Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
Lüttmanns Lütte Lüd …«
Timo Albrecht winkte ab. »Sorry, Sebastian, weiß ich schon. Ich wäre beinahe im Graben gelandet, als ich der Blaulicht-Kavallerie ausweichen musste. Natürlich ist mein Bus im Schlamm des Seitenstreifens steckengeblieben. Ich hatte Glück – ein Bauer aus der Gegend kam zufällig mit seinem Traktor vorbei und zog mich wieder raus. Aber ich muss jetzt weiter. Tschüs.«
»Tolle Geschichte!«, rief Brusche ihm hinterher. »Wer war der Bauer? Was für ein Traktor? Ich brauche Details!«
Timo Albrecht stand bereits in der offenen Haustür von Mandy Klöppels Haus. Er drehte sich noch einmal um und rief zurück: »Später, Sebastian. Du weißt, wo du mich findest.« Damit ging er hinein.
»Das wird ein super Artikel«, murmelte Brusche, dann ging er weiter zu Pippa und Florian, die gerade vereinbarten, dass der junge Mann sich bei ihr melden würde, sobald er mit seiner Mutter gesprochen hatte.
»Nun zu Ihnen, Frau Bolle«, sagte Brusche strahlend.
»Nein, zu Ihnen, Herr Brusche«, antwortete Pippa. »Frau Gerstenknecht gewährt Ihnen ein Exklusivinterview. Das Angebot gilt allerdings nur noch fünf Minuten. Gehen Sie über die Terrasse hinein, sie erwartet Sie im Wohnzimmer. Sie dürfen jede Frage stellen, die Sie wollen. Keine verbotenen Themen. Sie haben doch keine Angst vor Hunden?« Damit ließ sie ihn stehen.
Als sie sich noch einmal umdrehte, brachte sie der Gesichtsausdruck, mit dem er ihr hinterhersah, zum Lachen. Dort stand ein Mann, der nicht fassen konnte, dass sich seine wildesten Träume urplötzlich erfüllten.
Der Blick der Arzthelferin sprach Bände. Hier wurde nicht diskutiert. »Mir ist gleich, wer Sie schickt oder für wen Sie arbeiten, Frau Bolle«, sagte sie streng. »Ich kenne Sie nicht. Keinesfalls wird Doktor Wegner auf Zuruf ein Medikament für einen Dritten herausgeben. Wie alle anderen werden Sie warten, bis Sie an der Reihe sind, und dann können Sie ihm erklären, worum es geht. Bitte nehmen Sie im Wartezimmer Platz.«
Stimmengewirr drang aus dem überfüllten Wartebereich, und Pippa hörte schon in der Tür, dass auch Hollwegs Tod zu den Gesprächsthemen gehörte.
Würde mich gar nicht wundern, wenn Christabel mich auch deshalb hergeschickt hat, damit ich die allgemeine Stimmung erkunde. Die Meinung der Leute über sie und die Firma ist ihr wichtiger, als ich dachte. Allmählich sollte ich wirklich begreifen, dass Christabel nichts ohne Grund tut. Bestimmt hat sie ihre Tropfen noch literweise vorrätig.
Sie grüßte freundlich in die Runde und setzte sich auf die breite, niedrige Fensterbank, denn alle Stühle waren belegt.
Die Atmosphäre entsprach eher der einer Gastwirtschaft, zumal beinahe alle Anwesenden, unter ihnen auch Erich, ein Getränk in den Händen hielten. Auf einem kleinen Tisch in der Ecke des Raumes standen Thermoskannen, die mit »Kaffee« und »Tee« beschriftet waren.
Gerade hatte sich der rotwangige Mann bedient, den Pippa schon am Bücherbus gesehen hatte. Er ließ sich ächzend auf seinen Stuhl fallen. »Hier ist es doch bei diesem Wetter um einiges gemütlicher als in Heinrichs zugiger Mühle.«
Eine Frau kicherte. »Da hast du recht, Ernie. Und uns wird garantiert nicht dieser fürchterliche Storchschnabeltee verschrieben.«
»Storchschnabeltee geht ja noch. Mir gibt er Schafgarbe.« Erich verzog das Gesicht.
»Blähungen?«, fragte sein Stuhlnachbar interessiert. »Und? Hilft es dir? Ich kann mich immer noch nicht überwinden, das Gebräu zu trinken.«
»Dann nimm dir ein Beispiel an Hollweg. Wegen seines Magens lässt ihn Doktor Wegner das Zeug literweise trinken. Ließ, meine ich.« Als er Hollwegs Namen nannte, verstummten die anderen Gespräche im Raum.
»Die Fabrik wird wohl jetzt erst einmal geschlossen bleiben«, mutmaßte ein Mann. »Die Ade-Bar haben sie erst nach Tagen freigegeben.«
Zustimmendes Gemurmel erklang, dann sagte eine jüngere Frau: »Wir Heimarbeiterinnen haben nur noch so lange zu tun, wie es Vorräte unbemalter Wichtel gibt, Hermann. Dann wird es bei uns heikel.«
Wie auf ein geheimes Signal wurde es wieder still, und die Blicke aller wandten sich Pippa zu.
Diese blickte von dem Hochglanzmagazin auf, das sie zu lesen vorgab. »Frau Gerstenknecht wird niemanden finanziell hängenlassen, da bin ich sicher.«
»Es ist nur, weil Herr Hollweg in letzter Zeit immer wieder betont hat, dass es keine Gehaltserhöhungen gibt«, erklärte Hermann, »er sagte, dass es der Firma nicht gutgeht. Und
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