Ins Eis: Roman (German Edition)
etwas Tolles einfallen lassen, Fredrik. Allein die Bilder von der Eishöhle, zu der es morgen gehen wird, lassen Wunderschönes erwarten.«
»Die Damen fahren zur Eishöhle«, stellte Oda klar. »Die Herren brechen morgen bereits mit den Hundeschlitten auf. Was auch der Grund ist, weshalb wir euch eure Männer leider jetzt kurz entführen werden. Wir müssen die Ausrüstung mit ihnen besprechen und möchten, damit jeder weiß, worauf er sich einlässt, eine kurze Runde mit den Hunden drehen. Sind jetzt noch Fragen? Die Damen haben morgen noch genügend Gelegenheit, mich zu löchern und sich vorzubereiten. Ich werde euch dann auch genau erklären, was ihr einpacken solltet. Die Kälteausrüstung bekommt ihr von uns. Anzüge und Stiefel sind im Übrigen ganz neu; ihr seid die Ersten, die sie tragen.«
In diesem letzten Kommentar bewies sich erneut Elisabeths Hand bei der Vorbereitung des Geburtstags, wie Kirsten vermutete. Es juckte sie nach wie vor in den Fingern, Tanja eine zu knallen, aber Fredriks Schwägerin schien ausnahmsweise selbst der Meinung zu sein, den Bogen überspannt zu haben. Zumindest setzte sie ein Gesicht auf, das wohl Optimismus ausstrahlen sollte, lehnte sich zu ihrem Sohn und sagte: »Das wird dir bestimmt Spaß machen, Tobias. Du hast dir ja immer einen Hund gewünscht.«
»Ja, das stimmt. Bloß dachte ich nie, dass ich den Hund gegen mein Bett eintauschen müsste.« Sie lachten. Wenig später brausten die Männer im Agenturbus davon. Sie nahmen Jonas mit, der ein wenig traurig war, weil er noch zu klein war, um an der Hundeschlittentour teilzunehmen. Aber die Aussicht auf einen Nachmittag mit den Hunden besänftigte ihn ein wenig, und Tim versprach, ihn diesmal nicht nur im Gepäcksack mitfahren zu lassen, sondern ihn wie die Erwachsenen eine Runde hinten auf den Kufen drehen zu lassen. Als einziges männliches Familienmitglied blieb Fredrik im Hotel zurück. Er, so verkündete er, sei bereits ausgerüstet und brauche die Einführung nicht mehr. Kirsten folgte ihm auf sein Zimmer.
»Bist du zufrieden?«, fragte sie, sobald sie allein waren. »Ich dachte, du wärest womöglich ein wenig enttäuscht, weil es weder einen kollektiven Aufschrei noch Gejammer gab.«
»Hältst du mich für so diabolisch?«
»Ich vermute durchaus, dass du einen gewissen diebischen Spaß daran hast, alle in die Eiseskälte zu schicken. Du willst uns zeigen, wo du herkommst, und den Männern, was ein richtiger Kerl ist.«
»Jetzt übertreibst du ein wenig, Kirsten. Das ist kein Macho-Ritual. Allzu anstrengend oder abenteuerlich wird die Hundeschlittentour nicht werden, du hättest bestimmt auch deinen Spaß daran. Nein, meine Überlegung, mit Hartmut, Erland und Peter länger unterwegs zu sein, ohne die Damen, hat noch andere Gründe. Und Tobias auszuschließen und zu den Damen zu schicken erschien mir dann doch zu hart.«
»Lass mich raten: Es geht um die Bank.«
Auf Fredriks Einladung hin setzte sie sich in einen Sessel. In der Luft hing der Geruch von Elisabeths teurem Parfüm, doch sie waren unter sich.
»Ist dir bewusst, meine Liebe, dass wir seit mehreren Monaten intensiv die Zukunft der Bank diskutieren?«
Kirsten nickte.
»In diesen Tagen ist hier auf Spitzbergen fast die komplette Leitungs- und Inhaberebene der Bank versammelt. Hartmut und ich als persönlich haftende Gesellschafter, Elisabeth als stille Gesellschafterin, Erland und Peter, beide in leitender Funktion. Wenn ich in die Zukunft der Bank blicke, bin ich mir nicht sicher, ob wir mit der jetzigen Struktur krisenfest genug aufgestellt sind. Wie stark der Zusammenhalt sein wird, wenn harte Entscheidungen getroffen werden müssen. Oder ob ich mich nicht doch für den Einstieg – einen massiven Einstieg – eines institutionellen Investors aussprechen sollte.«
»Dann ist das hier ein verkapptes Managertraining?«
»Sagen wir, ich schwanke momentan noch ein wenig in meiner endgültigen Entscheidung. Schau dir Erland und Peter an. Erland ist mein Sohn, und er ist unglaublich gut auf seiner Position. Aber ich sehe leider nicht, dass er das Zeug zu mehr hätte. Er ist perfekt auf der zweiten Ebene, die Mitarbeiter mögen ihn, im Umgang mit Kunden ist er wunderbar, er ist loyal, bodenständig, hat Familiensinn und Anstand, was in diesem Geschäft nicht selbstverständlich ist. Aber er kann keine Konflikte austragen, seine Visionskraft und sein Lösungsvermögen sind eingeschränkt. In diesen Dingen ist Peter ihm überlegen, und deshalb denke
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