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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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geworden.«
    »Aber ich kann doch nicht einfach einen ganzen Morgen blaumachen …«
    »Ich vertrete dich«, unterbrach ihn der Dicke ungeduldig. »Bei Partridge würde ich anrufen und einen Termin ausmachen. Lords stehen auf Protokoll, es gibt ihnen das Gefühl, wichtig zu sein. Nannies fühlen sich manchmal einsam und ziehen Überraschungsbesuche vor.«
    Noch nicht einmal Soziologiedozenten geben ihre Binsenwahrheiten in Dalziels Brustton der Überzeugung von sich – vielleicht, weil seine eher der Realität entsprechen.
    Peter warf einen Blick auf die Bamberger Uhr. Wie ein Großteil der Kostbarkeiten im Zimmer sah sie echt aus, sofern er seinem Auge trauen durfte, das von einer langen Bekanntschaft mit Diebesgut geschult war. Sie sammelte eindeutig Antiquitäten. Vielleicht überhäuften die Reichen und Mächtigen aber auch diejenigen, die ihnen die widerlichen Seiten der Kinderaufzucht ersparten, mit dergleichen Kostbarkeiten. Die vergoldeten Zeiger der Uhr warnten ihn, daß die Reichen und Mächtigen diejenigen, die sich herausnahmen, sie warten zu lassen, mit ganz anderem überhäuften.
    Er sagte: »Und dieses Geräusch, das Sie weckte – hat man dafür noch eine andere Erklärung gefunden, außer daß es der tödliche Schuß war?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Ich bin mir sicher, daß es entweder aus dem Raum unter meinem Zimmer kam, der die Waffenkammer war, oder aus dem Raum neben meinem Zimmer, wo meine Mädchen schliefen, oder aus dem Raum über mir, in dem das Dienstmädchen Lowrie untergebracht war.«
    Vielleicht war es ja doch Partridges letzter Schuß gewesen! Pascoe runzelte die Stirn, um den Gedanken vor Miss Marshs sittenstrengem Auge zu verbergen.
    »Eigentlich hätte ich natürlich gar nicht in diesem Zimmer untergebracht sein sollen. Als die ältere Kinderfrau hätte ich die richtigen Kinderzimmer etwas weiter den Flur hinunter haben sollen, doch da Miss Kohlers Schützlinge so jung waren, habe ich nicht auf meinem Recht bestanden.«
    »Und die anderen Kinder?«
    »Meinem Zimmer gegenüber und neben dem Raum der Zwillinge wohnte mein Tommy. Und gegenüber Miss Kohler und neben meinen Mädchen die Kinder der Stampers.«
    »Die kein Kindermädchen hatten?«
    »Nein.« Sie schürzte die Lippen. »Bei den Stampers kamen die schlimmsten Voraussetzungen für Kinder zusammen, fürchte ich. Eine Amerikanerin und ein Geschäftsmann. Sir Arthur, wie er nun heißt, hatte sein Herz auf dem rechten Fleck, doch da ihm die entsprechende Herkunft fehlte, war er völlig unfähig, zwischen einer Küchenmagd und einer geschätzten Hilfe für die Familie zu unterscheiden. Mrs. Stamper in ihrer demokratischen amerikanischen Art war nicht in der Lage, zwischen gegenseitigem Respekt und übertrieben vertraulicher Einmischung zu trennen. Deshalb hatten sie große Probleme, ihr Personal für die Kinder zu halten. Ich bin kein Snob, Mr. Pascoe, aber es gibt einfach Dinge, die müssen einem in die Wiege gelegt sein.«
    Wie Mord? fragte sich Pascoe.
    Er sagte: »Glauben Sie, daß Sir Ralph Pamela Westropp getötet haben könnte?«
    »Aber gewiß doch«, sagte sie. »Er könnte alles getan haben.«
    »Das klingt, als fänden Sie das richtig?«
    »Ob ich das richtig finde oder nicht, spielt keine Rolle. Leute wie Sir Ralph sind über die Verurteilung durch das gemeine Volk erhaben, Mr. Pascoe. Ein Adler, der ein Lamm reißt, oder ein Panther, der eine Ziege tötet, erregt auch nicht unseren Unwillen.«
    »Wenn man Bauer ist, doch«, erwiderte Pascoe. »So halten Sie ihn also für schuldig?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich habe den Verdacht, daß er es nicht war.«
    »Wegen der Zweifel an Miss Kohlers Geständnis, meinen Sie?«
    »Natürlich nicht. Was hat sie mit dem Ganzen zu tun? Nein, ich denke nur, wenn jemand wie Sir Ralph Mickledore ein Verbrechen begehen wollte, hätte er den ungehobelten Stümper von der Polizei nicht auf 1000 Meilen in seine Nähe gelassen.«
    »Sie fanden Mr. Tallantire also nicht sehr sympathisch?«
    »Nein, in der Tat nicht«, sagte sie streng. »Sein Benehmen und seine Vorurteile waren die eines Gewerkschaftlers. Mich überrascht es wenig, daß er das amerikanische Mädel so lange unter Druck gesetzt hat, bis sie ein Geständnis ablegte und Beweismaterial fälschte, damit er einen Menschen vernichten konnte, dessen bloße Existenz seine Seele mit Neid und Groll erfüllt haben muß.«
    Sie sprach sehr leidenschaftlich, und Pascoe dachte bedrückt, wie entzückt Hiller über diese

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