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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Zeiten, an denen er auf und ab ging, Zeiten der Stille. Morgens kam er dann ins Schlafzimmer. «Ich hab’s geschafft», sagte er. «Ich habe ein Gedicht über Sarah geschrieben. Bin sie losgeworden.»
    Er führte sie in sein Arbeitszimmer, und dort hing es an der Wand.
     
Sarah
Dunn
verdient
den
Tod
     
    Und eine Zeitlang schien es zu funktionieren. Sie in Schach zu halten. Die anderen folgten schnell, bis sie schließlich eine Wand in seinem Zimmer bedeckten. Frances fand nicht, daß es richtige Gedichte waren, aber es machte ihr nichts aus, solange Graham nur seine innere Ruhe fand.
    Aber Seelenfrieden stand nicht mehr in den Karten für Graham, genausowenig für Frances. Die Visionen dauerten an, und Grahams Gesundheitszustand verschlechterte sich. Er schlief nie mehr als eine Stunde an einem Stück, war immerzu müde, und gegen Ende wußte er kaum noch, wer er war. Manchmal erkannte er Frances nicht mehr. Sie betrat ein Zimmer, und er begann zu schreien. «Geh weg, geh weg von mir!»
    Ein halbes Jahr lang verließ Graham nicht mehr das Haus. Er schaute nicht mal aus dem Fenster. Hielt die Vorhänge in seinem Arbeitszimmer und ihrem Schlafzimmer ständig geschlossen. «Für alle Fälle», sagte er. «Für alle Fälle.»
    Am Ende war es eine Tötung aus Mitleid. Frances hatte Gewitterkäfer gesammelt, spanische Fliegen, sie getrocknet und zermahlen und Graham unter seine Frühstücksflocken gemischt. Er bekam davon Durchfall, es schwächte ihn körperlich, schläferte ihn aber nicht ein. Irgendwann hätte es sicher gewirkt, kumulativ. Aber es wirkte nicht schnell genug. Es war nicht barmherzig.
    Frances wartete, bis er schlief, und schnitt ihm die Kehle durch. Sie drückte ein Kissen auf seinen Kopf, bis er sich nicht mehr wehrte. Aber er war schrecklich schwach. Er kämpfte nicht lange. Sie wußte, was sie tat, und er wollte es ebenfalls.
    Direkt am folgenden Tag kehrte er zurück und sagte ihr genau das. Schon bald würden sie wieder vereint sein. Aber vorher mußte sie sich noch um die Zuhälter und Prostituierten kümmern. Diejenigen, die sie getrennt hatten. Diejenigen, die gegen sie gearbeitet hatten.
    Frances nahm die Gedichte von der Wand in Grahams Zimmer, faßte jedes einzelne sehr vorsichtig an, so daß ihre Fingerabdrücke sie nicht verrieten, bevor die Arbeit erledigt war. Du mußt sehr vorsichtig sein, wenn du gegen den Teufel kämpfst. Du mußt wachsam sein. Überlasse nichts dem Zufall.
    Und jetzt war die Arbeit fast getan, nur noch ein paar weitere, die sie loswerden mußte. Alles verläuft reibungslos, und der Teufel spielt eine neue Karte aus. Der dumme Detektiv. Steckt seine Nase hinein. Weiß bereits zuviel, oder meint es wenigstens zu wissen.
    Frances hätte ihn heute töten können. Sie war drauf und dran, als der Inspector kam. Es konnte sein, daß sie es tun mußte. Falls er sich ihr weiter in den Weg stellte. Für ihn gab es kein Gedicht, aber es lag auf der Hand, auf welcher Seite er stand.
     



Kapitel 33
     
    Jane Deacon kam gleichzeitig mit Sam von der Arbeit nach Hause. Die Schultern hochgezogen, wirkte niedergeschlagen und in Gedanken weit fort. Sie versuchte ihn anzulächeln, aber es klappte nicht. «Was ist passiert?» fragte er.
    «Ach, nichts. Ein paar rechtliche Details verzögern die Überschreibung der Firma.»
    «Dann kommt es vielleicht nicht durch?»
    «Nein, nichts in der Richtung. Es wird nur einfach länger dauern, als wir dachten.»
    «Haben Sie es eilig?»
    Sie sah ihn an, und der nächste Versuch eines Lächelns funktionierte schon besser. Es lag keine Freude darin, war aber recht gut gespielt. «Wenn das erst einmal geklärt ist, kann ich endlich weg», sagte sie.
    «Sie reisen ab?»
    «Ich gehe fort, ja. Vorübergehend werde ich das Haus hier noch behalten, aber ich möchte an einem Ort leben, wo die Sonne scheint. Irgendwo, wo ich entspannen und über den Rest meines Lebens nachdenken kann.»
    «Ein bißchen Geld ausgeben?» fragte Sam.
    «Ja, das auch. Ich bin hier praktisch eine Gefangene.»
    «Sie werden überall eine Gefangene sein, bis wir denjenigen finden, der Ihren Mann umgebracht hat.»
    «Sie meinen Graham?»
    «Wenn es Graham war, ja.»
    «Sie meinen, daran besteht Zweifel?»
    «Es ist noch nichts bewiesen.»
    «Sam, daran kann kein Zweifel bestehen. Es muß Graham gewesen sein. Es gibt sonst niemanden.» Ihre Stimme hob sich, wurde nicht hysterisch, aber mit Sicherheit wechselte die Tonhöhe.
    Sam war drauf und dran gewesen, ihr von den Zetteln zu

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