Ins Eis: Roman (German Edition)
sei eben ein kontaktfreudiger Mensch.
Fredrik zählte die Anwesenden durch, dann klatschte er, um Ruhe bittend, in die Hände. Oda ließ Bridgestone Platz machen und blieb neben Fredrik stehen, während Tim sich auf einen Tisch in der Zimmerecke setzte.
»So, meine Lieben«, begann Fredrik. »Dann wollen wir jetzt mal das Geheimnis lüften. Ich habe das Vergnügen, euch Oda und Tim vorzustellen. Oda ist Chefin der Agentur, mit der wir das Programm geplant haben, Tim ist einer ihrer Mitarbeiter. Die beiden werden ab jetzt alles für euch übernehmen, wenn nötig, sogar das Denken.«
»Ich dachte, das wäre deine Rolle, Fredrik«, bemerkte Hartmut trocken unter dem Gelächter der Anwesenden. »Oder verkündest du hiermit deinen Ruhestand?«
»Nennen wir es lieber einen temporären Ruhe gang . Ich habe den Wert von Stehenbleiben nie verstanden.« Mit einer galanten Verbeugung lud Fredrik Oda ein, das Wort zu übernehmen. Die Agenturchefin schenkte den Versammelten ihr Julia-Roberts-Lächeln und bat Fredrik, das Licht herunterzudrehen.
Die Anfangstakte von »Stairway to Heaven« erklangen. Das Bild wechselte. Der schwarze Schriftzug Spitsbergen Polar Adventures erschien auf eisblauem Hintergrund und löste sich in der Nahaufnahme eines Eisbärenaugenpaares auf. Es folgten sich langsam überblendende Fotos Longyearbyens bei Nacht und vor Bergen mit rosa überhauchten Gipfeln. Die Gebäude der Stadt wichen Relikten des Kohleabbaus, dann einem einzelnen Kuppelzelt auf einem zugefrorenen Fjord unter einem marmorierten Himmel. Polarfüchse wechselten sich ab mit tollenden Eisbärenbabys und einer sich durch den Schnee kämpfenden zarten, weißen Blüte. Von Eiszapfen umrahmte Gesichter, ein Hundeschlittenteam vor einer kleinen Herde Rentiere, Nordlichter in grünen Schwaden und Bändern, eine kalbende Gletscherwand, eine Gruppe Touristen in einer Eishöhle und am Ende ein Schiff im Eis, ein Zweimaster, auf dessen rot gemalten Planken der Name »Noorderlicht« prangte.
Als das Lied immer leiser wurde und das letzte Bild mit dem offiziellen Schriftzug der Inselgruppe Svalbard – natura dominatur die Diashow beendete, applaudierten alle. Das Licht ging wieder an, Oda schaltete den Beamer aus. »Und das Beste ist«, verkündete sie, »das meiste von dem, was ihr auf diesen Bildern gesehen habt, werdet ihr in den nächsten Tagen auch in Wirklichkeit sehen, das kann ich euch garantieren.«
»Unglaublich!«, ließ sich Hartmut vernehmen.
»Und nicht übertrieben«, fügte Fredrik hinzu.
»Um das alles zu erleben, werdet ihr Longyearbyen für einige Tage und Nächte verlassen«, setzte Oda ihre Einführung fort. »Wir werden die Gruppe teilen, es wird ein Damenprogramm und ein Herrenprogramm geben. Ersteres werde ich selbst führen, das Herrenprogramm wird Tim leiten. Doch da dies eine Geburtstagsfeier ist, wollen wir euch natürlich nicht für mehrere Tage auseinanderreißen, sondern die Gruppen werden sich unterwegs wieder treffen. Wie ihr seht, sind Tim und ich auch nicht alleine gekommen. Wir haben unseren – zumindest für die Herrentour – wichtigsten Helfer mitgebracht. Darf ich vorstellen: Bridgestone, seines Zeichens Leithund.«
Bridgestone blinzelte einmal, da er seinen Namen hörte und plötzlich im Brennpunkt von einem Dutzend Augenpaaren stand. Er klopfte mit dem Schwanz auf den Boden, entschied sich dann jedoch dafür weiterzuschlafen. Jonas kniete stolz neben ihm auf dem Boden, eine Hand besitzergreifend auf seinem Rücken.
Oda referierte weiter: Die Damen würden am kommenden Tag einen Ausflug zu einer Eishöhle unternehmen und danach noch eine Nacht im Hotel schlafen. Das Herrenprogramm würde bereits am nächsten Vormittag beginnen. Aufbruch zu fünf Tagen Wildnisabenteuer. Jeder, wie Oda strahlend betonte, auf seinem eigenen Hundeschlitten.
Erland, Hartmut und Peter klatschten bei dieser Ankündigung in die Hände. Tobias sagte nichts, saß nur mit vorgeschobener Unterlippe da. Tanja blickte angewidert auf den etwas struppigen Hund, schien sich jedoch mehr Sorgen zu machen, was wohl auf sie zukommen würde. Die Herren würden die erste Nacht in einem Camp mit beheiztem Zelt verbringen, bevor sie am zweiten Tag die »Noorderlicht« erreichten, das im Eis liegende Segelschiff, das sie auf den Fotos gesehen hatten. Das Schiff war ein Hotelschiff; dort würde die Gruppe am zweiten Tag zu den mit Schneemobilen anreisenden Damen stoßen. Je nach Vorliebe könnten die Damen wählen, ob sie einen eigenen
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