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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Sackgasse zurück. Auf dem ganzen Nachhauseweg hatte niemand einen zweiten Blick für sie.
    «Danke», sagte sie und ging hinauf ins Bett, «daß Sie mit mir draußen waren. Ich habe es gebraucht. Es war nett.»
    «Ich hab’s verpfuscht», sagte Sam.
    Sie blieb auf der untersten Stufe stehen. «Nicht unbedingt.»
    «Ja. Morgen werd ich mir mehr Mühe geben.»
     



Kapitel 34
     
    Geordie legte sich nicht in seinen Hauseingang im Coppergate Centre. Er stand eine Weile da, dann setzte er sich und wartete auf den Typ. Sein ganzer Körper war mit blauen Flecken übersät, sein Hals war steif und der linke Arm war taub, aber mehr als alles andere hatte er Hunger. Ein Betrunkener hatte vor dem Viking Museum den Rest einer Tüte Fish and Chips weggeworfen, und das hatte Geordie sich mit Barney geteilt, aber es war nicht mehr als ein Bissen für jeden.
    Der Typ kam normalerweise kurz nachdem die Uhr zweimal geschlagen hatte, und bis dahin waren es noch ungefähr zehn Minuten. Geordie zählte, sagte sich dabei immer wieder, der Typ würde um die Ecke kommen, wenn er bei hundert angekommen war. Als der Typ nicht kam, fing er wieder von vorne an. Er war bei seinen dritten Hundert, Nummer dreiundsechzig, als der Typ kam.
    «Mein Gott», sagte der Typ. «Was ist denn mit dir passiert?» Er hob eine Hand, um Geordies blaues Auge zu berühren, aber Geordie wich gerade noch rechtzeitig zurück. «Das ist ja ein echtes Veilchen.» Er hielt ihm ein Päckchen mit Sandwiches hin. Geordie öffnete die Tüte und nahm einen Bissen, riß auch ein Stück für Barney ab. Käse und Chutney.
    «Und hungrig bist du auch», sagte der Typ. «Und, wie lautet deine Antwort heute? Willst du einen Job?»
    Geordie nahm einen weiteren Bissen. Er konnte sich kaum vorstellen, daß er so einen Job wollte, wie der Typ anzubieten hatte. Bevor er die Sandwiches bekommen hatte, dachte er, er könnte vielleicht ja sagen, aber jetzt hatte er die Sandwiches, jetzt aß er eines, jetzt war er da nicht mehr so sicher.
    Der Typ kramte in der Tasche und zog eine Handvoll Münzen heraus. Er bot sie Geordie an, der sich daraufhin das Sandwichpäckchen unter den Arm klemmte, damit er das Geld annehmen konnte. «Heute keine Schoko-Kekse», sagte der Typ. «Du hast gestern alles bekommen, was noch da war.»
    Er ging. Als er sich ein paar Schritte entfernt hatte, folgte Geordie ihm. Der Typ drehte sich um, und Geordie blieb stehen. Der Typ stand ein paar Sekunden einfach da und starrte ihn an, dann ging er weiter. Geordie folgte ihm.
    Wenn er Sex will, dachte Geordie, werd ich ihm nicht helfen können. Sein ganzer Körper schmerzte. Ich würd’s schon irgendwie können, aber es wird richtig weh tun. Irgend etwas an dem Typ ließ Geordie denken, daß er keinen Sex wollte. Es lag nicht an seiner Statur, nicht daran, wie er auftrat. Solche Dinge sagten einem das nicht. Manche der Typen, die Sex wollten, waren wie Frauen, andere wie Männer, große, kleine, harte, schwache - vom Aussehen her konnte man das nie sagen. Aber dieser Typ hier hatte irgendwas. Geordie wäre überrascht, wenn er wirklich auf Sex aus war. Aber er war auch früher schon überrascht worden, mehr als nur einmal.
    Der Typ war zu schnell für Geordies Humpeln, und der Abstand vergrößerte sich langsam, aber sicher. Aber Geordie folgte ihm weiter. Er wollte nicht noch eine Nacht bei den beschissenen Pennern verbringen, die ihm die Scheiße aus dem Leib geschlagen hatten. Wenn die erst mal wußten, daß man Geld hatte, kamen sie immer wieder. Gleichgültig, wie wenig man hatte, sie würden einen nie wieder in Ruhe lassen. Man konnte nur in eine andere Stadt weiterziehen. Aber wohin man auch ging, am Ende fanden einen die Penner dann doch.
    Der Typ war inzwischen ungefähr hundert Meter vor ihm und umrundete eine Straßenecke. Geordie versuchte, schneller zu gehen, wollte ihn jetzt nicht mehr verlieren. Als er um die Ecke kam, hatte der Typ offenbar gewartet, war jetzt wieder nur noch wenige Schritte vor ihm.
    Zwei weitere Ecken, und der Typ blieb vor einer Tür stehen, kramte Schlüssel aus der Tasche und öffnete sie. Er stand da und hielt die Tür auf, bis Geordie an ihm vorbei in die dunkle Wohnung ging. «Herzlich willkommen in meiner bescheidenen Hütte», sagte er unheilverkündend. Schloß die Tür und knipste das Licht an. «Falls es dir nichts ausmacht, daß ich das mal so deutlich sage», sagte der Typ, «du stinkst wie ein Tier.»
    Geordie konnte nichts riechen.
    «Bleib einfach da stehen»,

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