Ins Leben zurückgerufen
hier.«
Während er das sagte, blickte er in die Runde. Westropp ließ sich wie immer nichts anmerken. Mein Vater, würde ich mal raten, versuchte so auszusehen, als ginge er seit langem in Wards Haus in Cliveden ein und aus. Rampling sagte fröhlich: »Zum Teufel, ja, ich habe den Kerl kennengelernt, aber es war einer eurer ehrwürdigen Richter, der ihn mir vorgestellt hat. Hätte ich geahnt, daß er der Lude der oberen Zehntausend war, hätte ich besser aufgepaßt.« Und Partridge selber, der mehrmals mit Ward zu tun gehabt hatte, war natürlich angesichts der Umstände nicht besonders scharf darauf, die Tatsache an die große Glocke zu hängen, und schwieg in der Hoffnung, in Ruhe gelassen zu werden.
Doch Pam hatte es eindeutig auf Mickledore abgesehen.
»Ich denke mal, du bist der Meinung, daß er alles, was er abgekriegt hat, auch verdient hat?« ließ sie nicht locker.
»Ich glaube, er hat das eine, entscheidende Gesetz des Stammes gebrochen, zu dem er gehören wollte«, sagte Mickledore.
»Das wäre?«
Mickledore legte seinen Finger auf den Mund.
Einige Zeit später, mit Sicherheit nach elf, denn alle erinnerten sich daran, die Stalluhr gehört zu haben, stellte Mickledore die übliche Frage, ob die Flinten gereinigt seien. Pam Westropp sagte trotzig, nein, sie habe ihre noch nicht saubergemacht, ob man auch von ihr erwarte, daß sie ihr Geschirr vom Abendessen abwasche. Dennoch sagte sie nach ein paar weiteren Drinks, daß sie die Sache wohl besser hinter sich brächte, und stand auf. Auch ihr Mann erhob sich, ziemlich unsicher auf den Beinen, weil er sich während einer ausführlichen Tour durch die Köstlichkeiten von Sir Ralphs Keller an dessen Fersen gehängt hatte. Man brauchte schon eine eiserne Konstitution und hohle Beine, um es mit Mickledore aufnehmen zu können, wenn er in Trinklaune war. Nach Westropps späterer Aussage ging er mit seiner Frau nach oben, erbot sich, ihr beim Reinigen der Flinte zu helfen, bekam zu hören, daß sie durchaus in der Lage sei, ihre Dreckarbeiten selbst zu erledigen, stolperte in sein Zimmer, zog sich aus, fiel ins Bett und schlief den Schlaf der Gerechten, bis man ihn weckte.
Unten im Erdgeschoß wollte sich auch Jessica Partridge zurückziehen, doch ihr Mann hatte vor, noch eine Partie Billard mit Mickledore zu spielen. Mit der Warnung, sie ja nicht zu wecken, ging Jessica in Begleitung meiner Mutter Marilou nach oben. Mein Vater, der gern damit angab, weniger Schlaf als gewöhnliche Sterbliche zu brauchen, sagte, ihm stehe der Sinn nach einem Spaziergang um das Gut, wobei er eine Pfeife rauchen wolle, was er wahrscheinlich aus den Romanen von Dornford Yates aufgeschnappt hatte.
Scott Rampling fragte, ob er das Telefon benützen dürfe, und Mick verwies ihn an den Apparat im Studierzimmer des Ostflügels. Nach seiner Aussage, die durch Mickledores Telefonrechnung bestätigt wurde, war Rampling während der nächsten anderthalb Stunden, sofern nicht länger, damit beschäftigt, mit Amerika zu telefonieren.
Mein Vater behauptete, das Mondlicht habe ihn dazu verleitet, seinen Spaziergang länger auszudehnen als beabsichtigt. Er habe nicht auf die Zeit geachtet, habe aber nicht allzu lange, nachdem er sich auf den Weg gemacht hatte, die Stalluhr Mitternacht schlagen hören. Diese Uhr hatte übrigens, und wahrscheinlich hat sie es noch immer, das lauteste Schlagwerk, das ich jemals gehört habe, wenn man von Westminster einmal absieht. Mickledore war daran gewöhnt, und es störte ihn nicht, aber die übernächtigten Gesichter bei zahllosen Wochenendfrühstücken hatten ihn schließlich bewogen, eine Vorrichtung einbauen zu lassen, die den Schlag zwischen Mitternacht und acht Uhr morgens abstellte. So sah mein Vater erst, nachdem er wieder ins Haus zurückgekehrt war, daß es nach ein Uhr war. Er trug keine Armbanduhr, mit der Begründung, daß
er
die Zeit für
sich
arbeiten lasse.
Er traf auf Mickledore und Partridge, die aus dem Billardzimmer kamen. Mickledore hatte seinen Butler Gilchrist nach dem Essen zu Bett geschickt und machte sich nun auf seinen Kontrollgang durch das Haus, während die beiden anderen zusammen nach oben gingen.
Vor Partridges Zimmer blieben sie stehen, um ihre Unterhaltung zu Ende zu führen. Mickledore, der am Ende desselben Flurs auftauchte, da er die Nebentreppe genommen hatte, öffnete die äußere Tür der Waffenkammer. Einige Augenblicke später näherte er sich den beiden mit besorgter Miene. Der Schlüssel für die innere Tür
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