Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
bekannt vor. Dir?«
»Nee, keiner von unseren«, stimmte Erich zu. »Schätze, der gehört an die Elbe, ins Storchendorf Rühstädt oder nach Wahrenberg …«
Beinahe widerwillig löste Pippa sich aus der munteren Truppe und ging weiter in Richtung Bücherbus. Die unterhaltsamen Diskussionen der Storchwinkeler machten ihr Spaß, aber sie war schließlich in Christabels Auftrag unterwegs. Und deren Einfluss war überall gegenwärtig. In jedem der Vorgärten, die sie passierte, entdeckte Pippa Gartenzwerge. Sie bemerkte, dass die kleinen Figuren individuelle Gesichtszüge trugen, ganz so, als wären sie Miniaturversionen ihrer Besitzer. Ein Garten tanzte aus der Reihe: Dort standen überall Vogelskulpturen, in den Blumenkästen, auf dem Rasen und außen auf den Fensterbänken, so lebensecht, als würden sie jeden Moment auffliegen.
Das muss Meissners Ferienhaus sein, dachte Pippa. Professor Piep – das muss man sich erst einmal trauen, den seriösen Herrn Professor so zu nennen!
Wieder kam sie an einem Grüppchen Dörfler vorbei. Sie unterhielten sich auf Altmärkisch, und Pippa schnappte auf, dass de Dörpstrat vor den Häusern von Bornwasser und von Mandy Klöppel schon viel zu lange nicht mehr ordentlich geharkt worden sei und es allmählich tied wörd , das zu regeln. Der Verstorbene könne natürlich aus bekannten Gründen nicht mehr selbst harken, aber im Fall von Mandy Klöppel sei ein ernstes Wort überfällig …
»Bestimmt denkt sie nicht daran, dass morgen das lange Osterwochenende beginnt, und will es Samstag erledigen«, verteidigte sie eine Frau mittleren Alters. »Oder sie hat heute noch keine Zeit gehabt.«
Zwei Männer stießen sich feixend an. »Ganz bestimmt sogar, Elke. Die hat erst Zeit, wenn der Bücherbus wieder weg ist«, sagte der eine.
Die Frau runzelte die Stirn. » Arbeit is keen Has, se löppt nicht wech. Mandy kann später auch noch harken.«
Der Bücherbus stand bereits an der Haltestelle. Auf der verschlossenen Eingangstür prangte die Graphik eines Dreiecks mit einem Storch in jeder Ecke. Die Vögel waren einem aufgeschlagenen Buch in der Mitte des Dreiecks zugewandt, in dem die Öffnungszeiten zu lesen waren. Pippa suchte nach denen von Storchwinkel und erfuhr: Dienstag und Donnerstag 11.00 bis 14.00Uhr, keine Wartezeit für Leser in 3L-Mittagspause .
Ein Blick auf die Armbanduhr zeigte ihr, dass es bereits kurz vor halb zwölf war. Sie drehte sich zu den drei ebenfalls wartenden Männern um.
Ein zahnloser Alter grinste sie an. »Schon richtig, Mädchen, der Bus sollte um elf Uhr öffnen, aber das wird noch dauern. Die Mandy ist heute erst spät aus Storchentramm zurückgekommen.«
Ein rotwangiger, stark übergewichtiger Mann lehnte am Bus. Er kicherte und sagte: »Aus den Krallen von der Pallen.«
Gerade als Pippa fragen wollte, was Mandys Rückkehr aus Storchentramm mit der verschlossenen Bustür zu tun hatte, tippte der Zahnlose auf das Ziffernblatt seiner Uhr. »Timo ist erst seit einundzwanzig Minuten bei der Mandy.«
Erich hatte die kleine Gruppe ebenfalls erreicht und diesen Kommentar gehört. »Na ja, dann wird’s ja nicht mehr lange dauern. Sein Durchschnitt sind dreiunddreißig Minuten.«
»Ja, der ist noch jung«, sagte der dritte Mann. »Bei den Bürgermeistern reichen fünfzehn Minuten. Maximal sechzehn.«
Die drei lachten.
Erich hob den Zeigefinger. »Nicht ganz richtig, Hannes. Das gilt für Zacharias, Thaddäus schafft es länger. Wenigstens dabei lässt er seinen Bruder hinter sich.«
»Das MEK stellt sich eben auf jede Zielperson individuell ein«, sagte der Zahnlose, und wieder lachten die Männer.
Pippas Verwirrung wuchs. MEK? Mobiles Einsatzkommando? Wieso das denn? Und wieso bei Mandy im Haus? War das vielleicht die Verstärkung, um die Seeger gebeten hatte?
Das MEK ist eine Spezialeinheit für Observation und Zugriff, grübelte Pippa, aber wer oder was benötigt hier Zugriff? Erwartet Seeger noch mehr Tote? Was macht hier im Dorf einen Sondereinsatz nötig – und was genau hat Mandy Klöppel damit zu tun?
Hilda Krause war zusammen mit Anett Wisswedel an den Bus gekommen, und die beiden Frauen gesellten sich zu Pippa. Hilda Krause trug einen Stapel Bücher, und Pippa verrenkte den Kopf, um die Aufschrift auf den Buchrücken lesen zu können.
»Dorothy L. Sayers und P. D. James – die lese ich auch gerne«, sagte sie, »und Sie haben sogar ein Buch gefunden, das ich noch nicht kenne.« Sie deutete auf den betreffenden Titel. »Hat es Ihnen
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