Er seufzte.
    »Du kannst dich einfach nicht gehenlassen.«
    »Oh, hör mir doch auf, Karl! Sieh dich doch selber an, wenn du nach neurotischem Fehlverhalten suchst!«
    Sie bedienten sich der psychiatrischen Terminologie. Beide fühlten sich wohler, wenn sie etwas beim Namen nennen konnten.
    Er wälzte sich von ihr weg, griff nach dem Aschenbecher auf dem Nachttisch und erhaschte einen Blick auf sich selbst im Spiegel über der Frisierkommode.
    Er war ein bleicher, überspannter, düsterer jüdischer Kleriker mit einem Kopf voller Vorstellungen und ungelöster fixer Ideen, einem Körper voller widersprüchlicher Emotionen. Er zog bei diesen Streitereien mit Monica immer den kürzeren. Verbal zumindest war sie die Dominierende.
    Diese Wortgefechte erschienen ihm oft perverser als ihre sexuellen Handlungen, bei denen er wenigstens meistens eine männliche Rolle spielte. Zu dieser Zeit war ihm bewußt geworden, daß er im wesentlichen passiv, masochistisch und unentschlossen war. Sogar sein häufig aufkommender Zorn war in diesen Tagen impotent.
    Monica war um zehn Jahre älter als er, um zehn Jahre bitterer. Als Individuum war sie dynamischer als er, glaubte er jedenfalls. Doch sie versagte sehr oft bei ihrer Arbeit. Sie machte aber weiter und wurde nur oberflächlich immer zynischer, doch im stillen hoffte sie vielleicht doch auf ein paar aufsehenerregende Erfolge bei Patienten. Sie versuchte zuviel zu erreichen, das war der Fehler, dachte er. Die Priester

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