Ins Eis: Roman (German Edition)
ich, dass Peter in nicht allzu ferner Zukunft an Erland vorbeiziehen wird.«
»Das wird Erland nicht gefallen.«
»Nein, ich weiß, und es tut mir auch leid. Wenn Kristoffer noch am Leben wäre, dann lägen die Dinge ein wenig anders. Kristoffer hätte das Zeug gehabt, es im Laufe der Zeit nach ganz oben zu bringen. So wie ich damals. Erland und Kristoffer – aus irgendeinem Grund gab es zwischen ihnen nie eine Konkurrenz, wie sie zwischen Brüdern oft selbstverständlich ist. Aber dass ich in Erlands Augen Peter ihm gegenüber bevorzuge, scheint ihn sehr zu wurmen.«
»Dann willst du also aussteigen?«
»Ich bin fünfundsiebzig, Kirsten. Niemand will einen Tattergreis an der Spitze einer Bank.«
»Peter hat mich heute früh gefragt, ob du Kristoffer in deine Pläne eingeweiht hast.«
»Das habe ich nicht.« Fredrik tippte sich an die Schläfe. »Das ist alles hier drin. Ich hatte Kristoffer ein Angebot gemacht, welches er angenommen hat. Doch ich hatte ihn damit nicht zu meinem Nachfolger auserkoren, das hätte ich ja auch gar nicht gekonnt, da sind ja noch die anderen Gesellschafter, die Bankenaufsicht, unmöglich, sich auf Jahre hinweg auf so etwas festzulegen. Das hat er verstanden.«
»Ich weiß.«
»Kirsten.« Zu ihrer Überraschung ging Fredrik zum zweiten Mal innerhalb einer Stunde neben ihr in die Hocke. Diesmal griff er sogar nach ihrer Hand. »Du bist Kristoffers Frau, die Mutter meines Enkels. Meines einzigen Enkels«, fügte er nachdrücklich hinzu. »Ich möchte, dass du mein Wort nimmst, dass ich dich und Jonas niemals hängen lassen werde. Wir haben nie über Finanzen gesprochen, aber Kristoffer war selbstständig, du Hausfrau, und ich weiß, dass ihr nicht viel gespart habt.«
»Kristoffer hatte eine Lebensversicherung«, unterbrach ihn Kirsten. »Sie wird nicht ewig reichen, aber für zwei Jahre sicherlich, und das sollte wohl genügen, dass ich mir einen Job organisiere, der Jonas und mich ernährt. Mach dir keine Sorgen.«
In Fredriks Rücken ging die Tür auf. Elisabeth kam herein und stockte, als sie ihren Mann zu Kirstens Füßen entdeckte. Fredrik drehte kurz den Kopf. Er nickte. Elisabeth schloss die Tür hinter sich.
»Kirsten«, setzte Fredrik fort, »ich mache mir um dich überhaupt keine Sorgen. Du wirst immer auf deinen Füßen landen und deinen Weg finden. Du bist eine Kämpferin, du bist angstfrei, und du bist stolz. Trotzdem verspreche ich dir, dass du und Jonas versorgt sein werdet. Solange ich lebe und nach meinem Tod sowieso.«
Bewegt erwiderte Kirsten den Händedruck. Elisabeth nahm unterdessen den Schal vom Hals und faltete ihn zusammen. Sie hatte den Kopf zur Seite geneigt, den Blick auf das Kaschmirtuch gerichtet.
»Dieses Versprechen gilt bedingungslos, meine Liebe. Du kannst dein Leben so führen, wie du willst, ich vertraue dir völlig, dass du die richtigen Entscheidungen triffst. Suche dir eine Arbeit, die dir Freude macht, nimm nicht den ersten dummen Job an, weil du dich von Sorgen getrieben fühlst.« Ärger lag nun in seiner Stimme. »Wir wissen ja, nur eine Mutter, die mit sich im Reinen ist, zieht starke und selbstständige Söhne groß.«
Kirsten winkte ab. »Du musst dich für Tanja nicht entschuldigen, Fredrik. Der Begriff existiert im Deutschen tatsächlich. Kälteidiotie, du kannst ihn bei Wikipedia nachschlagen.«
Fredrik schlug mit der Faust auf die Lehne des Sessels. »Kristoffer war kein Idiot. Er starb nicht als Idiot, und ich werde jeden aus dieser Familie ausschließen, der das Gegenteil behauptet.«
Fredriks sorgsam ausgeheckte Pläne erhielten am nächsten Morgen einen Dämpfer: Kirsten erschien gerade mit Jonas zum Frühstück, als Peter verkündete, er würde leider nicht mit auf die Herrentour gehen können. Er war mit Rückenschmerzen aufgewacht, hatte sich nur unter Pein aus dem Bett erheben können, ein altes Leiden, das er seit seinen Klettertagen mit sich herumschleppte. Er war sich ziemlich sicher, dass seine Probleme auf die Probefahrt mit den Hundeschlitten zurückgingen. Das stundenlange Stehen auf dem Schlitten, die Nächte im Zelt ließen ihn Böses ahnen. »Am Ende wache ich morgens auf und kann nicht mehr aufstehen. Dann könnt ihr mich gleich selbst in einen Schlitten umfunktionieren und hinterherschleifen. Es tut mir echt leid, so ein Abenteuer ist eigentlich genau mein Ding, aber ich würde euch am Ende wohl nur zur Last fallen, und das will ich nicht.«
Elisabeth meinte, Peter müsse sich überhaupt nicht
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