Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
ist ganz neu. Meine Verbundenheit mit Storchwinkel ist so eng, dass ich sogar zwei Exemplare mit Gartenzwergen drauf besitze.« Er lachte fröhlich. »Ich bin gerne Werbeträger für 3L, denn dank Christabel kann ich als freischaffender Künstler überleben. Sie ist meine einzige regelmäßige Kundin«, fuhr er fort. »Dass ich jetzt die Skulptur zu ihrem Hundertsten kreieren darf, ist nicht nur eine große Ehre, sondern sichert mir für lange Zeit den Lebensunterhalt.«
Pippa freute sich für ihn, fragte sich aber, wie Christabels üppiger Auftrag zu Hollwegs Aussage über ihre prekäre Finanzsituation passte. Hoffentlich hat sie sich nicht übernommen und muss Herrn X am Ende enttäuschen, dachte sie. Das wäre für beide ein Desaster.
Herr X bemerkte ihre Zweifel nicht, sondern redete begeistert weiter. »Wir wollen die durchgeixte Hundert mitten im Naturschutzgebiet platzieren. Selbstverständlich werde ich ausschließlich Naturmaterialien verwenden. In die drei Ziffern und das große X baue ich Ansiedlungsmöglichkeiten für Kleintiere aller Art: Nistkästen, Igelhäuser, Insektenhotels, Bienenstöcke …« Seine Wangen glühten vor Freude. »Professor Piep und der alte Heinrich beraten mich, damit meine Kreativität eine perfekte Verbindung mit den neuesten Erkenntnissen des Naturschutzes eingehen kann!«
Da sie den Ortseingang von Storchhenningen erreicht hatten, konnten sie sich während des Fahrens nicht mehr unterhalten. Das Dorf war deutlich größer als Storchwinkel und verfügte über gepflasterte Bürgersteige und regen Autoverkehr, der sie zu mehr Aufmerksamkeit als bisher zwang. Eine alte Kirche bildete den Mittelpunkt des Ortes, sie war umgeben von Backsteinbauten und Fachwerkhäusern. Wo in Storchwinkel große Nester auf Masten thronten, dienten hier Letztere – sichtlich nicht von Herrn X konstruiert – dem perfekten Handyempfang. Ein großer moderner, eckiger Kasten entpuppte sich als Kombination aus Gemeindeverwaltung und Wache der Freiwilligen Feuerwehr.
Wenn Seegers Kommissariat hier wäre statt in Salzwedel, müsste der Ärmste nicht ständig Dutzende Kilometer Landstraße fahren, dachte Pippa, als sie Herrn X auf die Straße folgte, die am Storchenkrug vorbei nach Storchwinkel zurückführte. Vorsichtig manövrierten sie mit den Fahrrädern durch die vielen Menschen, die zu Fuß zum Eiersuchen unterwegs waren.
Pippa bremste und stieg ab. »Mir ist das hier mit den Hunden zu heikel«, sagte sie zu Herrn X. »Lass uns lieber laufen.«
Er stimmte zu, und sie schoben ihre Räder, während die Hunde folgsam bei Fuß gingen. Pippa fiel eine Gestalt auf, die sich gegen den Menschenstrom ihren Weg bahnte.
»Kommissar Seeger! Sind Sie hier, um dem Volk aufs Maul zu schauen? In der Hoffnung, ein paar Informationen aufzuschnappen?«, fragte Pippa ihn scherzhaft, als sie aufeinandertrafen.
Seeger schüttelte grimmig den Kopf. »Ganz im Gegenteil: Ich habe gerade eben mehr erfahren, als mir lieb ist. Und zwar über die Biberbergs.«
Pippa lachte auf. »Wie das?«
Der Kommissar seufzte. »Ich war zu meiner täglichen Meditationsstunde im Vogelbeobachtungshaus – wegen der Eiersuche früher als sonst. Ich dachte, das wäre eine schlaue Idee, aber dann wurde ich von zwei bürgermeisterlichen Osterhasen gestört. Die beiden streiten wirklich über alles. Sogar darüber, wo welche Eier versteckt werden.«
»Sie machen Witze.«
»Ich wollte, es wäre so, aber Thaddäus Biberberg verweigerte sich lautstark den Anordnungen seines Bruders.«
»Die beiden haben die Süßigkeiten selbst versteckt?«, fragte Pippa. Sie wechselte einen amüsierten Blick mit Herrn X.
»Einen Teil davon. Zusätzlich haben sie noch eine ganze Mannschaft von Helfern herumgescheucht. Aber natürlich mussten sich die Biberbergs ausgerechnet meinen Rückzugsort aussuchen, um selbst aktiv zu werden.«
»Und wo wollte Zacharias die Eier versteckt haben?«
Seeger verdrehte die Augen. »In echten Vogelnestern. Wie einfallsreich. Aber ich vermute dahinter weniger kreative Ironie als vielmehr den Wunsch, Material zu sparen. Wahrscheinlich ging er zudem davon aus, dass die Leute dort nicht suchen würden.«
»Vielleicht sind alle Eier und Süßigkeiten Kommissionsware, und er hofft, die nicht gefundenen zurückgeben zu können.«
»Würde mich nicht wundern. Oder er hat vor, sie einschmelzen zu lassen und als Weihnachtsmänner wiederzuverwenden«, brummte Seeger. »Aber bei dieser Völkerwanderung dürfte er sich da schwer
Weitere Kostenlose Bücher